Franz Grüter, CEO TIC AG: «Die Vergabebehörde ComCom verhält sich alles andere als neutral bei der Vergabe der Wimax Lizenzen»

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Grüter, mit dem Ende November bekannt gegebenen Zusammenschluss mit der Luzerner TIC entsteht der grösste unabhängige Full Service Internet- und IT-Provider der Zentralschweiz. Mit 50 MitarbeiterInnen und einem Umsatz von 25 Millionen Franken gehören Sie im internationalen Telekommunikations-Umfeld jedoch zu den kleinen Anbietern. Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie sich gegen die Konkurrenz behaupten können?

Unsere tägliche Arbeit zeigt uns, dass es sehr viele Kunden gibt, vor allem im Business Kundenbereich, welche sich bei mittelgrossen Unternehmungen wie TIC besser aufgehoben und betreut fühlen. Firmen in unserer Grösse haben den Vorteil flexibler, schneller und besser auf die spezifischen Kundenbedürfnisse einzugehen. Grosse Telecom Carrier sind in diesen Punkten oft schwach. Wir sind also näher bei unseren Kunden. Zudem haben wir in unserer Grösse durchaus die kritische Grösse überschritten um auch längerfristig in diesem kompetitiven Marktumfeld erfolgreich agieren zu können.

«Die öffentlichen Aussagen der ComCom, namentlich von Herr Marc Furrer tragen nicht dazu bei, um bei Investoren Vertrauen zu schaffen. Die ganze Übungsanlage ist darauf ausgelegt das nur die drei grossen und etablierten Telecom Carrier eine Lizenz ersteigern können.» Franz Grüter, CEO TIC The Internet Company


Sie bieten Ihren Kunden einen direkten Zugang über IP-VPN-Verbindungen nach China. Was ist das spezielle an diesem Angebot, mit welchen chinesischen Partnern arbeiten Sie und wie kam die Zusammenarbeit zustande?


Das sind drei Fragen:
1. Chinesische Carrier routen den internationalen Datenverkehr traditionell über die USA nach Europa. Dies ist historisch gewachsen. In der Praxis führt dies oft zu technischen Problemen, Datenpacketverlusten und langsamen Leitungen mit hohen Verzögerungen. Für europäische Firmen die in China tätig sind und Verbindungen zwischen China und Europa benötigen ist dies ein echtes Problem. Unsere Unternehmung betreibt seit diesem Jahr direkte Glasfaserleitungen auf dem kürzest möglichen Landweg zwischen Europa (Zürich) und China. Dadurch konnten wir die Leistungsfähigkeit gegenüber herkömmlichen Datenverbindungen nach China um mehr als das Doppelte verbessern.

Somit können wir europäischen Unternehmungen die in China tätig sind einen einzigartigen Service anbieten. Wir bieten unsere Services in der Zwischenzeit über internationale Partnerabkommen weit über die Landesgrenzen hinaus an und die Produkte China Connect erfreuen sich grosser Nachfrage. Wir haben mit dieser Produkteeinführung ein echtes Bedürfnis in einer interessanten Nische des Telecommarktes entdeckt.

2. In China arbeiten wir mit eigenen Mitarbeitern vor Ort. Diese sind in Shanghai und Peking angesiedelt. Wir haben direkte Partnerabkommen mit China Telecom, China NetCom und Chinacomm. Damit decken wir ganz China ab.

3. Ich war selber fast zwei Jahre für ein Handelsunternehmen in China tätig und kenne die Kultur und Mentalität dieses Landes recht gut. Von dort her sind die Kontakte zu den erwähnten chinesischen Carriern entstanden.


Die WiMAX-Technologie, die technisch rund 200 mal schneller als UMTS und 1300 mal so schnell wie GPRS ist, wäre in der Lage, das Monopol der letzten Meile zu brechen. Wie beurteilen Sie die Chance, dass der Bund und die Swisscom diesen Schritt auch zulassen und den Markt für neue Anbieter öffnen?


Sie sprechen ein äusserst sensibles Thema an. Tatsächlich sind wir der Meinung, dass sich die Vergabebehörde ComCom alles andere als neutral verhält bei der Vergabe der Wimax Lizenzen. Nur schon die Tatsache das nur drei Lizenzen vergeben werden lässt den Schluss zu das man nicht erpicht ist neue Anbieter in dieses Business vordringen zu lassen. Dabei bietet die Wimax Technologie drei wesentliche Vorteile:

1. Drahtloser grossflächiger Breitbandzugang
2. Umgehung der letzten Meile, welche leider nach wie vor in der Schweiz als einem der ganz wenigen Ländern nicht liberalisiert ist
3. Möglichkeit zur Einführung von VoIP Diensten auf dem Mobiltelefon. Also beispielsweise die Nutzung von Skype auf dem Handy.
 


