Daniel Pauli-Kaufmann, CEO Thurgau Travel AG, im Interview

Daniel Pauli-Kaufmann, CEO Thurgau Travel AG, im Interview
Daniel Pauli-Kaufmann, Geschäftsführer Thurgau Travel (Bild: Thurgau Travel)

Von Artur K. Vogel

Moneycab: Herr Pauli, die zwei grössten Anbieter von Flussreisen, das Reisebüro Mittelthurgau mit seiner Marke Excellence und die Thurgau Travel AG, deren Geschäftsleiter Sie sind, sitzen in Weinfelden TG. Wie kommt das?

Daniel Pauli-Kaufmann: Hans Kaufmann war Geschäftsleiter des Reisebüros Mittelthurgau. Dieses ging 2001 Konkurs. Zum einen hatte der neue Miteigentümer Viking Cruises eine zu schnelle Expansionspolitik durchziehen wollen. Und zweitens hatten das Attentat auf das World Trade Center in New York vom 11. September und das Aus der Swissair gravierende finanzielle Konsequenzen. Mittelthurgau hatte sehr grosse Vorauszahlungen leisten müssen, und als die Swissair bankrott war, war das Geld weg. Dagegen gibt es keine Versicherung. Die Twerenbold-Gruppe übernahm das konkursite Reisebüro Mittelthurgau; Hans Kaufmann, bereits vor dem Konkurs als Geschäftsführer abgesetzt, gründete die neue Firma Thurgau Travel.

Sind das nicht zu viele Anbieter auf zu engem Raum?

Im Gegenteil. Ich denke, wir konnten im Bereich der Flussreisen nur so gross werden, weil wir einander inspirieren und zu Höchstleistungen animieren.

«Bei uns gibt es keinen Standard-Typ von Schiff, sondern wir bieten mehr als 60 Routen auf diversen Schiffen auf Viersterne- bis Fünfsterne-Niveau an, in Europa für 80 bis 200 Passagiere, in Asien für 20 bis 40.» Daniel Pauli-Kaufmann, CEO Thurgau Travel AG

Wie heben Sie sich von ihren Mitbewerbern ab?

Bei uns gibt es keinen Standard-Typ von Schiff, sondern wir bieten mehr als 60 Routen auf diversen Schiffen auf Viersterne- bis Fünfsterne-Niveau an, in Europa für 80 bis 200 Passagiere, in Asien für 20 bis 40.  Sehr geschätzt wird unser persönlicher Service mit direkten Kontakten zu den Gästen bei der Buchung, vor Ort und auch nach der Reise. Und dann entwickeln wir das Angebot laufend: 2022 kamen 25 neue Routen hinzu, 2023 rund 20 und zudem 2022 bis 2024 je ein neues Schiff.

Geben Sie uns bitte ein Beispiel eines innovativen Angebots!

Letztes Jahr haben wir die längste Flussreise angeboten, die man jemals ohne umzusteigen absolvieren konnte: 54 Tage auf Flüssen im Gebiet des Ganges und des Brahmaputra in Indien und Bangladesch (die Reise kann man für Januar/Februar 2024 wieder buchen). 18 Passagiere haben die ganze Reise mitgemacht; für die lokalen Medien war sie eine Sensation. Das Schiff wurde bei der jeweiligen Ankunft von Scharen von Neugierigen empfangen, die zuvor nur wenige westliche Touristen gesehen hatten.

Auch für den Mekong zwischen Saigon in Vietnam und Siem Reap in Kambodscha haben sie spannende Pläne.

Ja, in einer Werft nahe Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt) ist die «Mekong Discovery» im Bau. Die Kiellegung war im Juli 2023; in Betrieb nehmen werden wir sie im Herbst 2024. Es ist ein Fünfsterne-Boutique-Schiff für maximal 37 Passagiere mit ungewöhnlich grossen Kabinen von 28 bis 56 m2.

«Wir sehen uns nicht als Reederei oder Schiffseigentümerin, sondern als Anbieterin einmaliger Reisen. Viele unserer Schiffe sind langjährig gechartert; an anderen sind wir beteiligt.»

Ist Thurgau Travel Eigentümerin dieses und der anderen rund 40 Schiffe in Ihrem Programm?

