Simon V. Jenny, Castello del Sole Ascona: «Der Hotelier soll ein Gastgeber aber auch ein Unternehmer sein»


Moneycab: Herr Jenny, wie kommen Sie als Bündner aus den Bergen nach Ascona ins Castello?


Simon V. Jenny: Eines der führenden Hotels in der Schweiz leiten zu dürfen war ein Traum aber auch eine Herausforderung, für die ich den San Bernadino mit Freude hinter mir liess. Als Prättigauer aus Klosters was es für mich eine Ehre dieser Berufung zu folgen. Die Qualität und den Namen Castello de Sole weiter nachhaltig zu verankern, betrachte ich dabei als mein erstes Ziel.


Das Castello bleibt vom Ende Oktober bis Mitte März geschlossen. Während dieser Zeit arbeiten viele Ihrer Mitarbeiter die Wintersaison in den Bergen. Wie verbringen Sie diese Zeit?


Die Wintersaison mit geschlossenem Hotel ist sehr vielseitig. Wir investieren jährlich um die 700’000 Franken in den Unterhalt, sprich die Werterhaltung (Investitonen wie Neuanschaffungen, Umbauten, Renovationen nicht eingeschlossen) der Hotelanlage. Ein Grossteil wird im Winter realisiert. Dies versetzt den Gastgeber in die Rolle eines «Bauführers», welcher die Unterhaltsarbeiten von Offertenvergleich über Durchführungskontrolle bis hin zur Ausführungsabnahme begleitet. Im Weitern kann die Winterzeit auch als Marketingzeit betitelt werden. Urlaub? Ja selbstverständlich. Im November zwei Wochen und eine Woche über Weihnachten im schönen Klosters.


«Dass die Herren Politiker in Bern über diese Unterstützung lange diskutieren mussten, ist bedenklich und lässt die Frage aufkommen, ob der Tourismus und dessen Wichtigkeit für die Schweizer Wirtschaft überhaupt erkannt wurde.» Simon V. Jenny, Hoteldirektor Castello del Sole, Ascona


Die ersten Hotels in Ascona verlängern die Saison und versuchen jetzt, eine echte Wintersaison im Tessin zu gestalten. Wie stehen Sie diesen Plänen gegenüber, ist das für das Castello del Sole ebenfalls eine Option?


Es ist sehr schwierig eine Wintersaison in Ascona kostendeckend (im Bereich des Break-Evens) zu bestreiten. Die Gäste wollen neben der Hotel- auch die örtliche Infrastruktur (Schifffahrt, Shopping Grotti etc) nutzen. Viele von diesen Angeboten sind im Winter geschlossen, was die Gästeakquisition noch schwieriger macht. Für uns ist eine ganzjährige Betriebsöffnung zur Zeit kein Thema. Der Grund liegt auf der Hand: Wir benötigen mindestens 90 Mitarbeiter um unseren hohen Qualitätsstandart den Gästen bieten zu können (in den Sommermonaten verwöhnen 130 Mitarbeiter 150 Gäste.). Der Break-Even bewegt sich im Castello del Sole für 90 Mitarbeiter bei einer 65 prozentigen Bettenauslastung, was 97 Gästen entspricht. Dies zu erreichen ist Aufgrund unserer kürzlich getätigten Marktanalysen zurzeit noch nicht möglich. Eine Verlängerung der Saison um etwaq einen Monat können wir uns dagegen gut vorstellen.


Die führenden Häuser in Ascona (Castello del Sole, Eden Roc, Giardino, Park Hotel Delta) pflegen einen guten informellen Kontakt. Sehen Sie in den anderen 5-Stern Häusern eher Konkurrenten oder Verbündete, mit denen Sie Ascona gegen andere internationale Destinationen positionieren können?


Richtigerweise sind die 5-Stern Hotels untereinander auch Konkurrenten. Dies motiviert uns Direktoren, dem Gast einen bestmöglichen Qualitätsstandart zu bieten und diesen laufend zu evaluieren, respektive auszubauen. Die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen schätze ich sehr und wir alle können von einander profitieren. Unsere Denkensweise sollte sein (und ist es meiner Meinung nach auch), dass es erstmal wichtig ist, dass der Gast nach Ascona kommt. Noch schöner ist es, wenn er dann bei uns im Castello del Sole wohnt.


Nebst der klassischen Ausbildung in der Hotellerie (Koch, Hotelier) haben Sie sich zum Ökonom weiter gebildet (dipl. Oek). Was war die Motivation und inwiefern können Sie in Ihrer jetzigen Funktion von der Ausbildung profitieren?


