Bundesgericht gesteht Kantonen weiten Spielraum in Steuerpolitik zu

Dies geht aus der am Mittwoch veröffentlichten schriftlichen Begründung des Urteils vom 1. Juni 2007 hervor. Damals hatte das Gericht den Obwaldner Einkommens- und Vermögenstarif aufgehoben, weil dieser degressive Elemente enthielt. Damit verletze Obwalden verfassungsmässige Grundsätze, befanden die Lausanner Richter. Wenn die durchschnittliche Steuerbelastung trotz steigendem Einkommen oder Vermögen sinke, werde das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit missachtet.


Obwalden: «Keine Überraschung»
Für den Obwaldner Regierungsrat stellt die schriftliche Begründung des Urteils keine Überraschung dar, wie er mitteilte. Die Kantonsregierung hatte kurz nach dem Urteilsspruch reagiert und einen verfassungskonformen Übergangstarif für 2007 beschlossen. Auf 2008 setzt Obwalden statt auf die unzulässigen degressiven Tarife mit der «Flat Rate Tax» auf proportionale. In seinem Urteil schliesst das Bundesgericht nur eine degressive Besteuerung aus.


Weiter Spielraum bei Tarif-Gestaltung
Zur «Flat Rate Tax» beschränkt sich das Gericht auf einige wenige Zeilen. Es weist darauf hin, dass diese in jüngerer Zeit von Theoretikern nicht mehr ausgeschlossen werde. Das Bundgesgericht überlässt dem Gesetzgeber ausdrücklich einen weiten Spielraum darin, wie er die Tarife gestaltet. Auch beanstandet es weder den Steuerwettbewerb noch die Absicht, die Einkommens- und Vermögenssteuer als Instrument zu benutzen, wirtschafts- und sozialpolitische Zwecke zu fördern.


Verfassungsrichter soll Gleichbehandlung durchsetzen
Es sei aber Aufgabe des Verfassungsrichters, dafür zu sorgen, dass der verfassungsmässige Anspruch auf Gleichbehandlung nicht unter dem Titel «Steuerwettbewerb» oder «Wirtschaftsförderung» verletzt werde, umschreibt das Bundesgericht seine Aufgabe. Vor allem die SVP und die FDP hatten das Urteil zu den degressiven Steuern als unzulässigen Eingriff in die Politik kritisiert.


Die drei erfolgreichen Beschwerdeführer waren von der angefochtenen degressiven Steuer nicht direkt benachteiligt. Dies ist gemäss Bundesgericht auch gar nicht nötig. Es genüge eine virtuelle Betroffenheit, also die Möglichkeit, dass sie einmal vom degressiven Tarifverlauf benachteiligt sein könnten. (awp/mc/pg)

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