Wir sehen uns nicht als Reederei oder Schiffseigentümerin, sondern als Anbieterin einmaliger Reisen. Viele unserer Schiffe sind langjährig gechartert; an anderen sind wir beteiligt. Die «Thurgau Gold» zum Beispiel, die seit diesem Sommer auf dem Rhein unterwegs ist, wurde von einer Gruppe von Investoren finanziert. Wir haben sie für sechs Jahre exklusiv gechartert. An der «Mekong Discovery» sind wir, zusammen mit einem vietnamesischen Familienbetrieb, beteiligt. Wir arbeiten stets mit lokalen Partnern zusammen, am liebsten mit Familienunternehmen, die eine ähnliche Grösse haben wie wir. Man spricht die gleiche Sprache und kann eine Vertrauensbasis auf Augenhöhe aufbauen.

Sie bieten Flussreisen von Rhein und Donau über Mekong und Ganges bis zum Amazonas an. Welches sind die Renner?

Am besten nachgefragt sind noch immer die europäischen Klassiker: Rhein, Donau, Frankreich, Portugal. Was stark im Kommen ist, sind Boutique-Schiffe in Norddeutschland, mit denen wir neue Wasserwege erschliessen können, die für grössere Schiffe nicht passierbar wären. Sehr gefragt sind auch die winterlichen Kurzreisen zu den Weihnachtsmärkten in Deutschland und Frankreich.

Und wo sehen Sie Entwicklungspotenzial?

Unser Südamerika-Angebot könnten wir ausbauen, auch Afrika, zum Beispiel auf dem Sambesi. Oder Finnland. 2024 werden wir unter anderem endlich wieder eine Reise über schottische Gewässer anbieten.  Wir haben mehr Ideen, als wir verwirklichen können.

Testen Sie neue Reisen persönlich, bevor Sie diese in den Katalog aufnehmen?

In der Regel begibt sich ein Familienmitglied vor Ort und inspiziert die Schiffe und die Region. Ich selbst versuche, drei, vier Wochen pro Jahr beruflich unterwegs zu sein.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind Megathemen unserer Zeit. Sie haben mit der «Thurgau Gold» ein besonders umweltfreundliches Schiff in Betrieb genommen. Werden auch bestehende Schiffe umgerüstet?

Nachhaltigkeit ist eine unserer strategischen Prioritäten. Ab 2019 haben wir 2,5 Mio. Fr. für neue, effizientere Motoren, Geräte usw. investiert. Aktiv kämpfen wir gegen Food Waste auf den Schiffen. Für uns ist Transparenz wichtig: Wir wollen Kunden darüber informieren, welche Konsequenzen es hat, wenn sie mit uns reisen.

Viele Destinationen schränken den Besuch grosser Kreuzfahrtschiffe ein oder verbieten ihn. Stellen Sie mit Ihren viel kleineren Flussschiffen eine ähnliche Entwicklung fest?

Nach Amsterdam dürfen nur noch Schiffe mit «Green Award» hineinfahren. Weitere Städte werden folgen. Wir sind froh um den «Green Award»: Dieses Umwelt-Zertifikat setzt einheitliche Standards und ist an klare Regeln geknüpft, deren Einhaltung von unabhängigen Inspektoren überprüft wird. Es gibt den Platin-, Gold-, Silber- und Bronze-Award, wobei Platin nur für Schiffe ohne Verbrennungsmotoren, also mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb, vergeben wird. 

«Ab 2019 haben wir 2,5 Mio. Fr. für neue, effizientere Motoren, Geräte usw. investiert. Aktiv kämpfen wir gegen Food Waste auf den Schiffen.»

Flusskreuzfahrten haben den Ruf, ein eher reifes Publikum anzusprechen. Trifft das zu?

Ein Drittel unserer Gäste ist unter 60, und das Durchschnittsalter ist nach der Corona-Pandemie gesunken. Noch etwas jünger sind die Gäste auf Aktivreisen – Wandern, Wellness, Velo und so weiter. Aber mir ist der Altersmix egal. Wir sprechen Menschen an, die eine attraktive Mischung zwischen Entdecken und Entspannen suchen und es schätzen, wenn sie nicht jeden Morgen die Koffer packen müssen, um zum nächsten Ziel aufzubrechen. Nicht das Alter, die entspannte Form des Reisens mit täglich neuen Eindrücken ist entscheidend.

Apropos Corona: Wie hat Thurgau Travel die Pandemie überstanden?

