Jan Brucker, Widder Hotel Zürich: «Die Auslastung von 80 Prozent zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»

Von Tanja Hess

Moneycab: Wir haben uns das letzte Mal im Sommer 2004, also vor mehr als einem Jahr gesehen. Heute haben Sie einen grossen Geschäftsanlass von Chanel im Haus. Liegt Ihr strahlendes Aussehen an den Beauty-Produkten oder an der Tatsache, dass sich Ihre Aussage vom letzten Mal bestätigt hat, nämlich, dass Sie vom Geschäftsverlauf her das Gefühl hatten, es sei als hätte jemand am 1.1.2004 aufs Knöpfchen gedrückt und die Wirtschaft laufe wieder wie am Schnürchen?


Jan Brucker: Dieser Frage muss ich auch mit zwei Antworten begegnen. Vielleicht sehen Sie, dass ich etwas entspannter bin. Das liegt aber eher daran, dass ich in der letzten Woche in den Ferien war und mich entspannt habe. Unser Business läuft nämlich zur Zeit sehr hektisch. Da braucht man auch mal eine Pause. Weiter muss ich leider meine Prognose des Jahres 2004 etwas relativieren. Wir haben das Jahr mit sehr positiven Zahlen begonnen. Wirklich, wir hätten von den Auslastungen des Jahresbeginns her nicht besser beginnen können. Doch die zweite Hälfte des Jahres war eher harzig. Einerseits war es der warme Sommer, der einem Stadthotel natürlich etwas den Wind aus den Segeln nimmt, andererseits war auch der Businessanteil eher geringer. Übers Ganze gesehen, 2004 war kein schlechtes Jahr, aber es war auch nicht ein Rekordjahr. Im Widder Hotel spricht man schon bei einer Auslastung von unter 80% von einem schlechten Jahr.


Mit einer Auslastung von 80 Prozent liegen sie aber ganz vorne im Vergleich mit andern Hotels der Schweiz. Wie sieht denn das Jahr 2005 aus?

Wir haben im Jahr 2004 sehr viel gelernt und auf die Situation reagiert. So kommen wir zu einem Spitzenjahr 2005. Wir konnten erstmals wieder den Umsatz klar steigern. Damit liegen wir mit den Zahlen besser als im Jahre 2000. Einerseits ist die Nachfrage grösser geworden. Besonders in den Wintermonaten konnten wir die Auslastungszahlen gut hochfahren. Die Wochentage von Sonntag bis Donnerstag sind immer gut bis voll belegt. Wir haben beinahe nur noch an den Wochenenden von Freitag bis Sonntag Kapazitäten. Wir können also vom Jahr 2005 von einem Rekordjahr sprechen.


Wie sieht das Gästeprofil zur Zeit aus?


Wir haben viele Privatgäste aber auch sehr viele Geschäftsreisende. Wir konnten den Anteil von Privatreisenden etwas steigern durch die Lancierung von Arrangements. Wir haben die Wochenenden mit dem Kennenlernarrangement bereichert. Da laden wir die Gäste für zwei Nächte und ein Abendessen in unserem 16 Punkte Gault&Milau Restaurant ein, aber auch der Champagnerapero und der Whisky in der Widderbar sowie der Widder Jubiläumswein sind dabei. Besonders gestiegen ist heute die Nachfrage nach sehr teueren Zimmern. Man gibt gerne Geld aus, um sich was «Richtiges» zu leisten. Dies betrifft den Bereich der Privatgäste, aber auch der Businessgäste. Im Privatgästebereich hatten wir einen gut ausgelasteten Adventsbereich – natürlich hängt dies mit der wirtschaftlich besseren Situation zusammen. Man gönnt sich ganz einfach gerne wieder was.


Wie laufen die Geschäftsanlässe?


Wir konnten bei den Kundenessen zulegen. Da haben wir im Jahre 2005 ein deutliches Wachstum gehabt. Natürlich kommt das Wachstum nicht von selbst. Wir haben unseren Widder Saal neu ergänzt. Zu manchen Anlässen war der Saal zu nüchtern, sodass wir für festliche Anlässe eine neue Ausstattung angegangen sind. Zusammen mit unserer Hausarchitektin Tilla Theus haben wir dem Raum mehr ruhige Eleganz verliehen. So haben wir einen prächtigen weissen Vorhang über die ganze Fläche einer Seitenwand drapiert. Zusammen mit den Hussen der Stühle und einigen kleineren Details des Interieurs konnten wir eine Atmosphäre der Festlichkeit schaffen. Damit haben wir ein ganz neues Geschäftssegment geschaffen. Weiter gibt es den Aspekt, dass Zürich als Stadt an Business Atraktivität gewonnen hat. Da gehört auch das neue Hyatt als positiver Faktor dazu. Es hat sich gezeigt, dass die Hotellerie der fünf Sterne auf dem richtigen Weg ist mit einem klar abgegrenzten Profil. Die Zahlen belegen das.


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Moneycab: Sie haben in allen Zimmern für den Business-Gast investiert. Wo sind die grössten Änderungen getätigt worden?


