Andrée Putman: Die Zwischenräume des Designs

von Tanja Hess


Es ist die Geschichte einer ganz grossen Dame. Dass sie dieses Prädikat tragen kann, das hat viel mit «Courage» zu tun. Es ist der Mut, genau dies zu tun, was man tun muss, weil eine innere Stimme es genau weiss. Andrée Puttmann hat einen langen Weg hinter sich, nein es sind nicht die 80 Jahre, die ihre Lebenserfahrung ausmachen, es ist der lange Weg über das Betrachten, das Reflektieren und schliesslich über das Weiterdenken im Bereich Design. Sie hat vor vielen Jahren als Journalistin begonnen Texte für ein Frauenmagazin zu schreiben, dann hat sie die Front gewechselt. Sie ist aktiv geworden und heute kann man sagen: Dank ihr gelten Jean-Michel Frank, Eileen Gray, Mallet-Stevens wieder als ultrachic. Sie hat diese Klassiker in den Alltag zurückgeholt, weil sie über eine Schlichtheit verfügen, die in optimalem Verhältnis zur Funktionalität steht.


Von ihr kann man nur lernen
Die quirlige «Grande Dame» im doch recht hohen Alter ist die Inkarnation des französischen Geschmacks des 20. Jahrhunderts. Der Durchbruch als Opinionleader des Interior Design kam Anfang der achtziger Jahre. Sie zeichnet nicht nur für die Gestaltung von Hotels und privaten Räumen, die Ausstattung des Films «Pillowbook» für Peter Greenaway oder das Konzept zu den Bally-Shops stammt aus ihrer Feder; sie gründet eigene Firmen ( z. B. Ecart) und die Liste der Dinge, die sie als Initiantin in die Hand nimmt ist beinahe endlos. Geglückt ist in ihrem Leben alles, und dies ist nicht immer ein einfacher Weg gewesen. Der Weg zum Ziel führte sie immer über Zweifel, Zweifel die fruchtbar waren und denen mit einer Strenge begegnet wurde.








«Not only is Andrée Putman a wizard of design; she is also a muse that inspires timelessness.»
Jack Lang, former French Minister of Culture.


Der Garten eines Restaurants in Los Angeles mit dem von ihr gestalteten Elephant-Bank.


Von der gewollten Strenge und vom französischen «Schön»
Dies sind zwei Begriffe, die gut zusammen gehen. Wobei gerade vorwegzunehmen ist, dass Andrée Putman eine Französin ist. Es liegt im Kern des Französischen, dass alles auch leicht, könnte man auch sagen schwebend erscheint? Sicher ist, dass die Frau die Aufmerksamkeit der Dinge nicht nur in die Objekte legt. Wenn sie am Gestalten ist, so sind die Räume zwischen den Dingen immer ebenso wichtig. Vielleicht kann man hier eine Verwandtschaft zu ihrem Leben als Kind sehen. Von der Mutter wurde sie auf dem Weg der Musik gefördert. Sie sollte Pianistin werden. In der Musik ist es eine Binsenwahrheit, dass die Pausen mindestens ebenso wichtig sind wie die Töne, denn in den Zwischenräumen entsteht die Musik. so ist es auch mit den Möbeln, den Dingen und den Innenräumen. Gibt man ihnen Platz, dann beginnen sie den Raum zu bespielen.


Sofa für Ralph Pucci, 2001.







Wenn das «weniger» einfach mehr ist
Ihre Erfahrungen mit dem Raum sind in einem sehr schönen Bildband zusammengefasst. Das Buch zeigt Einblicke in eine Welt, die ganz gestaltet ist und doch nichts vermissen lässt, weder Wärme noch Freiraum. Ihre Räume erscheinen als Refugium für Individuen. Was kann man sich schöneres wünschen, als sich in solch ein Refugium hineinzugeben?

Ministère de l’éducation, Paris


Für die Bildung des guten Geschmacks






Das Buch zeigt in wunderschöner Weise, dass die Beschränkung auf wenig das Wesentliche ist. Man möge sich hinsetzen aufs eigene Sofa in den eigenen vier Wänden und sich über die Zwischenräume der Dinge Gedanken machen. Was entsteht ist Raum, Ruhe und Gelassenheit.


Andrée Putman
Style

ISBN: 3-89910-298-3


CHF 43.70
Collection Rolf Heyne



Das Schöne begegnet dem Edeln in einer Anwendung bei Montblanc.


www.andreeputman.com


www.ecart-international.com

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