OBT: Microsoft 365 und Cloud – ein Gespräch zu den Chancen und Risiken

St. Gallen – Microsoft 365 (M365) und die dazugehörige Cloud bieten zahlreiche Möglichkeiten. Patrick Loch, Leiter Systems Solutions bei OBT, zeigt im Gespräch mit Muriel Bouakaz auf, wo die Chancen und Risiken des weitverbreiteten Tools liegen. Zudem beleuchtet er die Unterschiede zwischen Public und Private Clouds.
Muriel Bouakaz: Clouds sind in aller Leute Munde. Was sind Clouds eigentlich, und welche Arten gibt es?
Patrick Loch: Eine Cloud ist nichts anderes als eine grössere Umgebung, aus der man Services bezieht. Einerseits gibt es die grossen, bekannten Public Clouds, die eine hohe Skalierbarkeit besitzen. Dazu zählen Microsoft mit OneDrive oder Amazon mit AWS oder Google mit Google Cloud. Für Privatkunden oder Privatpersonen sind diese Clouds frei verfügbar. Andererseits gibt es Private Clouds, zum Beispiel die OBT Swiss Cloud. Diese können nur spezifische Kundengruppen nutzen und Services daraus beziehen. Auch unsere Cloud ist skalierbar, aber sie ist natürlich nicht so riesig wie die Microsoft-Welt. Schliesslich gibt es noch die Hybrid Clouds – diese entstehen, wenn wir beide Cloud-Arten miteinander verbinden.
Public Clouds sind für jedermann verfügbar. Was sind die Chancen, wenn ich eine solche nutze?
Die Chance einer Public Cloud ist, dass man sehr schnell sehr viel Innovation bekommt. Somit lohnt sich die Nutzung allein für die Innovationen und die Kollaborationsmöglichkeiten, die man nicht einfach so nachbauen kann.
Das klingt alles sehr gut, wo liegen die Risiken?
Die Innovation ist Fluch und Segen. Vieles geschieht sehr schnell in den Public Clouds. Services werden aufgeschaltet, andere werden abgeschaltet, es gibt x-verschiedene Möglichkeiten, die Cloud nach den eigenen Präferenzen einzurichten. Ein anderes Thema, das auch sehr wichtig ist: Eine Public Cloud ist ein weiteres neues Datengefäss. Vielleicht liegen Daten lokal auf dem Gerät oder in einem Speicher, man hat Dateien in der Private Cloud, zum Beispiel in der OBT Swiss Cloud, und dann auch Informationen in der Public Cloud. Da muss man genau wissen, welche Cloud man wofür benutzt und wo die Daten sind.
Klingt so, als hätte es viele Vorteile, wenn man in der Public Cloud ist. Wieso entscheiden sich Unternehmen trotzdem für die Private Cloud? Vor allem aufgrund der Datensicherheit?
Daten können ein Thema sein, es kann aber auch eine Strategie dahinterstehen. So haben gerade Gemeinden und öffentliche Verwaltungen ihre Daten in einer eigenen Geschäftsverwaltungslösung und wollen nicht, dass diese noch an einem anderen Ort sind. Andererseits gibt es auch technische Gründe dafür, denn Gemeinden und Städte arbeiten zum Teil noch mit veralteter Software, die nicht bereit ist für die Cloud. Es würde für sie keinen Mehrwert bringen und wäre sehr teuer, diese Daten in eine Cloud zu transferieren. Wir empfehlen daher den Hybrid-Weg – das heisst, das Beste aus beiden Welten zu nehmen. Wir stellen die Fachapplikationen bei uns in der OBT Swiss Cloud bereit und nutzen die MS365-Welt als Kollaborationsplattform.
Das Beste aus beiden Welten: Das mag aus der Sicht einer Organisation gut sein. Wie sieht das als Systemanbieter aus?
Es hat auch für uns Vor- und Nachteile. Spürbar ist vor allem die Innovation und die Technologieverbesserung, die zum Beispiel Microsoft macht, wobei ihr Fokus auf der Cloud liegt. Dabei entstehen neue Features, vor allem im Bereich der Sicherheit. Wir nutzen sehr viel von Microsoft und minimieren damit den Anteil in der OBT Swiss Cloud, den wir unseren Kunden bereitstellen. So nutzen wir die Services der M356-Welt, um unsere Services anzureichern, zum Beispiel für das Gerätemanagement.
Was heisst das?
Früher mussten wir Server aufbauen und schauen, dass sie eine Verbindung zu unserer Cloud haben. Jetzt ist alles mit Intune in M356 möglich. Das Gerät ist von überall aus managebar, und auch im Securitybereich konnten wir Produkte bei uns weglassen.
Ist es Corona zu verdanken, dass immer mehr Kunden auf die Public Cloud umstellen?
Wahrscheinlich war der Grundgedanke nicht «Ich brauche jetzt eine Public Cloud». Vielmehr war es wohl das Bedürfnis nach Unterstützung, das eine Veränderung herbeigeführt hat. Ein weiterer wichtiger Grund ist, dass Microsoft Teams während der Coronapandemie für alle freigeschaltet war und die Leute ein bisschen abhängig gemacht hat. Mittlerweile muss man Teams wieder kaufen; weil sich die Leute aber an Online-Meetings gewöhnt haben, kaufen sie es nun natürlich auch. Der Kulturwandel, der während Corona stattgefunden hat, hat einen Wandel der Arbeitswelt bewirkt: mehr Home-Office und arbeiten von überall her. M365 bietet genau die Lösungen, die man nutzen kann.
