Uneinigkeit der Sozialpartner zu ALV-Abzügen

Nach Ansicht der Grünen, der SP, der EVP, der CSP und der Gewerkschaften ist die 4. ALV-Revision, die am 26. September an die Urne gelangt, keine ausgewogene Vorlage. Das einfache Volk und der Mittelstand würden die Zeche für eine verfehlte Politik gleich dreifach bezahlen, sagte SP-Präsident Christian Levrat am Montag vor den Medien in Bern. «Sie haben für die UBS bezahlt, sie zahlen für die Sanierung der Arbeitslosenversicherung und müssen gleichzeitig Leistungskürzungen hinnehmen», sagte er. Die Manager, die mit ihrem Tun die Krise ausgelöst hätten, würden jedoch zu wenig bezahlen.


Solidaritätsprozent
Levrat spielt damit auf den Mechanismus an, mit dem die ALV heute finanziert ist: Bis zu einem Einkommen von 126’000 CHF bezahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber heute gemeinsam 2%. Auf Lohnanteilen, die darüber liegen, fallen keine ALV-Abzüge an. Die Versicherung, die bis Ende Juni 7 Mrd CHF Schulden angehäuft hat, soll nun mit einer Erhöhung der Lohnabzüge um 0,2% auf allen Einkommen bis 126’000 CHF saniert werden. Bis die Schulden getilgt sind, würde auf Löhnen von 126’00 bis 315’000 CHF zudem ein Solidaritätsprozent erhoben.


Prügelknabe Brady Dougan 
Damit würden jährliche Mehreinnahmen von 650 Mio CHF generiert. Weitere 620 Mio CHF sollen über Leistungskürzungen eingespart werden. Nach Ansicht der Gewerkschaften, der linken Parteien und der EVP wären diese Einsparungen hinfällig, wenn die Abzüge auf den gesamten Löhnen erhoben würden – also auch auf Lohnanteilen, die über 315’000 Franken liegen. Damit würden rund 600 Mio CHF in die ALV gespült und der Leistungsabbau unnötig. Levrat bezeichnete es als ungerecht, dass er und der Grossteil der Bevölkerung auf dem Lohn 2,2% ALV-Abzüge bezahlen muss, während etwa der Chef der Credit Suisse (CS) Brady Dougan nur 0,005% des Lohnes an die Sozialversicherung zahlt.


Arbeitgeber: «Gewerkschaften tricksen bewusst»
Wie die Arbeitgeber an einer Medienkonferenz vom Montag deutlich machten, halten sie nichts von Beiträgen auf dem Gesamtlohn. Mit Aufhebung des Plafonds bei den ALV-Beiträgen würde der Versicherungscharakter ausgehöhlt und immer mehr Umverteilung betreiben, sagte der Thurgauer Unternehmer und SVP-Nationalrat Peter Spuhler. Ausserdem reiche das so gewonnene Geld nicht aus, um die Arbeitslosenversicherung auf eine gesunde Basis zu stellen. Die Gewerkschaften würden bei den Zahlen «bewusst tricksen». Der Luzerner Unternehmer und FDP-Nationalrat Otto Ineichen zeigte sich verärgert darüber, dass die Gegner der ALV-Revision während des Abstimmungskampfes Vorschläge vorbringen, die bei den Beratungen im Parlament noch nicht genannt worden seien. Zudem werde mit diesem Vorschlag das Problem der ALV nicht aus der Welt geschaffen.


Absage an «Abzocker»-Diskussion
Ineichen kritisierte die Gewerkschaften und die linken Parteien ausserdem dafür, die «Abzocker-Debatte» weiter zu köcheln. Sie sollten endlich mit der «Abzocker»-Diskussion aufhören, sagte er mit Verweis auf die Plakatkampagne des Referendumskomitees. Dieses wirbt mit dem Slogan «Abzocker belohnen – das Volk bestrafen?». Mit dieser Debatte schaffe man nur «neue Unzufriedenheiten». Laut den Vertretern des Arbeitgeberverbandes würde ein Nein an der Urne eine Erhöhung der ALV-Beiträge auf 2,5 Lohnprozente nach sich ziehen. Das sei schlecht, sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Exportwirtschaft. Erstere hätten weniger Geld im Portemonnaie, letztere einen Wettbewerbsnachteil wegen höherer Kosten. «Dies würde den Aufschwung schwächen», sagte Ineichen. (awp/mc/ps/17)

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