2020 erlitten wir einen Umsatzeinbruch von 82%. Aber dank Kurzarbeitsentschädigung und Härtefallgeldern mussten wir niemanden Corona-bedingt entlassen. Dank dem, dass die meisten Mitarbeitenden mitzogen und auch akzeptierten, dass sie wegen Kurzarbeit zeitweilig 80% des Lohnes erhielten, haben wir, im Gegensatz zu vielen anderen, nur einen geringen Know-how-Verlust erlitten.

Als Familien-AG geben Sie wohl keine Kennzahlen bekannt, oder?

Nur das: 2019 haben wir einen Umsatz von rund 60 Mio. Fr. gemacht. 2023 sind wir jetzt wieder sehr gut unterwegs. 


Thurgau Travel AG
Die Firma in Weinfelden TG wurde 2001 von Reisepionier Hans Kaufmann (75) gegründet und befindet sich im Besitz von fünf Familienmitgliedern, die sich regelmässig in einem Familienrat austauschen. Thurgau Travel bietet Flussreisen auf Gewässern in Europa, Asien und Lateinamerika sowie Bahn- und Pauschalreisen an. 2019 trat Hans Kaufmann als CEO zurück und fokussierte sich auf sein Amt als VR-Präsident. Dieses hat er im Juli 2023 dem Treuhandexperten Dominik Baldegger übergeben, bleibt aber VR-Mitglied.

Daniel Pauli-Kaufmann Nach einer kaufmännischen Lehre auf der Gemeindeverwaltung von Bürglen TG studierte Daniel Pauli (geboren 1985) Wirtschaftsinformatik. 2021 erwarb er zusätzlich einen MBA. Er war zehn Jahre lang im Software-Bereich tätig. Nach weiteren fünf Jahren bei einer Beratungsfirma stiess er 2018 zu Thurgau Travel, mit der er als Ehemann von Pia Kaufmann, der Tochter des Gründers Hans Kaufmann, auch familiär verbunden ist. Zudem arbeitete Paulis Vater 35 Jahre lang mit Hans Kaufmann zusammen. Im November 2019 übernahm Daniel Pauli die Geschäftsleitung des Unternehmens.

One thought on “Daniel Pauli-Kaufmann, CEO Thurgau Travel AG, im Interview

  1. Sehr geehrter Herr Pauli
    Unsere Flusskreuzfahrt vom 5. – 13. 9. 2023 auf Thurgau Gold 5* Basel – Amsterdam – Basel:
    – Obwohl hinterlegt, wurden weder die Einzelbetten noch der 2er-Tisch weitergeleitet. – Der Kapitän spricht so schlecht Deutsch, dass die Hälfte nicht zu verstehen war.
    Ausserdem hat er uns 25 Min. bei 32oC Hitze am Quai warten lassen und sich nicht einmal dafür entschuldigt. Man sollte doch erwarten dürfen, dass ein Kapitän eine gewisse Zeitreserve einkalkuliert. Wir hätten gerne länger unseren Ausflug genossen.
    – Die Kopfkissen und Bettdecken waren völlig überdimensioniert, mit Schaumgummi oder dgl. gefüllt und wohl für die nächste Fahrt zum Nordpol gedacht. Diese «Qualität» entspricht wohl kaum einem 5*-Schiff.
    – Beim Essen hat der sog. Chef de Service uns die Teller unter der Nase und dem Glas weggezerrt. Von Tischmanieren keine Spur!
    – Anstatt leere Platten beim Frühstück auffüllen zu lassen, lief der sog. Chef de Service ohne etwas zu tun mehrmals mit Tunnelblick vorbei! Was ist eigentlich seine Aufgabe?
    – Das Servicepersonal war völlig überfordert: Anstatt für eine ruhige hat es für eine gehetzte Atmosphäre gesorgt.
    – Auf dem Deck waren Sonnensegel und -schirme dunkelgrau bzw. dunkelbraun, obwohl bekanntermassen dunkle Farben die Sonne viel weniger abhalten als z. B. weiss.
    – Auch von der Reiseleiterin Daniela hätten wir Pünktlichkeit erwartet, anstatt uns in der Hitze warten zu lassen.
    Von «Kompetenz» (ist unsere globale Sprache) kann nicht die Rede sein. Das Management von Thurgau Travel hat offenbar nicht verstanden, dass diese Reise Ferien darstellen sollten und nicht ein Ärgernis nach dem anderen.

    Wir sind auf Ihre Antwort gespannt.

    Freundliche Grüsse,
    Bettina und Henryk Gabor Domachowski

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