Jan Brucker: Ja da haben wir die grössten Investitionen der letzten Zeit gemacht. Wir haben in einen Flatscreen und ein BOCenter 2 von Bang und Olufson investiert. Mit dem TV kann man online gehen, dieser schnelle Zugriff ist oft schon sehr hilfreich für den Gast. Andererseits möchten wir den Gästen in der Unterhaltung das Beste bieten. Mit der Musikanlage befriedigen wir die Bedürfnisse, mit Musik mal richtig abschalten zu können. Wir haben aber auch zwei volle Büroplätze geschaffen. Man kann dort mit allen Möglichkeiten das Business des nächsten Tages planen. Es stehen Computer mit Drucker und Scanner und allen Finessen zur Verfügung. Als besonderen Service haben wir eine IT-Concierge, welche dem 24-stündigen Betrieb des Business Centers zur Verfügung steht. Es kann nicht sein, dass ein Topshot der Wirtschaft sich mit den Einstellungen des Computers rumschlagen muss. Das übernehmen wir für den Gast.


«Das Widder Hotel ist wahrscheinlich das führende Hotel im Bereich Business Office für den Gast. Mit dem ausgeprägten Komfort wollen wir dem Gast wirklich alles fürs Arbeiten bieten.» Jan Brucker, Direktor Widder Hotel Zürich


In der Küche gab es einen Wechsel. Patrick Buser wurde abgelöst von Marcel Reist.


In der Tat. Mit Marcel Reist haben wir einen tollen Mann gefunden, der nicht nur ein exquisiter Koch ist. Wir schätzen ganz besonders auch seine tolle Mitarbeiterführung. Er ist kreativ und bringt viel Gutes ein. Wir denken, dass wir mit ihm die 16 Gaul Millau Punkte beibehalten können.


Sie hatten ein Jubiläum im letzten Jahr, was gibt es Neues, wie wurde gefeiert und was ist geblieben?


Eine Neuerung ist der Jingle Ball. In der Adventszeit lancierten wir einen Ball für geladene Gäste. Es war die Idee, dass man einmal miteinander, das heisst im grossen Rahmen Feste feiert und auch Zeit findet, sowohl für neue Kontakte und bestehende Kontakte zu Pflegen. Der Jingle Ball war ein grosser Erfolg. Wir werden die Premiere zu einer Tradition werden lassen. Zu dieser Art von Neuerung gehört auch der Widder Festtagskalender. Wir kommunizieren in einer Broschüre, was alles an den Tagen von Weihnachten und Silvester/Neujahr angeboten wird. Das Angebot wurde sehr gut benutzt.
Weiter haben wir auch einen eigenen Hauswein eingeführt. Es sind zwei Weine aus dem «Züribiet», Jürg Saxers Riesling und Blauburgunder aus Neftenbach.


Sie erzählen mit viel Engagement von zahlreichen Neuerungen. Gab es auch Dinge, die redimmensioniert wurden?


Sicher haben wir uns nach dem Jahre 2004 überlegt, wo wir sparen und damit die fixen Kosten runterfahren können. Einen grösseren Anteil von etwas über 40 Prozent bilden bei uns die Personal- und Lohnkosten. Wir haben gemerkt, dass die Zeit des Ausruhens auf den Lorbeeren vorbei ist. Wir haben im Zusammenhang mit der ISO 9001-Zertifizierung Abläufe im Widder Hotel genauer angeschaut und überarbeitet. Sie fragen sich natürlich, wie der Gast das merken soll! Bei der Zertifizierung geht es um alle Abläufe im Haus, wir haben alles neu organisiert und dabei auch optimiert. Beim Personal haben wir uns so ausgerichtet, dass wir einen Fokus auf deutschsprachiges Personal haben und nicht auf die Kostengünstigkeit. Manpower ist das wichtigste Gut bei uns. Wir beschäftigen 130 Personen.


Guglielmo Brentel sagt, dass man in der Schweiz nicht mehr konkurrenzfähig sei wegen der hohen Personal- und Warenkosten. Stimmt das?


Herrn Brentel unterstütze ich in seinem Vorhaben. Ich teile mit ihm die Vorwärtsstrategie, welche die Hotellerie auf einen neuen Kurs bringt. Herr Brentel verkörpert die Aufbruchstimmung und wir haben im Verband  eine Figur gebraucht wie Gulielmo Brentel, der dieses Denken symbolisiert. Natürlich leiden wir unter den Einfuhrzöllen von Lebensmitteln und Gütern, die uns tatsächlich das Leben schwe machen. Aber wir müssen im eigenen Bereich aktiv werden. Optimieren lohnt sich und gehört zum Geist der Zeit. 


Wagen wir einen Forecast. Wo sind Sie in fünf Jahren, wo ist das Widder Hotel in fünf Jahren?


Für mich kann ich diese Frage blitzschnell beantworten. «Hoffentlich immer noch im Widder Hotel!» Sehen Sie, das Widder Hotel ist ein richtig schön dankbares Objekt. Es ist eine tolle Plattform innovativ und kreativ zu sein. Wer weiss was die Zukunft uns bringen wird? Ich bin optimistisch und dies ist wohl das Wichtigste.





Der Gesprächspartner
1954 geboren, aufgewachsen in Olten (SO)
verheiratet mit Regula Brucker-Kern, drei Kinder Janina (13), Luis (10), Gioia (8)


1976-1980 Ausbildung an der Hotelfachschule Lausanne
1987 Weiterbildung zum dipl. Hotelier VDH/SHV 1988


Direktionen, ausser in Berlin immer zusammen mit Ehegattin Regula:
1987-1989 Beatus Merligen
1989-1999 Seiler Hotel Schweizerhof Zermatt
1999-2000 Grand Hotel Park Gstaad
2000-2001 Swissôtel am Kurfürstendamm Berlin (zuständig für Voreröffnung, Eröffnung und Nacheröffnung)
seit Herbst 2001 Widder Hotel Zürich

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