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Die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) vergibt drei Konzessionen für drahtlosen Internet-Zugang. Interessierte Unternehmen können bis Ende Februar in einer Auktion mitbieten. Damit soll der Wettbewerb beim WiMAX Breitband-Angebot belebt werden. Wie sehen Sie die Chancen, eine der drei Lizenzen zu bekommen und wie würden Sie die Lizenz finanzieren?


Die öffentlichen Aussagen der ComCom, namentlich von Herr Marc Furrer tragen nicht dazu bei, um bei Investoren Vertrauen zu schaffen. Die ganze Übungsanlage ist darauf ausgelegt das nur die drei grossen und etablierten Telecom Carrier eine Lizenz ersteigern können. Stellen Sie sich nur den Zeitrahmen vor. Die Chance eine Lizenz zu erhalten ist nicht allzu gross, aber wir geben nicht auf und sind mit sehr potentiellen Investoren in sehr engen Verhandlungen. Zudem ist dieses Projekt vor allem für grosse internationale Carrier die in den Schweizer Markt eintreten möchten sehr interessant. Lassen Sie sich also überraschen was unsere Firma tun wird.


Marc Furrer, Präsident der ComCom, nahm am 28. November in der Sendung «10vor10» klar Stellung gegen eine Vergabe an einen «kleinen» Anbieter, da dieser die nötigen Investitionen nicht garantieren könne. Wen sehen Sie als grösste Konkurrenten im Rennen um die drei Lizenzen, mit welchen Investitionen in die Infrastruktur rechnen Sie und mit welchen Partnern würden Sie zur Erschliessung der Schweiz mit WiMAX zusammen arbeiten?


Unsere grössten Konkurrenten in diesem Rennen um die Wimax Lizenzen sind ganz klar Swisscom, Sunrise und Orange.


Wir rechnen mit gesamthaften Investitionen im dreistelligen Millionenbereich. In diesem Betrag sind sowohl Lizenzersteigerungskosten wie auch der Netzaufbau und Kosten für den Betrieb des Netzes eingerechnet,


Wir arbeiten sowohl mit nationalen und regional gut verankerten Unternehmen zusammen, welche als Abnehmer von Wimax Services in Frage kommen, als auch mit grossen internationalen Telecom Unternehmungen welche in der Schweiz Ihren «Footprint» erweitern möchten.


Für den Testbetrieb haben Sie vom BAKOM eine WiMAX Versuchskonzession für die Städte Zürich und Genf erhalten. Was genau machen Sie mit der Konzession und haben Sie schon erste Ergebnisse aus dem Versuch erhalten?

Unsere Pilot Hauptinstallation ist in Le Lignon bei Genf. Dort befindet sich das grösste Gebäude Europas mit über 8000 Einwohnern. Wir bieten dabei einem kleinen auserwählten Kreis von Kunden die Möglichkeit auf nichtkommerzieller Basis bis Ende März 2006 das Wimax Angebot zu testen. Die Erfahrungen die wir damit machen werden laufend protokolliert und ausgewertet. Genaue Auswertungen und Ergebnisse aus dem Pilotversuch werden erst im Verlauf des ersten Quartals 2006 vorliegen.

Immer mehr Leute äussern grundsätzliche Bedenken wegen einer möglichen gesundheitlichen Belastung durch die zunehmende Funkstrahlung. Wie gehen Sie mit diesem Fragenkomplex um und könnte die Gesundheitsfrage die weitere Verbreitung von WiMAX gefährden?

Ich habe Verständnis für Menschen die diesbezüglich skeptisch sind. Einer der grossen Vorteile von Wimax wird aber sein das man mit einer Antenne eine Gegend zwischen 10 km und 20 km wird abdecken können. Die Netzdichte wird also nicht so gross sein wie etwa bei GSM oder UMTS Antennen. Dadurch lassen sich Antennenstandorte so auswählen das man neuralgische Punkte vermeiden kann. Trotzdem rechnen wir mit Verzögerungen bei der Einführung. Wir sind in unserer Annahme von einer durchschnittlichen Bauzeit von 18 Monaten pro Antennenstandort ausgegangen. Der grösste Teil dieser Zeit haben wir für Einsprachen und Beschwerdenbearbeitung eingerechnet. Es ist glücklicherweise so das die jüngsten Bundesgerichtsentscheide die Einführung dieser Technologie in ein positives Licht rücken.


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Um die flächendeckende Verbreitung von WiMAX sicherzustellen wird es eine Verbindung zwischen verschiedenen Netzen geben müssen. Wird es ähnlich dem Mobilfunk ein Roaming für das «Springen» von einer Basisstation (Hotspot) zur anderen geben und zeichnen sich hier schon Verfahrensstandards ab?