Die Ausbildung, Hotelfachschule und Unternehmerseminar, der Hotellerie Suisse ist sehr gut und grundsätzlich auf die Hotellerie bezogen. Bereits mein beruflicher Abstecher zum damaligen Bankverein, in die Abteilung «Hotel- und Toursmusfinanzierungen», hat mich befähigt, die Dinge diversifiziert, nicht nur aus Sicht des Hoteliers, zu betrachten. Der Hotelier soll ein Gastgeber, aber auch ein Unternehmer sein. Dazu gehört ein konzeptionelles Handeln und Denken. Dies war in meiner Ausbildung ein klares Manko. Ich hab das erkannt und mit der berufsbegleitenden Weiterbildung zum dipl. Oek eliminieren können.


Im Castello del Sole haben Sie im Winter umfassende Erweiterungen im Infrastrukturbereich vorgenommen (Klima, Bewässerung, Parkplatzvergrösserung, Erweiterung des Hotelparks, Wireless LAN und Einiges mehr). Wie finanzieren Sie im Castello Projekte grösseren Umfanges und welche zukünftigen Projekte stehen an?


Die von ihnen erwähnten Investitionen konnten, wie in den vergangenen Jahren, aus dem Cash-Flow finanziert werden. Projekte von grösserem Umfang werden nach kaufmännischen Grundsätzen beurteilt (zum Beispiel mit einer Discount Cash-Flow Rechnung) und kommen nur dann zur Realisation, wenn alle Analysen und Berechnungen positiv sind. In den kommenden zwei Monaten wird im Verwaltungsrat über zwei grosse Projekte entschieden. Da der Entscheid noch nicht gefällt ist, will ich auch noch keine öffentliche Aussage darüber machen.


Ab welcher Auslastung schreiben Sie im Castello del Sole Gewinn und wo stehen Sie heute bezüglich der Auslastung?


Ab 75 Prozent Auslastung schreiben wir Gewinn (mit Abschreibungen in der Höhe von 20 Prozent vom Bruttoumsatz). Für dieses Jahr haben wir 78 Prozent budgetiert, was etwas über dem Vorjahresergebnis steht.


Wie sieht der typische Gast im Castello del Sole aus, und was sucht er in Ihrem Hause?


So vielfältig wie unser Angebot ist, so sind auch die Gästesegmente. Die einzigartige Ruhe und das Element des weiten Atems in unserer 11 Hektar grossen Park- und Uferlandschaft verbunden mit zeitgerechtem Luxus und authentischer Architektur sind die massgeblichen Entscheidungsfaktoren unserer Gäste.


Die Luxus-Hotellerie muss immer wieder innovative Konzepte umsetzen, um attraktiv zu bleiben. Küche, Architektur und Wellness sind heute wichtige Entscheidungskriterien für die Gäste. Wo sehen Sie die nächsten Innovationen und wie würden Sie diese im Castello del Sole gerne umsetzen?


Die weitere Optimierung und Verschönerung des Strand- und Parkbereiches wie zum Beispiel mit den Dedon-Sitzgruppen, um nur eine zu nennen, hat sich bereits sehr gut bewährt und widerspiegelt unsere Grosszügigkeit der Infrastruktur. Wie bereits erwähnt, sind zwei grössere Projekte in Planung, über welche ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Angaben machen will.


Die Tourismus-Unterstützung wurde nach langer Diskussion für die nächsten drei Jahre wieder gesprochen. Wie werden Sie heute von Schweiz Tourismus unterstützt und welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie?


Dass die Herren Politiker in Bern über diese Unterstützung lange diskutieren mussten, ist bedenklich und lässt die Frage aufkommen, ob der Tourismus und dessen Wichtigkeit für die Schweizer Wirtschaft überhaupt erkannt wurde. Die Aufgabe von Schweiz Tourismus ist nicht, die einzelnen Hotels zu unterstützten. Sie vermarkten die Marke Schweiz weltweit und unterstützen die kantonalen Tourismuszentren, was aus meiner Betrachtungsweise sehr gut und professionell ausgeführt wird.


Sie haben zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?


Wenn ich durch die wunderschöne Hotelanlage gehe und dabei die phantastische Natur vor Augen habe, könnte ich eigentlich wunschlos glücklich sein. Bei meinen ausgiebigen Velotouren rund um den Lago Maggiore lasse ich meinen Gedanken freien Lauf und hoffe auf weiterhin gute Gesundheit und darauf, hier im Castello Etwas zu hinterlassen, das Bestand hat.

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