Artur P. Schmidt: Filzokratie à la Paulson

Von Artur P. Schmidt
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Der Mann der Wallstreet
Paulson war von 1999 bis 2006 Vorsitzender und CEO der US-Investmentbank Goldman Sachs, bevor er am 30. Mai 2006 von Präsident George W. Bush Paulson für das Amt des Finanzministers nominiert wurde. Paulson, dessen Vermögenswert auf  700 Millionen US-Dollar geschätzt wird, gilt als Vorzeige-Republikaner, dem – trotz seiner Alibi-Engagements für den Naturschutz und seiner Thematisierung der Kluft zwischen Arm und Reich – vor allem das Wohle der Wallstreet und nicht dasjenige der Steuerzahler am Herzen lag. Sollte sich der Korruptionsverdacht im Zusammenhang mit dem AIG-Bailout jetzt bestätigen, müsste er sich besonders warm anziehen.


Verdacht der Vetternwirtschaft
Der ehemalige US-Finanzminister hatte auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im vergangenen Herbst sehr enge Kontakte zu seinem früheren Arbeitgeber Goldman Sachs. Wie die «New York Times» am 9. August 2009 berichtete, soll sich Paulson auffällig oft mit Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein getroffen haben. Die US-Regierung hatte am 16. September 2009 nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers eingewilligt, den Versicherungsriesen AIG mit 85 Milliarden US-Dollar unter die Arme zu greifen. Hauptprofiteur dieser Staatshilfen war die Investmentbank Goldman Sachs, die sonst 13 Milliarden US-Dollar hätte abschreiben müssen und möglicherweise selbst pleite gegangen wäre. Paulson, der ein Kontaktverbot zu Goldman Sachs, seinem ehemaligen Arbeitgeber besass, soll angeblich bereits vor der Bitte um Aussetzung der ethischen Vereinbarung über ein Kontaktverbot zu Goldman 26 Mal mit Blankfein telefoniert haben. Hier liegt klar der Verdacht der Vetternwirtschaft nahe, bei dem Goldman eine Sonderbehandlung zukam bei dem andere Wettbewerber klar benachteiligt wurden.


Wie man Wettbewerber eliminiert
Scheinbar hatte Goldman stets einen Informationsvorsprung gegenüber der Konkurrenz. Die enge Kooperation von Paulson mit Fed-Chef Ben Bernanke lässt auch diesen in dieser Affäre nicht besonders glücklich aussehen. Bernanke wurde zum Handlanger von Paulson, der seine vorher als CEO bei Goldman zu verantwortenden Fehlinvestments damit kaschieren wollte, dass er seinem früheren Arbeitgeber aus der Patsche half. Paulson hat andere Wettbewerber wie Bear Stearns, Lehman Brothers oder Merrill Lynch bewusst aus dem Markt gedrängt, dagegen jedoch das Überleben seines früheren Arbeitgebers sichergestellt. Die beiden ersten erhielten bekanntlich keinen Bailout und Merrill Lynch wurde in einer sonntäglichen Nacht- und Nebelaktion plötzlich von der Bank of America übernommen.


Erpressung der Bank of America
Wegen der Rolle der Regierung beim Notverkauf von Merrill Lynch an die Bank of America (BoA) kommt der frühere US-Finanzminister immer mehr unter Beschuss. Bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses hatten die Abgeordneten Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke vor kurzem vorgeworfen, Informationen bewusst zurückgehalten und Druck auf die BoA ausgeübt zu haben, um das Geschäft trotz Sorgen über noch grössere Verluste bei Merrill Lynch schnellstmöglich abzuwickeln. «Die Bürger Amerikas, die Anleger und der Kongress wurden im Dunkeln gelassen», sagte der demokratische Vorsitzende des Ausschusses, Edolphus Towns. Wie bei Alleinherrschern üblich wurde die Vereinbarung von Paulson in Rekordzeit durchgeboxt. Ein einmaliger Schildbürgerstreich, der einen lästigen Wettbewerber in Rekordzeit ohne Chance auf eine Sanierung durch Chapter 11 von der Bildfläche verschwinden liess. Dass Paulson die Bank of America-Chefs zusammen mit Ben Bernanke auch noch erpresste, in dem er BoA-Chef Ken Lewis und dessen Führungsriege vor dem Verlust ihrer Jobs warnte, falls Sie sich nicht seinen Vorstellungen anschliessen würden, setzt seinem anmassenden Verhalten noch die Krone auf. Das Paulson als Vorsichtsmassnahme keinen E-Mail-Verkehr hinterlassen hat, zeigt seine kriminelle Energie in dieser Angelegenheit, die noch ein Nachspiel haben dürfte.


Weitere Vergünstigungen
So erhielt Goldman Sachs nicht nur die 13 Milliarden an Geldern der Steuerzahler durch den AIG-Bailout, sondern es wurde der Investmentbank auf dem Gipfel der Krise auch gestattet sich in eine Geschäftsbank zu transformieren, um auf diesem Weg leichter an öffentliche Gelder, die zur Bewältigung der Krise nur Geschäftsbanken gewährt wurden, zu kommen. So erhielt Goldman damals nicht nur staatliche Kreditgarantien, sondern auch 10 Milliarden USD aus dem so genannten Troubled Asset Relief Program. Auch profitierte Goldman vom Aussetzen des Short Sellings gegen seine eigenen Aktien. Das ganze stinkt jedoch zum Himmel: Paulson verteilte an seinen ehemaligen Arbeitgeber Blankoschecks, damit dieser überleben konnte. Dass das ganze Geld, welches man als neue Bank erhielt, nicht in das Kreditgeschäft floss, liegt auf der Hand. Vielmehr bekam man mit der Kapitalauffrischung genügend Geld um wieder in den Eigenhandel mit Wertpapieren im grossen Stil einzusteigen und auf steigende Kurse zu wetten.


Cornern des Programmhandels
Während Goldman die bisher grösste Weltwirtschaftskrise überlebte, sind die meisten seiner Wettbewerber im Finanz-Nirwana untergegangen. Damit gelang es Goldman Sachs, fast den gesamten Programmhandel an der Wallstreet zu cornern und sich in einzelnen Marktsegmenten einen Marktanteil von über 50 % zu sichern. So machte das Unternehmen im letzten Quartal alleine mit Aktienhandel mindestens 100 Millionen USD Gewinn an 46 Handelstagen. Ein neuer Allzeitrekord, der nur möglich ist, wenn man einen Markt komplett beherrscht und Wissen über die gesamte Angebots-/Nachfragestruktur hat. Es scheint, als hätte die Investmentbank Goldman Sachs TARP-Gelder genutzt, die sie eigentlich gar nicht benötigt hätte, um die Märkte zu manipulieren und in den letzten 3 Monaten kräftig mit dazu beigetragen, die Aktienkurse nach oben zu pushen. Wenn sich herausstellt, dass Goldman Sachs Gelder bekommen hat, ohne dass diese dem Unternehmen zugestanden haben, dann muss Paulson sofort wegen Korruptionsverdacht angeklagt werden.





Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit  der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag (www.ewk-verlag.de ) erschienen ist, heisst  «Unter Bankstern».

Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com , www.wallstreetcockpit.com , www.futurescockpit.com und www.optioncockpit.com sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH (www.cockpit.li ). Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.

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