Ja, es ist von der Technologie her vorgesehen das sowohl Roaming innerhalb verschiedener Wimax Netze her möglich sein wird als auch ein Switching zwischen verschiedenen Technologien wie beispielsweise UMTS, EDGE oder WLAN.


Die nächste Technologie steht mit HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) für Transferraten bis zu 3,6 MBit/s schon vor der Tür. Wird dieser Funkstandard UMTS ablösen, sozusagen bevor sich UMTS überhaupt kommerziell etablieren konnte und wie sehen Ihre Pläne bezüglich HSDPA aus?

Unser Unternehmen verfolgt sehr sorgfältig und stetig alle neuen Technologien. Im Moment konzentrieren wir uns aber auf den Erwerb einer Wimax Lizenz. Mit Wimax können bis zu 70MB/S zur Verfügung gestellt werden, auch wenn die nur in Ausnahmefällen so angeboten werden wird. Aus unserer Sicht wird sich UMTS nie wirklich voll durchsetzen, denn bevor die Technologie wirklich im breiten Ausmass zur Anwendung kommen wird, werden bereits noch bessere und viel leistungsfähigere Technologien zur Anwendung um zum Durchbruch kommen.


Immer wieder werden kleinere Unternehmen, die sich in einer interessanten Nische positioniert haben, von den grossen Telekommunikationsunternehmen übernommen (zum Beispiel Cybernet und Comit von der Swisscom). Könnte es sein, dass sich kleine Unternehmen mit WiMAX aggressiv positionieren, um dann als interessante Beute von einem grösseren Unternehmen übernommen zu werden?


Es ist tatsächlich so, dass internationale Telecom Unternehmen den Eintritt in neue Marktumfelder oft über kleinere Unternehmen vollziehen. Man kann durchaus sagen das sich Unternehmen welche sich mit neuen innovativen Technologien wie beispielsweise Wimax beschäftigen interessante Übernahmeobjekte für Telecomfirmen sind.


Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?

Ich wünschte mir das in der Schweiz die letzte Meile endlich liberalisiert wird. Die Bewohner der Schweiz müssen sich bewusst sein, das die nicht liberalisierte letzte Meile in der Schweiz nicht nur ein Problem von ein paar Telecomunternehmungen ist. Nein, die nicht liberalisierte letzte Meile führt auch dazu, dass das Preisniveau für zahlreiche Dienstleistungen im Bereich von Telecomservices um ein x-faches höher sind als im Ausland. ADSL Anschlüsse sind in der Schweiz bis zu 10 mal teurer als im grenznahen Ausland. Die Bevölkerung zahlt also die Zeche und damit die Milliardengewinne von monopolisierten Gesellschaften

Der zweite Wunsch, den ich habe, ist, dass der Regulator in der Schweiz eine neutralere Position einnimmt und nicht als Sprachrohr von ein paar grossen Telecomunternehmungen wird. Werden jetzt die Weichen nicht richtig gestellt werden die Konsumenten dies in ein paar Jahren wieder mit viel zu hohen Preisen berappen müssen.





Franz Grüter
sammelte seine breite Praxiserfahrung in führenden Positionen in mehreren Technologie Unternehmungen.

Er gründete 1996 die SmartComp AG, welche sich innert kurzer Zeit zu einem sehr erfolgreichen Unternehmen rund um IT-Outsourcing entwickelte. Mit der Gründung der Tochterfirma SmartWeb GmbH und deren professionellen Eintritt ins Internetgeschäft setzte er einen weiteren Meilenstein. Im Jahr 2000 leitete Franz Grüter den Verkauf der beiden Unternehmungen in die USA an die börsenkotierte VIA NET.WORKS. Zudem war er im 2002 für die Integration und Übernahme der Kunden der KpnQwest in der Schweiz verantwortlich. Vor seiner Zeit bei VIA NET.WORKS war Franz Grüter längere Zeit in China tätig, wo er ein internationales Handelsunternehmen aufgebaut hatte.

Franz Grüter ist dipl. Marketingplaner und Elektrotechniker TS. Er hat sich zudem in den USA am Georgia Institut of Technology weitergebildet. Als CEO trägt Franz Grüter die Gesamtverantwortung des Unternehmens und ist zusätzlich verantwortlich für die erfolgreiche strategische Weiterausrichtung der Firma. Zudem leitet Franz Grüter alle Geschäftsbeziehungen mit den chinesischen Telecompartnern von VIA NET.WORKS.

TIC The Internet Company AG
TIC entstand Ende 2005 aus dem Zusammenschluss der VIA NET.WORKS (Schweiz) AG, einem Unternehmen der Zentralschweizer Solution24 AG, und TIC AG aus Kriens/Luzern. Das neue Unternehmen gehört mit rund CHF 25 Mio. Umsatz zu den grössten unabhängigen schweizerischen Internet-Providern (ISP).

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