Frugal AI kämpft gegen die steigende Datenflut

Frugal AI kämpft gegen die steigende Datenflut
Marc Ender, Field CTO / Senior Manager Solutions Specialist, NetApp (Bild: NetApp, Moneycab)

Die exponentielle Zunahme des globalen Datenvolumens stellt unsere digitalen Infrastrukturen vor immense Herausforderungen: Die Masse an generierten Daten bringt bestehende Systeme an ihre Grenzen und verursacht erhebliche Umweltbelastungen. Insbesondere durch den Einsatz generativer KI (künstliche Intelligenz) steigt der Energie- und Wasserbedarf von Rechenzentren enorm. Unternehmen setzen daher zunehmend auf nachhaltige KI-Strategien (Frugal AI), die sich vom Nischenthema zu einem strategischen Kernfaktor entwickeln.

Von Marc Ender, Field CTO / Senior Manager Solutions Specialist, NetApp

Die Datenmenge, die wir insbesondere für den Einsatz von KI erzeugen, wächst stetig und schnell. IDC prognostiziert einen Anstieg des globalen Datenvolumens von 175 Zettabyte im Jahr 2025 auf 1 Yottabyte bis 2030. Eine Zunahme in diesem Ausmass bringt bestehende digitale Infrastrukturen potenziell an ihre Grenzen.

Die International Energy Agency (IEA) schätzt, dass der Strombedarf von Rechenzentren sich bis 2030 auf 945 TWh erhöht – dies entspricht dem jährlichen Stromverbrauch Japans. Rechenzentren würden damit fast drei Prozent der weltweiten Stromerzeugung beanspruchen. Das Aufkommen von generativer KI verschärft diese Entwicklung dramatisch. Eine einzelne ChatGPT-Anfrage verbraucht zehnmal mehr Strom als eine Google-Suche. Bei täglich über 13 Milliarden Google-Anfragen würde ein verändertes Nutzerverhalten die IT-Infrastrukturen vor beispiellose Herausforderungen stellen.

Auch was den Wasserbedarf angeht, sind die Vorhersagen alarmierend: Forscher der University of California haben herausgefunden, dass ChatGPT für durchschnittlich 30 Fragen einen halben Liter Wasser für Kühlzwecke benötigt. Bei aktuell 300 Millionen wöchentlichen ChatGPT-Nutzern droht ein massiver Ressourcenverbrauch. Die Wissenschaftler rechnen damit, dass KI-Systeme bis 2027 4,2 bis 4,6 Milliarden Kubikmeter Wasser nutzen.

Wie Daten die Umwelt belasten

Über zwei Drittel aller gespeicherten Daten werden nicht mehr genutzt. Diese Verschwendung erzeugt einen CO2-Fussabdruck, der dem globalen Luftfahrtsektor entspricht. Denn allein schon durch die Speicherung haben unsere Daten einen enormen Energieverbrauch.

Eine aktuelle Umfrage unter britischen IT-Entscheidern zeigt: 92 Prozent der Manager kennen die Umweltproblematik ungenutzter Daten, scheitern jedoch an effektiven Lösungen. Da künstliche Intelligenz eine zukunftsweisende Technologie für Unternehmen ist, richten 78 Prozent der Befragten ihr Datenmanagement bereits auf sie aus. Trotz regelmässiger Massnahmen, um Datensätze zu bereinigen und die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, tun sich 26 Prozent der Befragten schwer, relevante Daten für KI-Projekte zu identifizieren. 38 Prozent erweitern lieber Speicherkapazitäten statt Daten zu bereinigen – eine kurzfristige Lösung mit langfristigen Nachteilen für Kosten und Umwelt. Bis zu 20 Prozent aller KI-Projekte scheitern – sehr oft mangels sauberer, zielgerichteter Datensätze, hat IDC ermittelt. Dies zeigt, dass KI ohne hochwertige und gut zugängliche Daten keine verwertbaren Erkenntnisse liefert und wertvolle Ressourcen verschwendet.

