Frank Brinken, CEO StarragHeckert Holding AG

von Alexander Saheb


Wie werden Sie das Geschäftsjahr 2009 in Erinnerung behalten?

Als das Jahr in dem die erwartete Abkühlung der Maschinenbaukonjunktur eingetreten ist. Zusammen mit allen Prognostikern wurden wir von Ausmass und Geschwindigkeit der Marktkontraktion überrascht, was ein sehr rasches Umsteuern von Wachstum auf Kostenanpassungen nötig machte.


Warum hat StarragHeckert den Nachfrageeinbruch nach Werkzeugmaschinen besser als der Branchendurchschnitt bewältigt?

StarragHeckert ist in den am ärgsten betroffenen Branchen wie Werkzeug- und Formenbau und Automobilindustrie kaum tätig und ist globaler als andere kleinere Maschinenbauer aufgestellt. Wir sind im Flugzeugbau und in Nordamerika gewachsen und haben in China unseren Auftragseingang auf Vorjahresniveau halten können.


Auf welches der drei neuen Produkte aus dem Jahr 2009 setzen Sie die grösste Umsatzhoffnung?

Die neuen Produkte aus dem Jahr 2009 für den konventionellen Energiebereich und für die Windenergie werden bereits 2010 zu Auftragseingang führen. Insbesondere unsere Gross-Bearbeitungszentren erweisen sich als Umsatzträger.


Sie haben mit verschiedenen Massnahmen der schwachen 2009er Auslastung Gegensteuer gegeben. Welche war die effektivste?

Die erweiterten und flexibleren Möglichkeiten zur Kurzarbeit an den deutschen und Schweizer Standorten erwiesen sich als effektiv, neben der Reduktion von eingekauften Drittleistungen, dem Abbau von Arbeitszeitkonten und der Vermeidung von Überzeit.


«Dieses Entschädigungsmodell wurde durch den Verwaltungsrat bereits in den 90er Jahren selber entwickelt.»


Mit welchen Erwartungen gehen Sie ins Jahr 2010?

Im Moment haben wir immer noch eine eingeschränkte Visibilität für den Auftragseingang des Gesamtjahres. Die Signale, die die für uns relevanten Frühindikatoren aussenden sind noch zu widersprüchlich. Wenn ein Aufschwung einsetzt, wird dies erst in der 2. Jahreshälfte der Fall sein.


Sie stellen eine «beträchtliche Kapazitätsanpassung» in Aussicht. Ab wann werden Sie diese einleiten oder an welche Volumen denken Sie?

Diese beträchtlichen Kapazitätsanpassungen wurden bereits 2009 eingeleitet. Dabei wird im 2010 primär das Mittel der Kurzarbeit eingesetzt, welches uns erlaubt, die personellen Kapazitäten kurzfristig flexibel an das zur Verfügung stehende Arbeitsvolumen anzupassen.


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Warum ist die Entschädigung von VR und Geschäftsleitung so eindrücklich zurückgegangen?

Bei beiden Gruppen besteht die Entschädigung aus einer fixen Komponente sowie einer auf dem Reingewinn nach Steuern basierenden Erfolgskomponente, welche ausgerichtet wird, sofern ein bestimmtes minimales Ergebnis erwirtschaftet wird. Entsprechend ist die Vergütung direkt an den Economic Value Added (EVA) der Firma gekoppelt.


Wurde das Entschädigungsmodell von der Firma selbst entwickelt oder haben Sie auch  Berater dazu herangezogen?

Dieses Entschädigungsmodell wurde durch den Verwaltungsrat bereits in den 90er Jahren selber entwickelt.


«Im Moment beobachten wir sehr aufmerksam unsere bewährten Zulieferer von Qualitätsteilen.»


Warum kam es beim Aufbau eines Technologiezentrums und Fertigungsstätte in Indien zu Verzögerungen und bis wann soll nun dort operativ gearbeitet werden?

