US-Schluss: Uneinheitlich – Nervosität wegen Finanzkrise, Ölpreis

Zunächst hatten anhaltenden Sorgen über die Finanzkrise den Dow Jones noch bis auf den tiefsten Stand seit Juli 2006 bei 10.828 Punkten gedrückt. Der Einbruch beim Ölpreis um bis zu 11 US-Dollar liess zeitweise den gesamten Aktienmarkt ins Plus drehen. Die Anhörung von US-Notenbankchef Ben Bernanke vor dem US-Kongress und Aussagen von Finanzminister Henry Paulson hätten zusätzliche Nervosität in den Markt gebracht, wirkten aber laut Händlern schliesslich neutral.


Die Standardwerte-Indizes knüpften an ihre Schwäche der Vortage an und der Dow Jones Industrial schloss mit minus 0,84 Prozent bei 10.962,54 Punkten den dritten Tag in Folge tiefer. Der breiter gefasste S&P-500-Index verlor 1,09 Prozent auf 1.214,91 Punkte und notierte auf dem tiefsten Stand seit November 2005. An der technologielastigen NASDAQ-Börse ging es für den Composite-Index um 0,13 Prozent auf 2.215,71 Zähler hoch. Der NASDAQ 100 gewann 0,02 Prozent auf 1.798,35 Punkte.


Finanztitel blieben weiter im Fokus der Börsianer. Nach dem Zusammenbruch der Hypotheken- und Bausparbank IndyMac vor dem Wochenende fürchten einige Anleger weitere Pleiten – dies hatte bereits am Vortag vor allem die Aktien der Regionalbanken unter Druck gesetzt. Diesmal stand die viertgrösste US-Bank Wachovia im Fokus, deren Aktien 7,72 Prozent auf 9,08 Dollar verloren. Das im Verlauf markierte Rekordtief der Aktien lag bei 7,80 Dollar – Anfang Mai wurden noch mehr als 31 Dollar für die Papiere bezahlt. Ein renommierter Analyst von Oppenheimer habe das Papier in Erwartung steigender Verluste der Bank abgestuft, nachdem weitere Probleme mit Hypotheken befürchtet würden, begründeten Börsianer das Minus.


Tagesverlierer im Dow waren Aktien des Versicherers American International Group (AIG), die 8,87 Prozent auf 20,55 Dollar verloren. Hier verwiesen Börsianer auf den Kommentar eines Analysten von Wachovia, der die Aktien wegen Sorgen um das Kreditportfolio des Versicherers abgestuft und die Prognosen gesenkt hatte. Aktien der Investmentbanken tendierten unterdessen uneinheitlich. Während Merrill Lynch 4,60 Prozent auf 24,69 Dollar abgaben, zählten Lehman Brothers mit plus 6,61 Prozent auf 13,22 Dollar zu den Tagesgewinnern. Laut «New York Post» erwägt Lehman einen Rückzug von der Börse. Grund für die ernsthaften Überlegungen seien die jüngsten Gerüchte und Spekulationen um Liquiditätsprobleme.


Unterdessen haben die über das Wochenende bereit gelegten Pläne der US-Regierung und der Notenbank zur Stützung der grössten Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac den Markt nur kurz beruhigt, wie Händler betonten. Nachdem sich bereits am Vortag einige Analysten zurückhaltend geäussert hatten, nahm nun die Ratingagentur Moody’s ihre Bonitätseinschätzung zurück. Zudem seien Anleger besorgt, dass eine Rettungsaktion des Staates ihre Anteile verwässern könnte, sagten Händler. Aktien von Fannie Mae büssten 27,34 Prozent auf 7,07 Dollar ein, Freddie Mac verloren 26,02 Prozent auf 5,26 Dollar.


Johnson & Johnson reagierten hingegen mit einem Plus von 1,94 Prozent auf 67,70 Dollar auf die Bilanzvorlage und die Anhebung der Gewinnprognose für das Gesamtjahr. Im zweiten Quartal hatte der Pharma- und Medizintechnik-Konzern mehr verdient und umgesetzt als von Analysten erwartet. Ausserhalb des Dow sprangen Genentech um 5,12 Prozent auf 79,25 Dollar hoch. Das amerikanische Biotechnologie-Unternehmen hatte ebenfalls seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr erhöht. Im zweiten Quartal war der Gewinn jedoch nicht so deutlich gestiegen wie von Experten erwartet.


Tagesgewinner im Dow waren General Motors (GM) mit plus 4,90 Prozent auf 9,84 Dollar. Der seit Jahren mit Milliardenverlusten kämpfende US-Autobauer zieht die Notbremse und weitet den Stellenabbau sowie sein Sparprogramm nochmals massiv aus. Die GM-Aktie fiel zeitweise bis auf 8,81 US-Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als fünf Jahrzehnten, konnte sich anschliessend allerdings deutlich erholen. (awp/mc/ps/01)

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