Andres Gut, VR-Präsident Precious Woods: «Das Geschäft mit Emissionsrechten wird im laufenden Jahr ausnahmsweise mehr zum Gewinn beitragen als das Holzgeschäft»

Andres Gut, VR-Präsident Precious Woods: «Das Geschäft mit Emissionsrechten wird im laufenden Jahr ausnahmsweise mehr zum Gewinn beitragen als das Holzgeschäft»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Gut, seit Anfang 2006 hat Precious Woods nach längerer Zeit mit Andreas Heusler wieder einen CEO. Sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt die Funktion des Vorsitzenden des Geschäftsleitenden Ausschusses zusätzlich zu Ihrem VR-Mandat inne und konnten jetzt sozusagen wieder ins zweite Glied zurückgetreten. Ist Ihnen dieser Schritt schwer gefallen?


Andres Gut: Die Änderung ist mir gar nicht schwer gefallen. Ich bin sehr froh, mich nicht mehr für mit allen operativen Details befassen zu müssen. So kann ich mich auf strategische Fragen konzentrieren, insbesondere auf Akquisitionsprojekte.



«Uns werden laufend Firmen angeboten, von denen wir allerdings nur diejenigen näher anschauen, die in unsere Strategie passen und ein attraktives P/E haben.» Andres Gut, VR-Präsident Precious Woods


Stehen denn bereits wieder Akquisitionen an und wenn ja, in welchem Zeitrahmen?


Die Kongo-Beteiligung ist wegen politischen Fragezeichen noch nicht unter Dach und Fach; sie ist für die langfristige Zukunft von Precious Woods indessen vielversprechend und wichtig. Daneben werden uns laufend Firmen angeboten, von denen wir allerdings nur diejenigen näher anschauen, die in unsere Strategie passen und ein attraktives P/E haben.


Eine der Aufgaben von Andreas Heusler war/ist sicher die Etablierung einer neuen hierarchischen Ordnung, denn die gewachsene alte Struktur war vermutlich geprägt von langjährigen und engen persönlichen Beziehungen. Wie hat sich der neue CEO eingelebt und wo muss er in nächster Zeit den Hebel ansetzen?


Andreas Heusler musste sich bisher in erster Linie mit unserem Kerngeschäft in Brasilien und in Holland befassen. Holland ist neu, und in Brasilien verloren wir im letzten Jahr viel Geld. Ich habe den Eindruck, dass er das immer besser in den Griff bekommt – zusammen mit den neuen Managern, die er eingestellt hat. Nächste Woche kommt er erstmals nach Zentralamerika; später im Jahr wird er auch die Verantwortung für unser Geschäft in Zentralamerika übernehmen.


Brasilen war letztes Jahr sozusagen das Sorgenkind Nummer 1 für Precious Woods. Neben der verzögerten Holzernte machten massive Lohnsteigerungen, höhere Energiepreise und ungünstige Währungsbedingungen Ihrem Unternehmen zu schaffen. Ein Teil des lokalen Managements wurde ausgewechselt, margenschwache Produktlinien aufgegeben. Sind damit alle Schwachstellen beseitigt und weshalb sind Sie jetzt überzeugt, dass es aufwärts geht?


Die vorläufigen Zahlen für Brasilien deuten auf eine Besserung von Monat zu Monat hin. Schon im ersten Quartal betrug der Verlust ja nur noch ein Bruchteil des Verlustes vom letzten Quartal 2005. Die Produktions- und Verschiffungszahlen von April und Mai zeigen eine weitere Besserung; und der Juni sollte dank hohen Verschiffungen auch gut werden. Wie der konsolidierte Halbjahresabschluss dann tatsächlich aussieht, werden wir im Spätsommer wissen.


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Für 2006 stehen verschiedene Projekte an, zum Beispiel die Integration des akquirierten Handelshauses A. van den Berg. Wie weit ist diese fortgeschritten, wann soll sie abgeschlossen sein und wo sind etwaige Klippen zu umschiffen?


Es ist nicht so, dass die holländische Gesellschaft in eine «Konzern-Handelsgesellschaft integriert» wird. Das wichtigste Handelsgeschäft von Precious Woods findet in Holland statt. Die Holländer wissen seit Jahrzehnten, wie man Hartholz verkauft. Niemand will ihnen schweizerisches Know-how überstülpen. Hingegen müssen die Firmen in Holland und Brasilien lernen, noch enger zusammenzuarbeiten und sich als Glieder einer einzigen Firma zu verstehen.



«Das Geschäft mit Emissionsrechten wird im laufenden Jahr ausnahmsweise mehr zum Gewinn beitragen als das Holzgeschäft»


Also keine Integration. Trotzdem sprechen Sie davon, dass die Firmen in Holland und Brasilen lernen sollen, «sich als Glieder einer einzigen Firma» zu verstehen. Wie ist denn das gemeint?


Früher war jede Lieferung zwischen Brasilien und Holland ein Geschäftsvorfall zwischen zwei unabhängigen Firmen. Ein Verkäufer verhandelte mit einem Einkäufer. Jetzt ist das ein firmeninterner Logistik-Ablauf. Entscheidend sind nicht mehr die Margen der einzelnen Einheiten, sondern die Gesamtmarge. Das bedingt ein Umdenken bei allen Beteiligten.


