EZB nimmt Risiken von Mini-Inflation sehr ernst

EZB nimmt Risiken von Mini-Inflation sehr ernst

EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

Sintra – Die EZB blickt mit Sorge auf mögliche Gefahren der Mini-Inflation für die Konjunktur im Euroraum und hat ihre Bereitschaft zum Handeln bekräftigt. «Wir sind uns bewusst, dass eine zu lange Periode niedriger Inflationsraten Risiken birgt», sagte EZB-Präsident Mario Draghi zum Abschluss der ersten grossen Notenbank-Konferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) im portugiesischen Sintra. Draghi bekräftigte, die EZB werde im Rahmen ihres Mandates ihren Beitrag zu einem stabilen Umfeld in Europa leisten: «Die EZB wird alles tun, was möglich ist.»

Am Montag hatte Draghi betont, die EZB werde «nicht zulassen, dass die Inflation zu lange auf zu niedrigem Niveau bleibt». Die Teuerung im Euroraum ist seit Monaten sehr niedrig, im April lag sie bei 0,7 Prozent. Einige Ökonomen warnen daher vor Deflation – also einem Preisverfall auf breiter Front, der die Konjunktur abwürgen könnte. Draghi zeigte sich überzeugt, dass sich die Teuerung mittelfristig wieder dem EZB-Stabilitätsziel von knapp unter 2,0 Prozent annähern wird. Aber die Notenbank müsse bereit sein, notfalls einzugreifen.

Weitere Lockerung der Geldpolitik erwartet
Beobachter rechnen damit, dass die Währungshüter bei ihrer nächsten Zinssitzung am 5. Juni in Frankfurt ihre Geldpolitik nochmals lockern werden. Als wahrscheinlich gilt eine weitere Senkung des Leitzinses – wahrscheinlich von 0,25 auf 0,15 Prozent. Zudem könnte die EZB Strafzinsen auf Gelder erheben, die Banken bei der Notenbank parken. Draghi machte in Sintra jedoch auch deutlich, wie schwierig eine Entscheidung angesichts der unterschiedlichen Situationen ist, in denen sich die Euro-Volkswirtschaften befinden.

Krugman für höhere Inflationsziele
In Sintra diskutierten von Sonntag bis Dienstag 150 Notenbanker, Ökonomen und Politiker über den Kurs der Geldpolitik. Der US-Ökonom Paul Krugman sprach sich für höhere Inflationsziele aus. «Es gibt zunehmend Indizien dafür, dass Volkswirtschaften, die in einen starken Abschwung mit niedriger Inflation geraten, allzu leicht in eine ökonomische und politische Falle geraten», sagte der Wirtschaftsnobelpreisträger.

In einem solchen Fall hielten sich wirtschaftliche Schwäche und niedrige Inflation gegenseitig in Gang. «Deshalb kann ein relativ hohes Inflationsziel in normalen Zeiten als Versicherung angesehen werden – als ein Weg, mögliche sehr schlechte Folgen zu verhindern», sagte Krugman. (awp/mc/pg)

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