Finanzplatz: Banken sollen Steuersünder anhand von Indizien erkennen

Finanzplatz: Banken sollen Steuersünder anhand von Indizien erkennen

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf.

Bern – Im Kampf gegen Steuersünder sollen die Banken mehr Verantwortung übernehmen. Künftig sollen sie nicht mehr nur an Geldwäscherei, sondern auch an Steuerdelikte denken müssen, wenn sie Kundengelder annehmen. Die Pläne sind Teil der Finanzplatzstrategie: Im Dezember hatte der Bundesrat angekündigt, dass er neue Sorgfaltspflichten für Banken einführen und gleichzeitig internationale Empfehlungen im Kampf gegen die Geldwäscherei umsetzen wolle. Am Mittwoch hat er nun zwei Vorlagen mit Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung geschickt.

Banken sollen künftig prüfen müssen, ob bei einem Kunden ein erhöhtes Risiko vorliegt. Führt die Prüfung zum Verdacht, dass der Kunde unversteuertes Geld anlegen will, muss die Bank die Annahme des Geldes verweigern. Zeigt sich, dass ein schweres Steuerdelikt vorliegt, muss sie dies der Meldestelle gegen Geldwäscherei melden.

Wunsch nach erhöhter Diskrepanz als Indiz
Die Sorgfaltspflichten sollen sich nach dem Risiko richten. Dieses wiederum muss die Bank anhand bestimmter Anhaltspunkte prüfen. Der Bundesrat will die wichtigsten im Gesetz verankern. Von einem grösseren Risiko muss eine Bank etwa ausgehen, wenn der Kunde erhöhte Diskretion oder Geldanlagen in komplexen Strukturen wünscht.

Von einem verminderten Risiko darf die Bank dagegen ausgehen, wenn die Schweiz mit dem Wohnsitzland des Kunden ein Steuerabkommen mit Abgeltungssteuer abgeschlossen hat – derzeit also bei britischen oder österreichischen Kunden.

Auch eine glaubwürdig ausgestaltete Selbstdeklaration könne ein Anhaltspunkt für ein steuerkonformes Verhalten sein, schreibt der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassung. Auf eine Selbstdeklarationspflicht will der Bundesrat verzichten, wie er bereits im Dezember beschlossen hatte.

Auch Schweizer Kunden betroffen
Betroffen sind nicht nur ausländische, sondern grundsätzlich alle Kunden. Allerdings können die Banken eine Person mit festem Wohn- und Arbeitsort in der Schweiz ohne vertiefte Abklärungen als steuerehrlich einstufen, wenn nichts darauf hinweist, dass die Gelder unversteuert sein könnten.

Das Risiko prüfen müssen die Banken ausschliesslich bei neuen Kunden: Abklärungen zu bestehenden Konten sind nur dann nötig, wenn ein Verdacht vorliegt. Würde der Bundesrat eine Überprüfung sämtlicher Konten verlangen, würde er seine eigene Strategie unterlaufen, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf dazu. Er wolle die Probleme der Vergangenheit mit Steuerabkommen lösen.

Ferner geht es nur um grössere Beträge: Bei Vermögenswerten «von geringem Wert» müssen die Banken die Sorgfaltspflichten nicht einhalten. Die Details sollen jedoch die Banken selbst regeln, wie bei der Bekämpfung der Geldwäscherei. Ob die Selbstregulierung den Anforderungen entspricht, würde die Finanzmarktaufsicht (FINMA) prüfen.

Steuerbetrug ab 600’000 Franken als Verbrechen
Steuerdelikte stehen auch bei den neuen Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Zentrum: Steuerbetrug im Umfang von mindestens 600’000 Franken soll neu als Vortat zu Geldwäscherei gelten. Der Betrag sei «nicht in Stein gemeisselt», sagte Widmer-Schlumpf. Darüber könne in der Vernehmlassung nun diskutiert werden.

Steuerbetrug liegt dann vor, wenn zum Zweck der Steuerhinterziehung entweder gefälschte Urkunden verwendet wurden oder die Steuerbehörde arglistig getäuscht wurde. Geht es um mindestens 600’000 Franken, handelt es sich nach dem Vorschlag des Bundesrates um qualifizierten Betrug – ein Verbrechen und damit eine Vortat zur Geldwäscherei.

Bald will der Bundesrat seine Vorschläge für eine Revision des Steuerstrafrechts vorlegen. Dort geht es um die Frage, für welche Steuerdelikte künftig welche Strafen drohen.

Strengere Regeln für Immobilienkäufe
Zur Bekämpfung der Geldwäscherei will der Bundesrat weiter eine Meldepflicht für Inhaber- und Namensaktionäre von nicht-börsenkotierten Firmen einführen.

Ausserdem schlägt er vor, dass Käufe von Immobilien und beweglichen Sachen wie Luxusgütern nur noch bis zu einem Betrag von 100’000 Franken in bar getätigt werden dürfen. Zahlungen höherer Beträge müssen zwingend über einen Finanzintermediär abgewickelt werden, der dem Geldwäschereigesetz unterstellt ist.

Mit den schärferen Regeln gegen Geldwäscherei will der Bundesrat die revidierten Empfehlungen der internationalen GAFI-Gruppe umsetzen. Die Schweiz gehöre heute bereits zu den führenden Ländern bei der Bekämpfung der Geldwäscherei, betonte Widmer-Schlumpf. Der internationalen Standard entwickle sich aber weiter. Die Vernehmlassung zu beiden Vorlagen dauert bis zum 15. Juni. (awp/mc/upd/ps)

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