Wir haben die Komplexität und das Tempo der indischen Bürokratie unterschätzt. Trotzdem werden wir bereits in diesem Jahr mit einem eigenen Verkauf und einem Technologiezentrum in Bangalore operativ tätig sein. Danach nehmen wir den Bau des Werkes in Angriff.


Die Aktien von StarragHeckert tendieren seit Jahresbeginn sichtbar fester. Glauben die Investoren wieder an einen Aufschwung?

Der europäische Branchenverband CECIMO publiziert monatlich den Branchenindex MTIX der auf den Aktienkursen von 24 gelisteten Werkzeugmaschinenbauern basiert. Dieser hat eine hohe Korrelation zur Produktion von Werkzeugmaschinen. Der CECIMO MTIX hat seit einigen Monaten wieder eine steigende Tendenz.


Die Aktionärsausschüttung erfolgt diesmal via Nennwertreduktion der Aktie um 15 Franken. Warum ergreifen Sie nach einem so schwachen Geschäftsjahr dieses Mittel?

Das unter den widrigen Umständen erzielte Resultat 2009, der hohe Free Cash Flow und die über den Zyklus insgesamt positiven Zukunftsaussichten haben den Verwaltungsrat bewogen, der Generalversammlung eine Gewinnausschüttung von 15 Franken pro Aktie vorzuschlagen. Diese Ausschüttung soll in Form einer aktionärsfreundlichen Nennwertrückzahlung erfolgen. Unter Berücksichtigung des steuerlichen Effektes ergibt sich somit für die Privataktionäre eine Ausschüttung, die auf der Höhe des Vorjahres liegt.


Womit befassen Sie sich derzeit im Arbeitsalltag am meisten?

Im Moment beobachten wir sehr aufmerksam unsere bewährten Zulieferer von Qualitätsteilen. Dies sind vornehmlich KMU?s mit einem Jahresumsatz von weniger als 50 Mio. CHF, die von der Krise sehr stark betroffen sind.





Der Gesprächspartner:
Dr. Frank Brinken (61) studierte an der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen Maschinenbau und erwarb dort sowohl den Dipl-Ing als auch den Doktorgrad. Er absolvierte eine Weiterbildung im Marketing an der HSG St. Gallen und nahm auch am Global Leadership Forum der  Wharton School of Business an der University of Pennsylvania in den USA teil. Er ist heute CEO der StarragHeckert Gruppe und Mitglied des Verwaltungsrats der Calorifer AG aus Elgg. Zudem ist er Board Member des Advanced Manufacturing Research Center AMRC von Boeing und der University of Sheffield. Brinken ist ferner Kuratoriumsmitglied des IWU Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen in Dresden und auch Lehrbeauftragter an der Technischen Universität (TU) Chemnitz. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.


Das Unternehmen:
StarragHeckert bietet ein umfassendes Angebot an Präzisionsfräsmaschinen, Softwarepaketen, Engineering- und Prozessoptimierungslösungen sowie ein umfangreiches Sortiment an Spezialwerkzeugen und beliefert damit weltweit Kunden in der Luftfahrt, in der Energieerzeugung, im Transportwesen und im Präzisionsmaschinenbau. Das Unternehmen verfügt über eine nahezu hundertfünfzigjährige Erfahrung mit innovativer Technologie, die seinen Kunden ermöglicht, produktiver, effizienter, präziser und fortschrittlicher zu fertigen.
StarragHeckert verfügt über Produktionsstandorte in Rorschacherberg/Schweiz (Starrag), Chemnitz/Deutschland (Heckert), Genf/Schweiz (SIP) und Haddenham/UK (TTL) sowie über Vertriebs- und Servicestützpunkte in China (Shanghai und Beijing), USA (Cincinnati, Dallas und Seattle), Frankreich, Grossbritannien, Indien (Bangalore), Russland, Spanien und Türkei.

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