Frankreich erhält 3’000 Kontodaten von Schweizer Banken
Auf den Konten werde eine Summe von insgesamt 3 Mrd EUR (4,5 Mrd CHF) verwaltet, sagte Woerth weiter in einem Interview mit der Wochenzeitung «Le Journal du Dimanche». Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) lehnte am Sonntag jeglichen Kommentar ab. Mediensprecher Roland Meier betonte lediglich, dass die Datenlieferung nicht aufgrund des letzte Woche vom Bundesrat gutgeheissenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Frankreich beruhen könne. Dieses sei noch nicht in Kraft und muss noch vom Parlament genehmigt werden.
Faktenlage «sehr spekulativ»
Nach Einschätzung von Thomas Sutter, Sprecher der Schweizerischen Bankiervereinigung, ist die Faktenlage derzeit «sehr spekulativ». Falls aber die Angaben in dem französischen Medienbericht stimmten, seien zwei Punkte entscheidend, sagte Sutter der Nachrichtenagentur SDA. Wenn Frankreich ein Amtshilfegesuch stelle, würde dies nach altem Recht behandelt, da die möglichen Verstösse vor Abschluss des neuen Doppelbesteuerungsabkommens stattgefunden hätten.
Frist bis Ende Jahr
Und falls die Daten auf «kriminelle Art und Weise» beschafft worden seien, beispielsweise mit Hilfe des Geheimdienstes, könne er sich nicht vorstellen, dass dem Amtshilfegesuch stattgegeben werde, sagte Sutter. Woerth erklärte der Zeitung gegenüber weiter, die Betroffenen sollten ihre Situation so rasch wie möglich klären. Sie hätten bis Ende Jahr die Möglichkeit, sich an eine eigens dafür eingerichtete Behördenstelle zu wenden. Dazu gehörten eine detaillierte Untersuchung und wenn nötig eine Beschlagnahme.
Treffen mit Banken
Es sei das erste Mal und «aussergewöhnlich», dass Frankreich Informationen von solcher Detailliertheit von Banken erhalte, sagte Woerth weiter. In den kommenden Tagen werde er die Verantwortlichen der betroffenen Banken in Frankreich treffen, damit diese die Identität derjenigen Personen offenlegten, welche die Vermögen in Staaten mit Steuerprivilegien übermittelt hätten.
Erweiterte Amtshilfeklausel mit bislang 13 Staaten
Neben dem DBA mit Frankreich hatte der Bundesrat letzte Woche die DBA mit Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Mexiko und Grossbritannien gutgeheissen. Seit dem Bundesratsentscheid vom 13. März 2009 über die Ausweitung der Amtshilfe in Steuersachen hat die Schweiz mit 13 Staaten eine erweiterte Amtshilfeklausel gemäss OECD-Musterabkommen ausgehandelt. Um von der so genannten «grauen Liste», die vom OECD-Sekretariat für die G-20 zusammengestellt wurde, gestrichen zu werden, müssen zwölf Abkommen unterzeichnet werden.
Fakultative Referenden möglich
DBA, die wichtige zusätzliche Verpflichtungen vorsehen, unterstehen nach bisheriger Praxis dem fakultativen Referendum. Das erste vom Parlament genehmigte DBA mit den neuen Amtshilfebestimmungen soll deshalb nach Ansicht des Bundesrates dem fakultativen Referendum unterstellt werden. Wie bis anhin obliegt der definitive Entscheid über die Unterstellung eines DBA unter das fakultative Referendum aber dem Parlament. (awp/mc/ps/02)