Finanzkrise: Erleichterung über US-Finanzpaket

Politiker aller Lager wollen mit neuen Kontrollen und Regeln für die Finanzbranche künftig Krisen, wie sie jetzt Amerika erschüttern, verhindern. US-Präsident George W. Bush versuchte am Samstag, die Amerikaner angesichts der Kosten der Finanzspritze für den Bankensektor zu beruhigen: Der Steuerzahler werde letztendlich nicht mit 700 Milliarden Dollar aufkommen müssen. «Viele der Anlagen, die die Regierung jetzt kaufen wird, sind deutlich unterbewertet», sagte Bush. Mit der Zeit würden die Preise für diese Wertpapiere und Anlagen wieder steigen, so dass die Regierung einen grossen Teil der gigantischen Summe, «wenn nicht sogar alles», zurückbekommen werde.


Bush: Ernste Herausforderungen
Bush warnte aber vor «ernsten Herausforderungen» für die Wirtschaft. «Wir haben mutig gehandelt, um zu verhindern, dass eine Krise der Wall Street … eine Krise unseres ganzen Landes wird.» Es werde jedoch «Zeit brauchen, bis dieses Gesetz sich richtig auf die Wirtschaft auswirkt.» Das Rettungspaket werde auch die Finanzen der Amerikaner sicherer machen, versprach der Präsident. Künftig werden Einlagen bei Banken und anderen Finanzinstituten nicht mehr wie bisher nur bis zu 100 000 Dollar sondern bis zu 250 000 Dollar von der staatlichen Versicherung FDIC gedeckt.


«Licht am Ende des Tunnels»
Es gebe zwar nun «ein Licht am Ende des Tunnels», meinte der Finanzexperte Brian Bethune vom Wirtschaftsinstitut «Global Insight». «Es wäre naiv, anzunehmen, dass diese Massnahmen allein ein Allheilmittel für die Wirtschaft sein können, die Wirtschaft ist inmitten einer Rezession», warnte der renommierte Ökonom in der «Washington Times». Es gebe Erwartungen, dass der Kreditstau sich nun auflösen werde, «aber tatsächlich weiss niemand, ob das Finanzpaket ausreicht, die Bilanzen der Finanzinstitute auszugleichen, so dass sie wieder Geld verleihen können», meinte auch der Wirtschaftsfachmann und Publizist Bernard Baumohl.


Steuerleichterungen
Das Finanzpaket ermögliche das Wiedererstarken der US-Wirtschaft, hatte Bush betont. Angesichts wachsender Arbeitslosenzahlen sei es auch wichtig, Arbeitnehmer und Geschäftsleute zu entlasten. Deswegen beinhalte das Finanzpaket auch Steuerleichterungen insbesondere für mit Gewinne arbeitenden sowie für kleine Betriebe.


«Ungemein schwere Aufgabe»
Mit der Verabschiedung des Finanzpakets haben die Bemühungen begonnen, den Finanzsektor zu reformieren. Der Vorsitzende des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Barney Frank, sagte, dass 2009 die «ungemein schwere Aufgabe» anstehe, Gesetze zu verabschieden, um die Finanzmärkte besser kontrollieren und wirksam regulieren zu können. Es müsse geprüft werden, wie die Finanzwirtschaft überhaupt in diese schwere Krise geraten konnte, sagte die Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Auch Bush betonte, dass nun Regierung und Kongress analysieren müssten, wie es zu der Krise kommen konnte und wie das künftig verhindert werden könne.


«Entscheidender Schritt»
Der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, nannte die Verabschiedung des Hilfspakets «einen entscheidenden Schritt zur Stabilisierung unserer Finanzmärkte» und der Sicherstellung von Krediten für Hausbesitzer und Geschäftsleute. Das ursprünglich von Finanzminister Henry Paulson und Bernanke vorgelegte Rettungspaket sieht im Kern vor, dass der Staat in Not geratenen Banken faule Kredite im Gesamtwert von bis zu 700 Milliarden Dollar abkauft. Damit soll erreicht werden, dass die Banken wieder Kredite an Unternehmer vergeben und dadurch der Wirtschaftskreislauf nicht unterbrochen wird. In einer ersten Tranche sollen 250 Milliarden Dollar an die Banken vergeben werden.


Rettungsplan in Kraft
Am Freitag hatte nach langem Ringen auch das US-Repräsentantenhaus dem Rettungsplan für den Finanzsektor zugestimmt. Da der Senat das Paket schon zuvor befürwortet hatte, konnte Bush noch am Freitag mit seiner Unterschrift dem Gesetz Gültigkeit verschaffen. Entgegen ersten Vorschlägen ist im Programm auch eine parlamentarische Aufsicht über die Kreditübernahme vorgesehen. Zudem sollen Manager von Banken, denen geholfen wird, keine grosszügigen Abfindungen mehr erhalten. Auch ist vorgesehen, dass der Staat nach der Rettung einer Bank später an den Gewinnen beteiligt werden kann.


Zorn der Bürger
In die öffentliche Kritik gerieten die mit dem Paket gleichfalls beschlossenen Steuererleichterungen in Höhe von weit über 100 Milliarden Dollar für Unternehmen und den Mittelstand. In den US-Fernsehsendern kamen zornige Bürger zu Wort, die sich beschwerten, dass im Bemühen um eine Mehrheit für das Finanzpaket, alle möglichen Sonderinteressen bedient worden seien. So erhalten auch Spielzeug- Fabrikanten, Rumhersteller oder Unternehmen aus dem Automobil- Rennsport und der Filmindustrie ebenso wie Indianerstämme neue Steuervergünstigungen. (awp/mc/ps/04)

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