Tobias Reichmuth, Mitgründer Maximon, im Interview

Tobias Reichmuth, Mitgründer Maximon, im Interview
Tobias Reichmuth, Gründungspartner Maximon.

Von Helmuth Fuchs

Herr Reichmuth, Longevity, oder Langlebigkeit, tönt ein wenig nach der Suche des heiligen Grals, dem Wunsch, ewig jung zu sein. Wollen Sie das ewige Leben ermöglichen?

Tobias Reichmuth: Der Wunsch nach ewiger Jugend bleibt derzeit ein Wunsch. Was aber heute bereits machbar ist, die die Verlängerung des sogenannten «Health-Spans», also der Zeitspanne, in der man gesund und fit ist. Das ist auch unser Ziel mit Maximon: als Company-Builder bauen wir Firmen, die den Menschen ein gesundes und glückliches Leben bis ins hohe Alter ermöglichen. Der Tod ist derzeit noch unausweichlich, aber eine lange Krankheitsphase können wir immer besser vermeiden.

«Die Massnahme mit dem stärksten Effekt auf Longevity und das gesunde Altwerden heisst ganz einfach: «Fasten». Das ist wissenschaftlich vielfach belegt.» Tobias Reichmuth, Mitgründer Maximon

Wo stehen wir mit der Wissenschaft, welche verfügbaren Methoden haben den grössten Einfluss auf eine Verlängerung unserer Lebensdauer?

Die Wissenschaft hat in den letzten 10 Jahre enorme Fortschritte gemacht. Das Altern mit all seinen Nachteilen ist auf neun Gründe zurückzuführen, die allesamt mit Zellalterung zu tun haben. Fünf dieser sogenannten «Hallmarks of Aging» kann man heute bereits wissenschaftlich fundiert angehen – bei einigen kann man die Zellalterung verlangsamen, bei anderen kann sogar eine Verjüngung herbeiführen. So können beispielsweise Telomere, also die Schutzkappen der Chromosomen, die unsere Gene enthalten, wieder verlängert werden. Erreicht wird dies mit einer Vielzahl von Massnahmen, die sich beispielsweise über die richtige Diät, Sport und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln erstrecken. Die «Silver-Bullet» gibt es noch nicht, aber mit der richtigen Kombination der erwähnten Massnahmen kann man bereits heute sehr viel erreichen.

Longevity scheint, wie die privaten Flüge in den Weltraum, ein Thema für Superreiche zu sein. Welchen Einfluss haben Longevity-Firmen und deren Angebote auf das Leben der normalen Menschen?

Ich widerlege das mal ganz konkret: Die Massnahme mit dem stärksten Effekt auf Longevity und das gesunde Altwerden heisst ganz einfach: «Fasten». Das ist wissenschaftlich vielfach belegt. Fasten gibt unseren Körpern die Gelegenheit, sich zu revitalisieren und erlaubt dem Immunsystem, sich zu rekalibrieren.  Und fasten kann jeder, egal ob reich oder arm.

Weitere Massnahmen sind heute teilweise teuer – aber es gilt wie bei allen exponentiellen Technologien: Die Vermögenden finanzieren eine neue Technologie, und machen diese somit der breiten Allgemeinheit verfügbar. Dafür kommen sie 2-3 Jahre früher in Genuss der Innovation. Das war bei Kühlschränken, Fernsehern und mobilen Telefonen schon so.

Sie veranstalten mit Marc P. Bernegger eine der ersten grossen Konferenzen für Investoren zum Thema Longevity. Wie reif ist der Markt schon für Investoren?

Der Markt ist jung – und bietet entsprechend sehr lukrative Investitionsmöglichkeiten. Es gibt bereits einige professionelle Venture-Funds, die sich auf Longevity Unternehmen fokussieren und wenige Longevity Unternehmen sind auch bereits gelistet. In so einer Marktsituation interessieren sich vor allem private Investoren und Family Offices für Investitionen – die institutionellen Investoren sollten sich aber meines Erachtens schnell mit dem Thema beschäftigen. Insbesondere für Pensionskassen sind Investitionen in Longevity-Unternehmen ein «natural hedge» – die gesteigerte Langlebigkeit wird eine grosses Problem für Pensionspläne.

Wer treibt das Thema weltweit am erfolgreichsten voran?

Die Schweiz gehört hier klar zu den Leadern – die ETH hat bereits eigene Lehrstühle und ich bin stark der Meinung, dass wir als Staat hier die Chance haben, die führende Nation im Bereich Longevity zu werden. Ein Longevity-Valley quasi. Wir haben alles, was dazu notwendig ist: ausgezeichnete Universitäten, eine sehr starke Pharma- und Life-Science Industrie, und den weltweit bekannten Ruf einer «Gesundheits-Destination» mit schöner Natur und guter Luft. Es gibt aber auch andere Hotspots: in den USA mit der Harvard Medical School und diversen Stiftungen, aber auch in Israel, Singapur, England und China wird viel Longevity-Forschung betrieben.

«Die Schweiz gehört klar zu den Leadern – die ETH hat bereits eigene Lehrstühle und ich bin stark der Meinung, dass wir als Staat hier die Chance haben, die führende Nation im Bereich Longevity zu werden.»

Was ist das Ziel Ihrer Konferenz, anhand welcher Kriterien werden Sie den Erfolg messen?

Die Longevity Investors Conference hat das Ziel Investoren, Wissenschaftler und Unternehmer im Kontext von Longevity zusammen zu bringen – quasi eine Brücke zwischen der etablierten Kapitalwelt und einem der spannendsten neuen Themen. Die Messlatte ist sicher zusätzliches Kapital, das in Longevity-Forschung und Unternehmen fliesst – einfach zu messen ist das aber nicht.

