SPD: Beck weg – Müntefering zurück – Steinmeier Kandidat

Becks Abgang Beck habe in einer Sitzung erklärt, dass er nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehe. Medienberichten zufolge war Beck nur wenige Minuten vor Ort und verschwand ungesehen durch einen Hintereingang. Bei der anschliessenden Pressekonferenz gibt Steinmeier Becks Rücktritt bekannt.


Steinmeier übernimmt
Dass Kurt Beck, der als Parteichef das erste Zugriffsrecht auf den Posten hatte, die SPD selbst in die Wahl 2009 führen würde, glaubt schon lange vor dem Wochenende keiner mehr. Der geborene Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel heisst Steinmeier. Nun wollte er auch offiziell ins Rennen geschickt werden, macht Druck. Er selbst habe Becks Vorvorgänger Franz Müntefering als Nachfolger vorgeschlagen, sagte Steinmeier. Das Präsidium sei diesem Vorschlag gefolgt, und Müntefering sei bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Steinmeier kündigte an, er selbst werde die Partei vorerst als Interimsvorsitzender führen, bis ein Sonderparteitag den neuen Vorsitzenden wähle.


Klausurtagung
Die Bombe platzte kurz vor der Klausur der SPD-Spitze am Sonntag. Am Samstagabend wurde publik: Steinmeier wird Kanzlerkandidat. Der Aussenminister hatte nicht länger warten wollen und auf seine Ernennung gedrängt. An seiner Seite unter anderem die SPD-Granden Helmut Schmidt und Gerhard Schröder. Auf der SPD-Klausur im schicken Resort Schwielowsee in Brandenburg wollte sich die SPD eigentlich in Ruhe auf ihren Wahlkampf vorbereiten: Beck und Steinmeier wollten als künftiges Führungstandem ihr Eckpunktepapier für den Wahlkampf 2009 vorstellen. Fraktionschef Peter Struck sollte ein Konzept zur Entlastung der Bürger von der Energiekostenexplosion vorlegen.


Guter Start
Im Resort Schwielowsee schien die Stimmung zunächst gut. Der Abgeordnete Klaas Hübner vom Seeheimer Kreis verkündete triumphierend: «Das ist ein guter Tag für die SPD, ein guter Tag für Deutschland.» Der geeignete Zeitpunkt für die Kür des Kandidaten war gefunden. Denn «die Kanzlerin hat den Wahlkampf eröffnet am vergangenen Freitag und wir haben darauf heute angemessen reagiert». Merkel hatte als Wunschpartner für die nächste Legislaturperiode offiziell die FDP genannt.


Krisensitzung
Hübner war in Schwielowsee für lange Zeit der letzte, der mit froher Miene gesehen wurde. Zu Tagungsbeginn fehlten die Protagonisten: Beck und Steinmeier. Struck, der wenige Minuten zuvor auf seinem Motorrad angereist war, sprang in den nächsten Wagen und verschwand gleich wieder. Die Gerüchteküche begann zu brodeln. Angeblich berieten Beck, Steinmeier und Struck mit Finanzminister Peer Steinbrück und Generalsekretär Hubertus Heil sowie der Parteilinken Andrea Nahles in einer Villa drei Kilometer vom Hotel entfernt. Der offizielle Auftakt der Klausur verschob sich um zwei Stunden.


Abgang durch die Hintertür
Als die Führungsriege schliesslich im Resort eintraf, war den Gesichtern schon zu entnehmen, dass dies nicht die fröhliche Krönungsmesse für Steinmeier werden würde. Gequält lächelte Steinmeier in die Kameras, Nahles schaute sauertöpfisch drein – und Beck fehlte. Erst Minuten später wurde er dabei ertappt, wie er sich durch den Hintereingang auf der Seeseite stahl. Knapp 20 Minuten später fuhr er beinahe unbemerkt wieder davon – seines Amtes beraubt.


Münteferings Comeback
Schon seit einiger Zeit wurde Exkanzler Müntefering für eine herausgehobene Rolle in seiner Partei gehandelt. Seine Rückkehr auf die politische Bühne nach dem Tod seiner Frau Ankepetra hatte Beck schmallippig mit den Worten «Herzlich willkommen» kommentiert. Andere waren da euphorischer, vor allem die Organisation des Wahlkampfes 2009 traute man ihm zu. Doch als Führungsfigur? Man müsse «mit neuen Leuten einen Neuanfang» wagen, verlautete aus der Führungsspitze.


Zurück auf Schröder-Kurs
Nun soll der 68-Jährige es wohl doch noch einmal richten. In dem sich abzeichnenden Szenario würde Steinmeier vorübergehend den Parteivorsitz übernehmen und Müntefering auf einem Sonderparteitag als neuer Chef gewählt werden. Damit wäre auch eine Richtungsentscheidung getroffen, für die Fortsetzung des unter Kanzler Gerhard Schröder begonnenen Reformkurses. (mc/ps)

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