Wie schnell schafft man es als Organisation, auf die Public Cloud umzustellen?
Theoretisch ultraschnell. Man kann einen Tenant aufbauen oder einen Tenant machen. In diesem gibt es Hunderttausende Standardsettings von Microsoft, die stark auf Kollaboration ausgelegt sind. Wenn man die Public Cloud ähnlich stark strukturiert haben möchte wie die Private Cloud, muss man an den Standardsettings viel anpassen. Das ohne Know-how selbst zu machen, ist sicher eine Herausforderung und braucht Zeit. Wichtig ist auch: Eine Public Cloud einzuführen, ist ein Organisationsprojekt. Das Unternehmen erhält nicht nur neue Tools, sondern muss sich auch Gedanken darüber machen, wie die Mitarbeitenden damit arbeiten. Auch das braucht Zeit.
Wie lange dauert es deiner Erfahrung nach?
Wenn man auf unsere neue Hybridlösung wechselt, dauert das Gesamtprojekt je nach Grösse des Unternehmens zwischen vier und sechs Monate inklusive Testphase. Wir sind zu Beginn jeweils sehr restriktiv, weil wir genau wissen: Könnte man all diese Tools von Anfang an nutzen, wären die Mitarbeitenden überfordert. Einige nutzen sie schon oder kennen sie aus der Privatwirtschaft. Andere haben noch nie damit gearbeitet. Deshalb braucht es Schulungen, und wir schalten zu Beginn nur wenige Features auf. Später gehen wir mit der Pace des Kunden weiter und schalten die Funktionalitäten nach und nach auf.
Das heisst, das Aufschalten der unterschiedlichen Tools erfolgt Schritt für Schritt?
Genau, das machen wir so. Unsere Kunden erhalten am Anfang zum Beispiel Teams und können miteinander chatten und Videobesprechungen planen. Wir lassen aber zu Beginn nur sehr rudimentär zu, dass sie Teamräume erstellen können, damit nicht x-beliebige Teamräume entstehen, in denen die Daten verwahrlosen.
Du hast gesagt, Teams sei nur eine App von M365. Wie viele Apps gibt es denn?
Wahrscheinlich hat es sich seit gestern schon wieder geändert … Ich würde sagen, es sind ungefähr 40 Apps, die man erhält. Es gibt Auswertungsprogramme und Automatisierungstools innerhalb von M365 oder KI-Tools mit Co-Pilot, die man nutzen kann. Gewisse sind kostenpflichtig, andere sind bei einer normalen Lizenz mit dabei. Deswegen müssen sich die Organisationen damit auseinandersetzen, was sie brauchen und was nicht.
Nochmals zurück zu den Gemeinden und Städten, dort ist ein hybrides Set-up typisch. Gibt es auch Gemeinden, die nur auf Public Clouds setzen?
Diese Erfahrung haben wir bis jetzt nicht gemacht. Grund dafür ist vor allem deren Software-Landschaft. Im KMU-Bereich dagegen sind Public Clouds der Normalfall, wenn die Firmen nicht uralte Tools im Einsatz haben.
Was heisst das aus der Kostenperspektive? Ist es entsprechend teurer?
Schwierig zu vergleichen. Wenn man fünf bis sechs der vielen Tools, die man erhält, effektiv braucht, müsste man diese zuerst auf der On-Prem- oder der Private-Cloud-Umgebung nachbauen, das würde zusätzlich kosten. Andererseits ist Microsoft auch im Bereich der Sicherheit sehr weit. So ist zum Beispiel der Exchange-Schutz, den man standardmässig mit der Exchange-Lizenz erhält, enorm gut. Kommt ein PDF rein, wird geprüft, ob sich darin versteckt ein bösartiger Link befindet. Eine solche Lösung kostet auf einer Private Cloud enorm viel Geld, wir können den Schutz gar nicht zu diesem Preis anbieten. Microsoft bietet für das, was man bekommt, einen wirklich guten Preis. Klar, Microsoft weiss das auch und erhöht daher auch immer wieder die Preise, aber Preiserhöhungen gibt es zum Teil auch in den Private Clouds, weil die Hardware teurer wird.
Gewisse Organisationen wollen lieber auf der hybriden oder der Private Cloud bleiben, um nicht von einem Anbieter abhängig zu sein. Viele Alternativen scheint es allerdings nicht zu geben?
Genau, es gibt gar nicht viele.
Du arbeitest schon lange im Bereich der Clouds und auch im Umfeld von M365. Was war dein grösstes Aha-Erlebnis zu diesem Thema?
Das war sicher am Anfang, als wir das Angebot aufgebaut haben: Megacool, all die Tools, die wir als Systemanbieter nutzen können. Aber am nächsten Tag hat es plötzlich irgendwo wieder ein neues Häcklein – all diese Changes, das ist schon krass. Hat man einen Tenant, gibt es ein Nachrichtencenter von Microsoft. Pro Monat melden sie dort 400 Anpassungen. Im Gegensatz zu den Anpassungen, die wir in der Private Cloud gemacht haben, ist der Unterschied sehr gross. Das hat mich am meisten beeindruckt oder auch ein bisschen umgehauen.
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