Angst vor Staatspleite: Zeit für Griechenland wird knapp

Angst vor Staatspleite: Zeit für Griechenland wird knapp

Parlamentsgebäude in Athen.

Brüssel / Athen / Berlin – Die Furcht vor einer Staatspleite Griechenlands wächst. Nach dem vorläufigen Abbruch der Gespräche zwischen Athen und den Geldgebern verlangt EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) einen Notfallplan für den Fall, dass eine Einigung über ein Reformpaket endgültig scheitert. Dann werde Griechenland zum 1. Juli «Notstandsgebiet», sagte er. Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte: «Die Zeit läuft ab, die Wahrscheinlichkeit, dass keine Lösung gefunden wird, steigt von Tag zu Tag.» Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis dringt auf einen Schuldenerlass.

Die Zeit für Griechenland wird immer knapper, will es mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) noch bis zum 30. Juni eine Einigung über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielen. Voraussetzung ist ein verbindliches Reformprogramm Athens. Bis Ende des Monats muss Athen 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen.

Vermittlungsversuch gescheitert
Ein Vermittlungsversuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war am Sonntagabend gescheitert. Umstritten sind insbesondere Reformen bei den Renten oder der Mehrwertsteuer. Nach Angaben eines Kommissionssprechers liegen die Pläne der Geldgeber und Griechenlands

um etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr auseinander. «Ausserdem bleiben die griechischen Vorschläge unvollständig», bemängelte der Sprecher.

Streit um Primärüberschuss
Im Streit um den Primärüberschuss, also das Haushaltssaldo ohne Zins und Tilgung, kam Athen den Geldgebern inzwischen entgegen. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte am Montag, dass die Regierung in Athen die Forderung der Gläubiger akzeptiert habe, in diesem Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent zu erzielen. «Die Frage lautet, wie glaubwürdig die Verpflichtungen sind, um dieses Ziel zu erreichen.» Der Primärüberschuss gilt als die zentrale Messgrösse für eine Gesundung des chronisch klammen Staatshaushaltes.

Die Athener Zeitung «Kathimerini» veröffentlichte am Montag die Reformliste, die die Regierung den Geldgebern am Wochenende vorgelegt hatte. Danach will Athen die Unternehmen, die 2014 mehr als eine Million Euro Gewinne gemacht hatten, mit zwölf Prozent Sondersteuer belasten. Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums sollen um 200 Millionen Euro gekürzt werden. Finanzminister Varoufakis brachte in der «Bild»-Zeitung erneut einen Schuldenerlass ins Gespräch.

Merkel setzt auf Einigung
Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt weiter auf eine Einigung. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte: «Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt.» Die Erwartungen an das Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag wurden in Berlin allerdings gedämpft, da es bisher keine politische Lösung gibt, über die abgestimmt werden kann.

Der griechische Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos zeigte sich zuversichtlich, dass sein Land in der Euro-Zone bleiben werde. Gleichzeitig rief er alle politischen Kräfte Griechenlands zur Zusammenarbeit auf. «Ich will Ihnen versichern: Der Kurs des Landes in Europa und in der Eurozone wird fortgesetzt», sagte er im Staatsfernsehen (ERT1).

IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard forderte Bewegung von Athen und den europäischen Geldgebern. Einer Lösung der Krise gingen harte Entscheidungen und Verpflichtungen voraus, schrieb er am Sonntag im IWF-Blog. Die griechische Regierung mahnte Blanchard zu einer Reform des Mehrwertsteuer- und Rentensystems. Die Europäer wiederum sollten bereit sein, Griechenland bei den Schulden durch eine Verlängerung der Tilgungsdauer und niedrigeren Zinsen entgegenzukommen.

«Es gibt eine Grenze für das, was Griechenland tun kann, und eine Grenze, wie viel Finanzierung und Schuldenerlass die Kreditgeber geben wollen und realistisch gesehen geben können, wenn man bedenkt, dass sie an ihre eigenen Steuerzahler denken müssen», schrieb er. (awp/mc/ps)

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