Die Verwertung von CO2-Zertifikaten soll für Precious Woods zusätzliche Einnahmen generieren. Welchen Stellenwert wird diese Aktivität künftig haben?


Das Geschäft mit Emissionsrechten wird im laufenden Jahr ausnahmsweise mehr zum Gewinn beitragen als das Holzgeschäft, allerdings erst im zweiten Halbjahr. In der Zukunft wird sich das Holzgeschäft ausdehnen. Aber das CO2-Geschäft sehr wichtig bleiben.


Allerdings ist der Handel mit CO2-Zertifikaten auch mit Risiken behaftet, wie der Preissturz Ende April innert weniger Tage von 31 auf 9 ? zeigte. Weshalb sind Sie trotzdem für die Zukunft optimistisch?


Der Markt mit Emissionsrechten ist jung und vorläufig stark von politischen Entscheiden abhängig und die Notierungen haben sich seither wieder zwischen 12 und 20 Euro eingependelt. Der Motor hinter dem Ganzen, die Klimaerwärmung mit all ihren katastrophalen Folgen, wird sich – leider für die Welt und gut für den Verkauf von Emissionsrechten – vermutlich eher noch verstärken. Wer hier etwas Positives anzubieten hat – und das hat Precious Woods mit vielen Projekten – wird dafür auch gut bezahlt werden.


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Precious Woods will in ein mehrere Millionen Hektaren umfassendes Forstprojekt in Kongo investieren. Gerade Afrika ist aber alles andere als sicher: Desolate oder fehlende Infrastrukturen, Korruption und Vetternwirtschaft sowie politische Instabilitäten machen solche Projekte doch eher unsicher.


Die kongolesischen Partnerfirmen, in die wir einsteigen möchten, arbeiten schon seit über 50 Jahren dort. Sie haben Kriege, Umstürze und viele Regierungswechsel überstanden. Die Forstwirtschaft findet vorwiegend an abgelegenen Orten statt und beschäftigt viele Menschen. Jede Regierung ist froh um solche Arbeitsplätze.


Aber Sie haben schon Recht: Die Politik setzt die Rahmenbedingungen und spielt damit – gerade wenn es um Konzessionen geht – eine wichtige Rolle. Das haben wir letztes Jahr ja in Brasilien gesehen. Und im Kongo sind es nicht nur die Behörden des Landes, sondern zusätzlich die Weltbank und internationale NGO?s, was das Abschätzen der zukünftigen Entwicklungen noch mehr kompliziert.


Trotz allem rechnet Precious Woods damit, dass Afrika für die Zukunft der Firma eine sehr wichtige Rolle spielen wird. Und wir sind zuversichtlich, dass wir die Risiken einigermassen werden eingrenzen können und die Chancen trotzdem sehr gross sind. Nicht zuletzt geht es uns um die ökologischen und sozialen Mehrwerte, welche dank unserem Engagement im Kongobecken realisiert werden könnten.




Zur Person:


Andres Gut, Jahrgang 1945


Werdegang bei Precious Woods
2001- Länderverantwortlicher Precious Woods Zentralamerika
1997 – Verwaltungsratspräsident und Vorsitzender des Geschäftsleitenden Ausschusses des Verwaltungsrates von Precious Woods Holding AG
1997 Mitglied des Verwaltungsrates von Precious Woods Ltd.
1993 – Mitglied des Verwaltungsrates von Precious Woods (Schweiz) AG
1993 – 1994 Akquisition von Neuaktionären der Precious Woods Ltd.


Andere Funktionen
1984 – 2004 Mitglied der Verwaltung des Migros Genossenschaftsbundes
1978 – Mitglied des Verwaltung Migros St. Gallen, später Migros Ostschweiz, seit 2001 Präsident
1976 – 1988 Mitglied des Grossen Rates des Kantons St. Gallen

Beruflicher Werdegang
1975 – 2001 Arzt mit eigener Praxis

Ausbildung
1972 Dr. med.
1964 – 1971 Studium der Medizin, Zürich

Zum Unternehmen
Precious Woods ist ein international führendes Unternehmen im Bereich der nachhaltigen Bewirtschaftung und Nutzung von Tropenwald. Für die Bewirtschaftung tropischer Urwälder in Amazonien und Para wurde ein einzigartiges Bewirtschaftungssystem entwickelt, um diese nachhaltig zu nutzen und gleichzeitig langfristig zu schützen. In Zentralamerika wurde auf brachliegenden und von Bodenerosion bedrohten Flächen mit hochwertigem Teak sowie einer Vielzahl einheimischer Arten neue Forstpflanzungen begründet.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz beschäftigt weltweit rund 1’800 Mitarbeitende und besitzt Tochtergesellschaften in Brasilien, Costa Rica, Nicaragua, Holland und der Schweiz. Precious Woods erzielte 2005 einen Umsatz von rund 18 Mio. USD.

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