Staatliche Impulse für Nachhaltigkeit

Die EU fördert sparsame KI durch gezielte Regulierung. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet ab 2026 Unternehmen in der EU zu jährlichen Nachhaltigkeitsberichten. Diese Transparenzpflicht betrifft sowohl Konzerne als auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) und zwingt sie, ihre Umweltauswirkungen systematisch zu dokumentieren. Frankreich nimmt eine Vorreiterrolle ein und implementierte im Juni 2024 den AFNOR Spec 2314-Standard – ein Meilenstein für ressourcenschonende KI. Dieser Standard definiert 31 Best Practices zur Minimierung des CO2-Fussabdrucks von KI-Modellen über ihren gesamten Lebenszyklus, unter anderem mit Designprinzipien, Empfehlungen für den Betrieb, Monitoring und mehr. Solche Massnahmen helfen den Unternehmen, künstliche Intelligenz sinnvoll und sparsam einzusetzen.

Die internationale Science Based Targets Initiative (SBTi) treibt seit 2015 weltweit wissenschaftsbasierte Klimaziele in Unternehmen voran. Immer mehr Organisationen verpflichten sich zu messbaren Zielen für die Reduzierung ihrer Emissionen und schaffen damit konkrete Verantwortlichkeit.

Nachhaltigkeit wird Teil der Gesamtstrategie

Nachhaltigkeit in Produkten und Services ist mittlerweile ein bedeutender Faktor bei Kaufentscheidungen von Kunden. Damit ist das einstige Nischenthema zum strategischen Kernfaktor geworden. Eine von NetApp beauftragte, internationale Studie verdeutlicht: 42 Prozent der IT-Fachleute halten ressourcenschonende Produkte oder Dienstleistungen für das wichtigste Attribut beim Vergleich von Technologieanbietern. KI fungiert dabei als Schlüsseltechnologie: 32 Prozent der Befragten planen hier grosse Investitionen, ebenso viele geben Cloud-Dienste an, dicht gefolgt von Security (31 Prozent) und optimierter Speicherinfrastruktur (30 Prozent). Bei der Bewertung von KI zeigt sich jedoch ein gemischtes Bild: 67 Prozent der Manager erkennen sowohl die Optimierungspotenziale durch intelligente Analysemodelle als auch negative Effekte durch explosionsartiges Datenwachstum.

So schaffen Sie ökologisch nachhaltige KI-Architekturen

Unternehmen können KI nachhaltig implementieren, indem sie vier Kernprinzipien befolgen:

  1. Ressourceneffiziente KI-Modelle entwickeln: Optimierte Trainingsalgorithmen und Lebenszyklusanalysen reduzieren den Ressourcenbedarf von Anfang an. Effiziente Modellarchitekturen verringern den Berechnungsaufwand bei vergleichbarer Leistung.
  2. Datenqualität statt Datenmenge maximieren: Präzise kuratierte Datensätze liefern bessere Resultate als unstrukturierte Massendaten und sorgen dafür, dass KI möglichst effizient zum Einsatz kommt.
  3. Adaptive Infrastrukturen implementieren: Rechenzentren mit dynamischer Lastverteilung, die präzise auf konkrete Anwendungsfälle ausgelegt sind und erneuerbare Energien nutzen, minimieren den ökologischen Fussabdruck.
  4. Algorithmen konsequent optimieren: Klassische KI-Modelle verbrauchen weniger Energie als generative KI. Bei vielen Standardaufgaben sind sie ausreichend und sollten daher bevorzugt eingesetzt werden, während generative KI sich um komplexere Aufgaben kümmert.

Die Gestaltung eines möglichst nachhaltigen KI-Ansatzes ist ein wichtiger Prozess, in dem CIOs eine Schlüsselrolle übernehmen. Eine intelligente Dateninfrastruktur kann ihnen einen ganzheitlichen Überblick über den Daten-Fussabdruck ihres Unternehmens verschaffen und sie dabei unterstützen, Daten möglichst effizient und nachhaltig zu managen. Daten-Verantwortliche sollten also proaktiv strategische Infrastrukturentscheidungen treffen, die Nachhaltigkeit und Leistungsfähigkeit vereinen. Die Herausforderungen – Budgetbeschränkungen, Wettbewerbsdruck, Leistungsanforderungen – wiegen schwer, doch die langfristigen Vorteile überzeugen: drastische Energiekostensenkungen, gesteigertes Marktansehen, höhere Kundenbindung und verstärkte Innovationsfähigkeit.


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