EY: Überwiegend positive Stimmung – Banken zeigen grosses Vertrauen in die Schweizer Wirtschaft

EY: Überwiegend positive Stimmung – Banken zeigen grosses Vertrauen in die Schweizer Wirtschaft
Patrick Schwaller, Managing Partner Audit Financial Services bei EY in der Schweiz. (Bild: EY)

Zürich – Der EY Bankenbarometer 2024 zeigt: Schweizer Banken blicken insgesamt auf einen erneut sehr erfolgreichen Geschäftsgang zurück. Für 2023 erwarten 96% der befragten Institute eine Steigerung der operativen Ergebnisse – dieser Rekordwert liegt nochmal um 18 Prozentpunkte höher als im letzten Jahr. Die Banken haben grosses Vertrauen in ihre Stärken und zeigen sich auch für die absehbare Zukunft äusserst zuversichtlich. 87% der befragten Banken prognostizieren für die kurzfristige Zukunft wachsende Erträge. Auf lange Sicht rechnen 89% der Institute mit wachsenden Erträgen. Diese positive Stimmung herrscht trotz eines sehr herausfordernden Umfelds, geprägt von geopolitischen Eskalationen, Bankenkonkursen, hartnäckiger Inflation und einer sich abkühlenden Konjunktur. «Hohe Zinsen, tiefe Wertberichtigungen und die resiliente Schweizer Wirtschaft führen im Jahr 2023 zu Rekordergebnissen bei den befragten Banken», sagt Patrick Schwaller, Managing Partner Audit Financial Services.

Wie die Banken die überdurchschnittlichen Gewinne der vergangenen zwei Jahre verwenden wollen, ist durchaus verschieden. Während die Retailbanken die höheren Gewinne vor allem zur Stärkung der Eigenmittel und damit zur Erhöhung der Resilienz zurückbehalten wollen (72% der Regionalbanken sowie 42% der Kantonalbanken), beabsichtigen die Vermögensverwaltungsbanken durchaus auch Investitionen in die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle (38% der Auslandsbanken sowie 30% der Privatbanken). Nur 8% der befragten Banken wollen in die Verbesserung des Kundennutzens investieren, was vor dem Hintergrund der steigenden Kundenerwartungen und der Erhöhung der Komplexität der Kundenanfragen durchaus erstaunt. «Die Schweizer Banken blicken auf zwei sehr erfolgreiche Geschäftsjahre zurück. Nun gilt es, die Weichen für die Zukunft zu stellen und in eine vorausschauende Weiterentwicklung zu investieren», sagt Olaf Toepfer, Partner, Leiter Banking & Capital Markets.

Vertrauen in den Schweizer Immobilienmarkt und in die KMU
Die weiterhin grosse Nachfrage im Immobilienmarkt, die auf eine stabile Nettozuwanderung und eine rückgängige Bautätigkeit zurückzuführen ist, scheint insbesondere die Preise im Wohnbausegment nach wie vor zu stützen. Die Schweizer Banken antizipieren keinen Trendwechsel und zeigen weiterhin grosses Vertrauen in die Resilienz des Immobilienmarkts, denn nur gerade 22% der befragten Institute gehen kurzfristig von einem steigenden Wertberichtigungsbedarf für Wohnbaufinanzierungen aus (Vorjahr: 31%). Damit liegt dieser Wert deutlich unter demjenigen des Vorjahres. Der Langzeitvergleich dieser Frage zeigt, dass sich der Schweizer Wohneigentumsmarkt in den vergangenen Jahren stets als robuster als erwartet erwies. Infolge der Corona-Pandemie 2020 erwarteten beispielsweise noch 58% der befragten Institute einen kurzfristig höheren Risikovorsorgebedarf für Wohneigentumsfinanzierungen.

Auch das Vertrauen der befragten Banken in die Schweizer KMU steigt deutlich: Im Bereich der KMU-Finanzierungen gehen nur noch 42% der Banken von steigenden Kreditausfällen in den kommenden Jahren aus. Das sind 17 Prozentpunkte weniger als noch im Vorjahr. «Dies ist vor dem Hintergrund des anspruchsvollen Umfelds mit verschärften Finanzierungsbedingungen, abkühlender Konjunktur und geopolitischen Eskalationen durchaus bemerkenswert. Die Banken haben ein grosses Vertrauen in die Widerstandskraft der heimischen Wirtschaft», sagt Patrick Schwaller.

