Siemens steckt in der Flaute fest

Der Umsatz soll doppelt so stark wachsen beziehungsweise in der aktuellen Situation nur halb so stark schrumpfen wie die Weltwirtschaft. Die Aktie sprang an und lag am Mittag in einem ohnehin festen Markt 2,90 Prozent im Plus bei 54,67 Euro.


Industriegeschäft leidet unter Auftragseinbruch im Maschinenbau
Vor allem das Industriegeschäft läuft schleppend, wie aus einer Präsentation Löschers in London hervorgeht: In der einstigen Ertragsperle Industrieautomatisierung gebe es zwar Zeichen für eine Bodenbildung, von einem Wiederanziehen der eingebrochenen Bestellungen wollte der Konzernchef aber noch nicht sprechen. Die Sparte hängt stark am deutschen Maschinenbau, der im April mit 58 Prozent den schlimmsten Auftragseinbruch aller Zeiten erlebt hatte. Ebenfalls problematisch sehe es bei der Antriebstechnik aus, die unter anderem Elektromotoren im Programm hat. Auch bei Osram sei das Umfeld weiter angespannt, hiess es. Die Lichttechnik-Tochter liefert unter anderem den schwächelnden Autoherstellern zu.


Medizin und Energie laufen
Die Medizintechnik hält sich laut der Präsentation trotz anhaltender Einsparungen im wichtigen US-Markt weiter gut. Im Energiegeschäft sieht Löscher auch im zweiten Halbjahr noch einen vergleichsweise hohen Auftragseingang. Zuletzt gingen gleich mehrere Grossbestellungen von Windkraft-Anlagen ein. Im klassischen Kraftwerks-Geschäft rechnet der Konzernchef indes bald mit schwindenden Aufträgen.


Volle Orderbücher, so die Hoffnung des Managements, werden die Durststrecke aber überstehen helfen. Es gebe weiterhin keine nennenswerten Stornierungen, versicherte Löscher, wohl aber Verschiebungen. Momentan sitzt Siemens auf einem Auftragspolster von 87 Milliarden Euro, 23 Milliarden davon sollen bis Ende des Geschäftsjahres im September abgearbeitet werden.


Analyst rechnet mit Stellenabbau
JPMorgan-Analyst Andreas Willi zeigt sich weniger zuversichtlich als der Vorstand. Er rechnet damit, dass im kommenden Geschäftsjahr rund 10.000 weitere der zuletzt 416.000 Stellen wegfallen werden, weil Siemens keine Arbeit mehr für sie hat. Bereits heute arbeiten Tausende Menschen in Kurzarbeit, Leiharbeiter mussten gehen. Der Mitte vergangenen Jahres eingeleitete Abbau von knapp 17.000 Arbeitsplätzen reiche nicht aus, schrieb Willi jüngst in einer Studie. Dieser geschah noch vor Hochkochen der Wirtschaftskrise und hatte zum Ziel, die Verwaltungskosten zu senken und problembehaftete Sparten wieder auf Vordermann zu bringen.


«Das sind Spekulationen»
Siemens selbst hatte jüngst einen Medienbericht über mögliche weitere Stellenstreichungen heftig unter Beschuss genommen, die aktuellen Studien kommentierte das Unternehmen nicht. «Das sind Spekulationen», sagte ein Sprecher. Laut Analyst Willi will der Konzern erst nach der Bundestagstagswahl im September seine neuen Abbaupläne verkünden. Für dieses Geschäftsjahr, das fast zeitgleich mit der Wahl endet, hatte der Vorstand weitere Stellenstreichungen ausgeschlossen. Bei den Münchenern hatte die Wirtschaftsflaute mit Verzögerung zugeschlagen. Ende April kam dann aber auch Siemens nicht umhin, sein operatives Ergebnisziel von 8,0 bis 8,5 Milliarden Euro fallen zu lassen. (awp/mc/pg/16)

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