Emanuel Höhener, CEO EGL: Die EGL befindet sich in einer Entwicklungsphase, die noch 2-3 Jahre dauert.

Von André Schäppi

Moneycab: Herr Höhener, die EGL hat im Vorfeld zum Halbjahresresultat im Mai eine Gewinnwarnung ausgesprochen. Analysten haben für das aktuelle Jahresresultat folgende Zahlen erwartet: Umsatz 3600 Mio. CHF, ein EBIT von EBIT 105 Mio. CHF und ein Gewinn von 120 Mio. CHF. Wie präsentieren sich die aktuellen Zahlen?


Emanuel Höhener: Etwas besser als offenbar erwartet wurde. Das zweite Halbjahr 2004/05 entwickelte gemäss unser Prognosen im Frühjahr 2005. Der physische Energieabsatz konnte gegenüber dem Vorjahr um 4.3% auf 58.8 TWh leicht erhöht werden. Aufgrund der höheren Absatzpreise stieg der Nettoumsatz um 25% auf CHF 4’003.2 Mio. Die Kosten auf der Beschaffungsseite erhöhten sich jedoch um +30.5%. Somit reduzierte sich die Bruttomarge markant. Dies führte – zusammen mit einmaligen Ertragsausfüllen – zu einem Rückgang des Unternehmensergebnisses um 36.2% auf CHF 124.6 Millionen.


Welche Einflüsse haben diese Entwicklung geprägt?


Insgesamt war das Berichtsjahr für die EGL ein schwieriges Jahr und wir präsentieren heute ein deutlich reduziertes Ergebnis. Einflüsse aus rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen, zusätzliche Gebühren und der Ausfall der Kernkraftwerks Leibstadt während rund 5 Monaten, haben das Ergebnis deutlich gedrückt.


Preissteigerungen im europäischen Strommarkt führen in der Branche zu einem anhaltenden Wachstum. Allerdings dürften sich die Margen in den für EGL wichtigen Ländern wie Italien aufgrund verschiedener Einflüsse wie neue Lieferprofile, Börsengebühren etc. reduziert haben. Welches sind die wichtigsten Einflussgrössen und wie entwickeln sie sich?


Das Strom Trading in Europa war im Berichtsjahr geprägt durch den Einfluss der CO2 Preise auf die Spot- und Terminpreise sowie durch Grenzauktionen, die Margen im grenzüberschreitenden Handel dämpften und zu einer Segmentierung und Zersplitterung des europäischen Binnenmarktes führen.


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Weitere Margenerosionen könnten sich auch daraus ergeben, dass das Bundesamt für Energie eine sichere Stromversorgung für die Schweiz will. Bei einer der möglichen Lösungen müssten die Schweizer Stromer bei Engpässen den Bedarf aus Langfristverträgen auf dem Elektriziätsmarkt einkaufen – zu heutigen Preisen plus der Prämie, die sie für die Auktion ausgeben müssen. Wie bewertet man bei der EGL den Einfluss dieses Effekts?


Die EGL realisiert rund 98% des Geschäftes wird ausserhalb der Schweiz. Die Stromversorgung in der Schweiz wird – mit einigen Ausnahmen im Graubünden und der Westschweiz, durch unsere Schwester Firmen innerhalb der Axpo Gruppe wahrgenommen.
Für die EGL gehen wir davon aus, dass die Grenzauktionen die Margen und die Kapazitäten für das Transitgeschäft reduzieren werden. Verschiedene Details bezüglich Konditionen und Abwicklung sind noch in Ausarbeitung und somit sind die Auswirkungen heute nur schwer einschätzbar.


In welchem Umfang ist das Resultat durch Kosten im Zusammenhang mit dem Stillstand des Kernkraftwerks belastet worden?


Insgesamt wurde das Unternehmensergebnis mit CHF 7 Mio. belastet.


Unsicherheit besteht bei der Werthaltigkeit des Goodwills von CHF 99.2 Mio. auf den zusätzlich erworbenen 20 % an der EGL Italia. Besteht nicht das Risiko, dass dieser Aufgrund des wohl anhaltend tieferen Italien-Ergebnisses zu hoch ist?


Die endgültige Preisfestlegung ist Gegenstand eines Schiedsgerichtsverfahrens. Zum laufenden Verfahren können wir keine weiteren Auskünfte geben.


Der vor einigen Wochen bekannt gegebene Abgang des CFO kurz nach dem Ende des Geschäftsjahres hat nicht gerade dazu beigetragen, dass das Vertrauen in die EGL gestärkt wurde. Was wird unternommen, um das Vertrauen wieder zu festigen?


