Bankenombudsmann im Jahr 2008 mit Arbeit überhäuft

Emporgeschnellt war die Anzahl der Anfragen wenige Tage nach der Insolvenz der Lehman Brothers am 15. September 2008, wie der Bankenombudsmann Hanspeter Häni an seiner Jahresmedienkonferenz in Zürich mitteilte. Trotz der Aufstockung des Personalbestands und des Beizugs zweier externer Rechtsanwälte hätten Verzögerungen bei der Bearbeitung nicht vermieden werden können. Seit Eröffnung der Ombudsstelle im Jahr 1993 sei das, was 2008 ablief, beispiellos gewesen, sagte Häni.


Pflichtverletzungen durch die Banken
Im Zusammenhang mit den Produkten, die im vergangenen Jahr «Schiffbruch» erlitten, hat der Bankenombudsman teilweise auch Pflichtverletzungen durch Banken erkannt. Diese hätten nämlich solche Produkte auch an Kunden verkauft, die über keine Erfahrung mit Börsengeschäften verfügten und eigentlich äusserst risikoscheu waren, führte der stellvertretende Bankenombudsman Martin Tschan aus. Diesen Kunden – die die Ombudsstelle nicht als «herkömmliche Anleger» sondern als «Sparer im engeren Sinne» definiert – sei von Bankberatern erklärt worden, ihr Produkt sei mindestens so sicher wie die Anlage auf dem Konto. Laut eigenen Angaben wurden auch viele Kunden von der Bank mehrfach angegangen und zum Kauf gedrängt.


Vollständige und umfassende Information
Ein Bankberater müsse seine Kunden aber «vollständig und umfassend über das vorgeschlagene Produkt informieren», sagte Tschan. Viele der «Sparer im engeren Sinn» hätten das Produkt wohl nicht gekauft, wenn sie von der Bank auf Risiken wie etwa das Emittentenrisiko durch eine ausländische Bank aufmerksam gemacht worden seien, glaubt er. Könne die Bank aber nicht belegen, den Kunden richtig aufgeklärt zu haben, sei eine Ersatzpflicht der Bank gegeben.


Banken folgen Konzept der Ombudsstelle nur bedingt
Das Profil solcher «Sparer im engeren Sinne» trifft für Häni bei rund einem Drittel der Anfragen zu den «Lehman Brothers»-Produkten zu. Dem Konzept der Ombudsstelle seien die Banken allerdings nur teilweise gefolgt. Der Ombudsmann, der über keine Weisungsbefugnisse verfügt, habe dies zu akzeptieren. Er müsse es dem Kunden überlassen, sich allenfalls an einen Richter zu wenden.


Während die Anfragen an den Ombudsman im Bereich «Anlagebaratung und Vermögenswerwaltung» stark zunahm und fast die Hälfte ausmachte, entwickelten sie sich bei anderen Sachgebieten deutlich weniger dramatisch. Insgesamt konnte die Ombudsstelle bei rund der Hälfte aller Anfragen ohne Rückfrage bei der Bank eine abschliessende Antwort erteilen. Wo die Stelle allerdings intervenierte, habe die Bank ihr Verhalten in 50% der Fälle voll oder zum Teil korrigiert, sagte Häni.


413 Anträge zu nachrichtenlosen Vermögen
Bei der Suche nach nachrichtenlosen Vermögen wurden an den Ombudsman im letzten Jahr 413 (2007: 450) ausgefüllte Fragebogen gesandt. Nach erfolgter Prüfung wurden davon 375 (2007: 449) als ausreichend legitimiert beurteilt. Insgesamt hätten den Berechtigten 2,25 Mio CHF und zwei Schliessfächer zugänglich gemacht werden können.


Anfragen auch im laufenden Jahr auf hohem Niveau
Auch im laufenden Jahr befinden sich die Anfragen an den Bankenombudsman noch auf hohem Niveau: Derzeit sei man noch auf dem zweieinhalbfachen Niveau wie vor der Krise, sagte Häni. Von Kunden mit USA-Bezug, denen von ihrer Bank die Kundenbeziehung gekündigt wurde, sei rund ein Dutzend Anfragen eingegangen. Diesen könne man aber nicht helfen, sagte der Ombudsman: Es gebe eben Vertragsfreiheit in der Schweiz. (awp/mc/pg/12)

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