Einer der Faktoren, welche die Alterung befeuern ist Stress. Dieser entsteht häufig am Arbeitsplatz. Gibt es hier schon Programme für Unternehmen, um das Leben ihrer MitarbeiterInnen zu verlängern oder zu verbessern auf dem Hintergrund der Longevity-Idee?

Sie haben Recht – Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist sicher ein sehr wichtiger Faktor, zumal wir alles viel Zeit mit unserer Arbeit verbringen. Bei Maximon tragen wir dem mit diversen Initiativen Rechnung: Einmal in der Woche nehmen alle Mitarbeiter an einem HIIT-Training (Anm.: High Intensity Interval Training) teil.

Die Mitarbeiter entscheiden selbst, wann und wie viele Ferientage sie nehmen. Auch verfolgen wir ein flexibles Arbeitsmodell in Bezug auf Home-Office und Büroanwesenheit. Und im November arbeitet unser ganzes Team für 3 Wochen von Cape-Town in Südafrika aus. Zu guter Letzt: Es macht glaube ich allen meinen Kollegen viel Spass, sich für Longevity zu engagieren – das ist eine gute Mission.

Aktuell begrenzt die Pandemie gerade die Lebensdauer der ältesten Menschen. Welchen Stellenwert haben bei Longevity traditionelle Pharmaunternehmen, welche Unternehmen, die sonst weniger im Fokus stehen, sind von Bedeutung bei dem Thema?

Wir müssen hier umdenken – und zwar in grossen Massstäben: Die traditionellen Pharmafirmen kümmern sich primär um Krankheiten. Im Kontext von Longevity verstehen wir (und übrigens auch die WHO) das Altern per se als Krankheit, die uns von der Geburt weg begleitet. Entsprechend geht darum, die Alterung zu verlangsamen und in gewissen Teilbereichen sogar aufzuheben. Dies ermöglicht automatisch die Prävention der heutigen alterungsbedingten Krankheiten – von Krebs bis Alzheimer. Somit arbeiten Longevity-Unternehmen im Bereich der Prävention, Pharmaunternehmen meist im Bereich der Therapie.

Aus staatspolitischer Sicht müsste ein langes Leben der BürgerInnen bei bestmöglicher Gesundheit von hohem Interesse sein. Wie verhält es sich mit staatlichen Investitionen in das Thema Langlebigkeit, welche Staaten nehmen hier eine führende Rolle ein?

Wir würden so die Krankenkassen entlasten – keine Frage. Nationalrat Andri Silberschmidt hat hier eine Interpellation an den Bundesrat eingereicht – allerdings war die Antwort eher ausweichend. Wie gesagt: die Schweiz könnte sich mit den richtigen Rahmenbedingungen exzellent positionieren, als «Longevity Valley» viele Arbeitsplätze schaffen und eine Pionierstellung einnehmen.

«Wichtig ist es nicht unbedingt, zusätzliche Jahre zu gewinnen, sondern möglichst ohne Unterbruch gesund und fit zu bleiben.»

Meines Erachtens müssen wir auch vom klassischen Pensionssystem Abschied nehmen – wenn die Menschen bis ins hohe Alter fit sind, werden sie sich auch nach 65 noch eine Aufgabe wünschen. Hier stehen Themen wie «lebenslanges Lernen» im Fokus. Leider scheint hier zum Beispiel Singapur einiges schneller unterwegs zu sein als wir.

Wenn es gelingen würde, den Alterungsprozess zu verlangsamen, könnte das einen bedeutenden Einfluss haben auf Krankheiten, welche mit dem Alter zunehmen, wie zum Beispiel Alzheimer. Inwiefern adressiert Longevity die Alterskrankheiten, wo gibt es schon erste Resultate?

Absolut: Früher sind die Menschen an Grippe oder einer Infektion gestorben, heute sind die altersbedingten Krankheiten  wie Krebs oder Alzheimer für den Tod verantwortlich. Wenn wir die Zellalterung verlangsamen oder aufheben können, werden diese Krankheiten später oder gar nicht auftreten. Bei Mäusen – die genetisch dem Menschen sehr ähnlich sind – konnten hier deutliche Korrelationen aufgezeigt werden.

Beim Menschen dauern diese Erkenntnisse etwas länger – immerhin leben wir heute durchschnittlich schon 83 Jahre lang. Wichtig ist es hier nicht unbedingt, zusätzliche Jahre zu gewinnen, sondern möglichst ohne Unterbruch gesund und fit zu bleiben. Es geht also um die Angleichung des sog. «Health-Spans» an den «Life-Span».

Sie sind selbst ein erfolgreicher Investor. Wie sind Sie beim Thema investiert, wie bauen Sie Longevity in Ihren Alltag ein?

Ich bin Gründungspartner bei Maximon, dem ersten Company-Builder im Longevity-Bereich. Als Company-Builder bauen wir Firmen, statten diese mit Kapital aus und begleiten die Gründer operativ bis zu einer grösseren Venture-Capital Runde.

Ich persönlich arbeite derzeit operativ bei zwei unserer Startups mit. Privat habe ich meine Ernährung umgestellt, dusche täglich eine Minute kalt (das war anfangs recht unangenehm) und verzichte im Sinne von «Intermittend Fasting» meist auf das Frühstück. Auch nehme ich gewissen Supplements, wie zum Beispiel einen NAD+ Precursor, den man bald bei unserem Supplement-Unternehmen AVEA kaufen kann, ein.

Zum Schluss des Interview haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus?

Im Grossen möchte ich den Menschen ein langes, glückliches und gesundes Leben ermöglichen. Im Kleinen möchte ich selbst weiterhin viel Zeit für und Spass mit Freunden und Familie haben.


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