Neue Kapazitäten in Nahost bedrohen Chemieunternehmen in Europa

Europäische Chemieunternehmen müssen ihren Einsatz erhöhen, wenn sie mit den Mitbewerbern im Nahen Osten mithalten wollen, heisst es in einem von KPMG am Montag veröffentlichten internationalen Bericht. «Dank der reichlich vorhandenen Vorräte an billigen Öl- und Gasreserven erhalten die Chemieunternehmen im Nahen Osten zu deutlich niedrigeren Preisen Zugang zu natürlichen Ressourcen als ihre westlichen Nachbarn», erläutert Erik Willems, Sektorleiter Chemicals & Pharmaceuticals von KPMG Schweiz.


Starkes Wachstum der chemischen Industrie im Nahen Osten
«Die im Nahen Osten angesiedelten Unternehmen haben die vorhandenen natürlichen Ressourcen optimal genutzt, und sie haben sich im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit von Rohstofflieferanten in bedeutende petrochemische Erzeuger mit globaler Reichweite verwandelt. Unsere Analyse hat ergeben, dass bis 2012 insgesamt 53 Werke in Produktion gehen dürften», sagt Willems. Dies könnte – wenn man die Investitionen in Asien hinzurechnet – dazu führen, dass die europäischen Marktteilnehmer auf dem Weltmarkt marginalisiert werden. Zwischen 1997 und 2007 wuchs die Chemieindustrie im Nahen Osten jährlich um 9%. KPMG rechnet damit, dass die Region bis 2020 im Mittel ein Wachstum von 9,5% pro Jahr verzeichnen wird – das entspricht einem mehr als doppelt so hohem Wert im Vergleich zum Weltdurchschnitt.


Rückläufiger Innovationsgrad in Europa
Die chemische Industrie ist der drittgrösste Industriesektor in der EU. Dennoch ist der Innovationsgrad aufgrund der strengen Regulierung und der Schwierigkeiten, Facharbeiter in ausreichender Zahl anzuwerben, zurückgegangen. Der europäische Markt ist zudem stark fragmentiert und konsolidierungsreif. Obwohl die Kreditkrise in allen Industriesektoren Auswirkungen auf die Übernahmeaktivitäten zeigte, konnte KPMG anhand der Studie aufzeigen, dass sie auch als Katalysator dienen könnte, der die Marktkonsolidierung beschleunigt.


Selbsthilfemassnahmen
Industrielle Käufer, die über ausreichendes Kapital verfügen, nutzen den Vorteil, dass sich Finanzinvestoren wie beispielsweise Private-Equity-Häuser zurzeit kaum am Wettbewerb beteiligen. Es gibt Selbsthilfemassnahmen, welche europäische Unternehmen zur kurzfristigen Verbesserung ihrer Situation ergreifen könnten – dazu zählen unter anderem Offshoring-Aktivitäten. Für KPMG besteht die Marktchance jedoch darin, die traditionelle Innovationsstärke optimal einzusetzen und sich mit Unternehmen im Nahen Osten zusammenzutun, um Zugang zu ihren Ressourcenvorteilen zu erhalten.


Intensivere internationale Zusammenarbeit
Während sich M&A nicht immer als eine einfache Strategie erweisen, stellen Joint Ventures eine leichter zugängliche Form der Partnerschaft dar. Unternehmen im Nahen Osten und in Europa haben bereits Kooperationen angekündigt, die den Austausch von Know-how ermöglichen und einen verbesserten Zugang zu Technologietransfer sowie Prozessinnovation bieten. Dabei wird die Komplexität vermieden, welche eine Übernahme mit sich bringen kann. «Die Auswahl geeigneter Partner in der Region, der Aufbau symbiotischer Geschäftsbeziehungen und das effiziente Management der daraus hervorgehenden Joint Ventures sind der Schlüssel für ein Erfolg versprechendes Engagement im Nahen Osten », ist Willems überzeugt. (kpmg/mc/ps)

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