SNB: Inflation dürfte zu Beginn 2009 wieder unter 2-Prozent-Marke fallen

Die SNB rechnet denn auch damit, dass sie bereits zu Beginn des nächsten Jahres wieder unter die 2%-Marke fallen wird, wie SNB-Direktoriumspräsident Jean-Pierre Roth am Donnerstag vor den Medien in Genf sagte. Für 2009 sieht sie im Durchschnitt eine Inflation von 1,7%, für 2010 eine solche von 1,3%. Sie hat dementsprechend auch das Zielband für den 3-Mte-Libor unverändert auf 2,25% bis 3,25% belassen.


Wachsam bleiben
Die Inflationsprognose sei jedoch mit grossen Unsicherheiten behaftet, hielt Roth fest. «Wir müssen … sehr wachsam bleiben. Ein erneuter Energiepreisanstieg, eine über Erwarten kräftige Konjunktur, ein schwächerer Franken oder eine Erhöhung der Inflationserwartungen würden die mittelfristige Preisstabilität bedrohen», sagte Roth. Die Nationalbank werde die Entwicklung der Erdölpreise, des Frankenkurses und der Konjunktur sowie die Lage an den Finanzmärkten «aufmerksam verfolgen», um deren Auswirkungen auf die Inflationsaussichten einzuschätzen und um «zur Wahrung der mittelfristigen Preisstabilität rasch handeln zu können».


Entscheid widerspiegelt Unsicherheiten
Offensichtlich, so Roth, sei ein stärkerer Preisschub zu befürchten, wenn die Energie- und Nahrungsmittelpreise erneut steigen würden. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Entwicklung des Frankens «keinen Beitrag zur Minderung des Importpreisdruckes» leiste. Auf der anderen Seite dürfen man die Möglichkeit aber nicht unterschätzen, dass bei der Entwicklung der Rohstoffpreise eine Wende eintreten oder dass der Inflationsdruck aufgrund einer über Erwarten deutlichen Konjunkturabflachung nachlassen könnte. Dies umso mehr, als man die Auswirkungen der Finanzmarktkrise noch nicht kenne. «Der heutige geldpolitische Entscheid widerspiegelt unsere Einschätzung all dieser Unsicherheiten», sagte Roth.


Konjunktur: SNB vorsichtig optimistisch
Bezüglich Konjunktur hat die SNB ein differenziertes Bild, das von vorsichtigem Optimismus geprägt ist. Insgesamt verlaufe das Wachstum der Weltwirtschaft «derzeit zwar uneinheitlich», zeige aber «keine Anzeichen einer bedeutenden Verlangsamung». Noch vor kurzem seien dagegen sehr viel alarmierendere Szenarien denkbar gewesen. Die Krise des Finanzsektors habe die übrigen Wirtschaftszweige weniger heftig und viel weniger rasch erfasst, als man hätte befürchten müssen, meint der SNB-Chef.


Jahreswachstum von bis zu 2,0 Prozent erwartet
Für die Schweiz prognostiziert die SNB weiter ein Wachstum 2008 von 1,5 – 2,0%, nach rund 3% im vergangenen Jahr. Für die Verlangsamung, die sich im ersten Quartal 2008 deutlich manifestiert hat, sieht Roth drei Gründe. Erstens sei die wirtschaftliche Aktivität im letzten Jahr deutlich höher gelegen als normal, so dass ein Nachlassen nicht nur unausweichlich, sondern auch wünschenswert gewesen sei. «Die Verlangsamung mindert die Gefahr einer Überhitzung. Sie ist die Folge der Normalisierung der Geldpolitik, die wir seit mehreren Jahren betreiben», so Roth wörtlich. Zweitens habe die Abflachung bei den Exporten die Entwicklung der verarbeitenden Industrie gebremst und dadurch die Verlangsamung verstärkt. Drittens hätten die Schwierigkeiten an den Finanzmärkten zu einem deutlichen Rückgang der Börsengeschäfte geführt und so die Wertschöpfung im Bankensektor beeinträchtigt.


Binnennachfrage nach wie vor robust
Die Abschwächung bei der Produktion habe jedoch nicht alle Bereiche erfasst. So hätten der Detail- und Grosshandel, das Gastgewerbe und der Bereich Transporte und Kommunikation weiterhin ein starkes Wachstum verzeichnet. Daraus lasse sich ersehen, dass die Binnennachfrage insgesamt immer noch robust sei. In den kommenden Quartalen dürfte das Wachstum der Nachfrage und der Produktion zwar anhalten, aber moderater ausfallen, meint die SNB. Die hohen Preise für Erdölprodukte und die Unsicherheiten in Zusammenhang mit der Krise am US-Immobilienmarkt würden die Wirtschaft «zweifelsohne anhaltend belasten». Der Konsum der privaten Haushalte und die Ausrüstungsinvestitionen dürften dagegen weiterhin zunehmen.


Wirtschaftliche Aktivität deutlich verlangsamt
Bei der Prognose 2008 handle es sich um einen Durchschnittswert, der vom starken Wachstum im zweiten Semester 2007 getrieben werde. Er lenke denn auch tendenziell davon ab, dass eine doch deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität eingetreten sei, und dass das Quartalswachstum für den Rest dieses Jahres unter dem Potenzial liegen werde.


Kreditnachfrage im Grossen und Ganzen unverändert
Ein wichtiger Faktor für das weitere Wachstum sind auch die Kredite der Banken. Die SNB hat in einer Umfrage in diesem Frühjahr dazu folgendes festgestellt. Erstens haben die Banken die Bedingungen für die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen in den letzten Monaten «nicht substanziell verschärft». Zweitens geben die Banken an, dass die «Kreditnachfrage im Grossen und Ganzen unverändert» bleibt. Drittens erwarten sie in den nächsten Monaten «weder beim Angebot noch bei der Nachfrage bedeutende Änderungen». Im Gegensatz zu ähnlichen Nachforschungen in den USA und in der Eurozone zeige die SNB-Umfrage, dass die Kreditkrise in der Schweiz bis jetzt zu keiner Verschlechterung der Kreditbedingungen geführt habe, zieht Roth beruhigende Schlussfolgerungen. (awp/mc/ps)

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