Die Auswirkungen der Grossbankenübernahme
Die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS hat einen wichtigen Beitrag zur Stabilität der Finanzmärkte geleistet und so auch das Vertrauen in den Schweizer Finanzplatz wieder gestärkt. Die Folgen dieser Übernahme werden die Schweizer Banken vermutlich noch länger beschäftigen. Als Folge dieser Neuordnung wurde beispielsweise die Befürchtung laut, dass sich gerade im Firmenkundengeschäft eine Angebotslücke im Sinne einer Kreditverknappung auftun könnte. Kurzfristig ist nicht davon auszugehen. Die Mehrheit der befragten Banken (66%) geht jedoch davon aus, dass es mittel- bis langfristig durchaus auch zu Anpassungen des Angebots im Firmenkundengeschäft kommen kann. Davon wären dann vermutlich in erster Linie die mittelgrossen Unternehmungen, welche über keinen eigenen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten verfügen, betroffen.

Darüber hinaus sind sich sämtliche Banken einig, dass die Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS zu Verschärfungen der Finanzmarktregulierung führen wird. Im Vordergrund stehen hier insbesondere strengere Anforderungen bei den Liquiditäts- und Eigenmittelvorschriften (62, beziehungsweise 40%) sowie eine verstärkte Aufsichtstätigkeit der FINMA (67%). Inwiefern sich so Vertrauen tatsächlich nachhaltig regulieren lässt, wird sich jedoch erst noch zeigen müssen.

Schweizer Banken und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz ist definitiv am Schweizer Finanzplatz angekommen – 82% der befragten Institute geben an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Zwar gibt eine Mehrheit der Banken an, sich vorerst auf allgemeine Diskussionen zum Thema zu beschränken, jedoch ist bemerkenswert, dass immerhin ein Drittel der befragten Banken (32%) erste Anwendungsfälle ausgearbeitet oder bereits Pilotprojekte durchgeführt hat. Anwendungen der künstlichen Intelligenz sind jedoch erst bei 6% der befragten Banken bereits operativ im Einsatz. Die Banken sehen solche Anwendungsfälle primär in den Bereichen «Regulatory & Compliance» (54%) sowie in der Prozessautomatisierung (55%) und somit eher im Backoffice als in der Interaktion mit Kunden. Nur 20% der Banken ziehen nämlich zurzeit Anwendungsfälle im Bereich der Kunden- und Anlageberatung in Betracht. «Schweizer Banken müssen sehr sorgfältig darauf achten, dass KI keine Risiken oder Probleme für ihr Institut mit sich bringt, insbesondere wenn es um Kundeninteraktionen, Risikomanagement und Compliance geht», sagt Olaf Toepfer.

Nachhaltigkeit, Greenwashing und Pflicht zur Berichterstattung
Seit geraumer Zeit bauen die Schweizer Banken ihr Produktangebot im Bereich der Nachhaltigkeit aus. Zunächst lag der Fokus auf dem Angebot nachhaltiger Anlagen, doch nun wenden auch immer mehr Banken ESG-Kriterien bei der Kreditvergabe an. Der Anteil der Banken, welcher bei der Kreditvergabe ESG-Kriterien effektiv bereits anwendet, ist von 22% im Vorjahr auf nun 37% markant gestiegen. Weitere 35% beabsichtigen, dies in Zukunft zu tun.

Können die Banken diese Versprechen nicht halten oder fehlen die Daten für einen entsprechenden Nachweis, setzen sich die Institute vermehrt dem Risiko von Greenwashing-Vorwürfen aus. Rund zwei Drittel der befragten Banken sehen darin zwar nach wie vor in erster Linie ein Reputationsrisiko, dennoch ist bemerkenswert, dass Aufsichtsbehörden in führenden Finanzplätzen immer vehementer und zum Teil auch mit hohen Bussen gegen Greenwashing vorgehen.

Als weitere Herausforderung wartet ab dem Geschäftsjahr 2024 die Klimaberichterstattung auf einen Grossteil der Schweizer Banken. Konkret gilt es für alle Banken, die gewisse Grössenkriterien erfüllen, die Empfehlungen der «Task Force on Climate-related Financial Disclosures» (TCFD) in einer öffentlichen Berichterstattung umzusetzen. Zudem hat der Bundesrat angekündigt, dass die obligationenrechtliche Nachhaltigkeitsberichterstattung in noch unbestimmter Zukunft prüfungspflichtig werden soll. Die Erstellung einer Berichterstattung mit prüfbarer Datengrundlage dürfte für viele Banken ein grösseres Projekt werden und den einen oder anderen Stolperstein bereithalten. Beim Thema Nachhaltigkeit sieht denn auch ein Drittel der Banken die grösste operative Herausforderung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. (EY/mc/ps)

Über den EY Bankenbarometer 2024
Für den EY Bankenbarometer 2024 wurden im November 2023 über 100 Schweizer Banken befragt. Die Studie wird seit 2010 durchgeführt, in diesem Jahr zum 14. Mal. 65% der befragten Institute stammen aus der Deutschschweiz, 28% haben ihren Sitz in der Westschweiz und 7% sind im Tessin beheimatet. Die befragten Banken gehören folgenden Kategorien an: Privatbanken (32%), Auslandsbanken (24%), Regionalbanken (26%) und Kantonalbanken (18%).

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