US-Versicherer AIG führt Rettungsgespräche

Ein Zusammenbruch des Versicherungsriesen würde laut Experten neue Schockwellen an den Finanzmärkten auslösen. Möglich sei daher ein zusätzlicher Einstieg des Staates in einige derzeit schwer verkäufliche Konzernsparten, berichtete am Mittwoch die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Der Konzern verhandelt zudem in seiner Not mit dem Staat über eine Umschuldung der bereits enormen Hilfen von 150 Milliarden Dollar.


Rekordverlust droht
Die US-Notenbank Fed hatte AIG erst Mitte September in letzter Minute vor dem Zusammenbruch bewahrt. Im Gegenzug erhielt der Staat praktisch 80 Prozent der Anteile. An der Börse ist AIG weiter im freien Fall. Die Aktie verlor in den vergangenen zwölf Monaten 99 Prozent ihres Werts auf zuletzt nur noch 0,41 Dollar. Der Versicherer hat im vergangenen Quartal Berichten zufolge einen Rekordverlust von rund 60 Milliarden Dollar erlitten – dies wäre das grösste Minus eines US-Konzerns aller Zeiten. Der Jahresverlust für 2008 würde sich damit auf fast 100 Milliarden Dollar (78 Mrd Euro) addieren. Die Bilanz soll wohl nächste Woche präsentiert werden.


Stress-Test
Vom AIG-Schicksal hängen viele Finanzkonzerne weltweit ab. Der Versicherer steht hinter grossen Mengen komplexer Wertpapiere und Kreditpolicen auf den Finanzmärkten. Auch die ausufernden Probleme der US-Grossbank Citigroup belasten die Branche. Die zwei Riesen zählen weltweit zu den grössten Verlierern der Finanzkrise. Für zusätzliche Ungewissheit sorgt der von der US-Regierung von diesem Mittwoch an geplante «Stress-Test» für führende amerikanische Finanzkonzerne. Das Finanzministerium will prüfen, wie belastbar die Institute bei einer weiteren Verschärfung der Krise wären. Je nach Ergebnis sollen weitere Kapitalspritzen für die Banken folgen.


Verkaufschancen verschlechtert
Wegen der Wirtschaftskrise haben sich die Verkaufschancen für AIG-Teile massiv verschlechtert. So könne ein erstes Gebot für das US- Lebensversicherungsgeschäft des Konzerns von elf auf acht Milliarden Dollar sinken, berichtete die «New York Times». Zu den Interessenten zähle auch der zweitgrösste Versicherer AXA .


Umwandlung von staatlich gehaltenen Vorzugsaktien?
Mit der Regierung verhandelt AIG laut den Berichten auch über eine Umwandlung von staatlich gehaltenen Vorzugsaktien im Wert von rund 40 Milliarden Dollar in stimmberechtigte Stammaktien. Der Vorteil für AIG: Dies würde die Kapitalbasis stärken und der Konzern würde zudem die zehnprozentige Dividende in Milliardenhöhe sparen. Die US-Regierung und Notenbankchef Ben Bernanke hatten zuletzt mehrfach auf die Aktienumwandlung als Hilfe für bereits gestützte Finanzkonzerne hingewiesen. Auch bei der Citigroup wird darüber spekuliert. Anteil und Einfluss des Staates würden so in den Konzernen weiter steigen. Experten streiten derzeit, ob dies bereits eine Teilverstaatlichung ist oder eine Beteiligung als Grossaktionär. (awp/mc/pg/24)

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