Die EGL befindet sich inmitten einer Entwicklungsphase, welche voraussichtlich noch 2-3 Jahre dauert. Dieses Jahr konnten wir den Aufbau der Geschäftsfelder erfolgreich vorantreiben. Wir haben in den letzten Jahren mit hervorragenden Resultaten eine sehr solide Eigenkapitalbasis erarbeitet, welcher den nötigen finanziellen Spielraum sicherstellt, um diese Vorhaben zu realisieren.


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Bisher handelte die EGL nur punktuell mit Erdgas und hat deshalb Ende Oktober bekannt gegeben, dass man das Erdgasgeschäft ankurbeln will. Eine Pipeline soll in der Türkei andocken und über Griechenland, Albanien, die südliche Adria bis nach Italien führen. In welchem Stadium befinden sich die dazu notwendigen Studien sowie die Bewilligungsphase und welcher Umfang wird das Projekt für die EGL haben?


Um die Gas-Kombikraftwerke in Italien wirtschaftlich optimal zu betreiben, entwickelt die EGL ein Projekt für eine Erdgaspipeline-Verbindung über die Adria nach Italien. Die Pipeline soll zusammen mit Partnern realisiert werden. Sie wird ab zirka 2008/09 mit ca. 8 Mrd. m3/a Kapazität die Versorgungssicherheit und Diversifizierung der italienischen Gasversorgung fördern. Das Projekt dient der Anbindung an die bestehenden und geplanten Erdgastransport-Netze in Südosteuropa. Diese sichern die Zulieferung der an Bedeutung gewinnenden Erdgasreserven im zentralasiatischen und kaspischen Raum sowie Iran und Russland. Die Machbarkeitsstudie ist abgeschlossen.
Die EU hat das Projekt als TEN-E (Trans Europe Networks Energy) Projekt aufgenommen und bereits einen Zuschuss für die Feasability Studie von EUR 1 Mio. bewilligt. Gespräche mit möglichen Partnern sind so weit vorangeschritten, dass mit der technischen Auslegung begonnen werden kann.


Spanien ist einer der interessantesten Energiemärkte Europas mit einem stark wachsenden Energieverbrauch. Mit der Förderung erneuerbarer Energien will Spanien die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern entschärfen. So soll bis im Jahr 2011 12% des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammen. Die EGL beteiligt sich deshalb an zwei Biomasse-Kraftwerken und an einem Biomasse- Lieferanten in Südspanien. Diese Investition ist ein weiterer Schritt im strategisch wichtigen Aufbau von eigenen Assets und Produktionskapazitäten in Schlüsselmärkten. Welchen Vorteile entstehen dadurch für die EGL und wie sehen die weiteren Pläne für Spanien aus? Ist ein Ausbau des Engagements geplant?


Wir sind in Spanien seit 2002 präsent, entwickeln uns sehr gut und können das grosse Know-how im Handel mit neuen Energien gut nutzen. Südspanien eignet sich aufgrund der grossen landwirtschaftlichen Produktionen hervorragen für Biomassekraftwerke. Zusammen mit Partnern bauten wir eines in der Nähe von Sevilla sowie ein zweites der Nähe von Almeria. Die beiden Kraftwerke verwerten pflanzliche Rückstände aus der Baumwoll-, Tomaten- und Gemüseproduktion. Sie werden mit einer Leistung von 7 respektive 6 MW werden im Jahr 2007 ans Netz gehen.





Zur Person
Der 60jährige Emanuel Höhener ist Dipl. Ing. ETH und C.Eng. 1973-1980 arbeitete er als Forschungs- und Entwicklungsingenieur bei der damaligen Sulzer Diesel. Von 1980 bis 1999 nahm er im In- und Ausland zentrale Führungspositionen (Geschäftsleiter und CEO) von Unternehmen der Investitionsgüterindustrie (Sulzer International / New Sulzer Diesel / Georg Fischer DISA) ein, bevor er 2000 zur EGL stiess, bei der er die Funkton des CEO seit 2000 bekleidet.
Höhener ist Vize-Präsident des Verwaltungsrats der EGL Grid AG, Verwaltungsrat der EGL Italia S.p.A, CKW, NOK und Präsident des Verwaltungsrates der Kernkraftwerk Leibstadt AG, Verwaltungsrat und Ausschussmitglied der Rätia Energie AG, Mitglied des Vorstandes der Swisselectric (Branchenverband der Überlandwerke).


Das Unternehmen
Die EGL (Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg AG) handelt Energie in ganz Europa. Sie ist ein Unternehmen der AXPO Gruppe und an der Schweizer Börse SWX kotiert.
Die EGL kauft und verkauft Strom, Gas und energiebezogene Finanzprodukte. Sie ist mit zehn Tochtergesellschaften in den bedeutendsten europäischen Märkten lokal präsent und an den wichtigen Energiebörsen zum Handel akkreditiert. Die EGL hält Kraftwerksbeteiligungen in der Schweiz und investiert in den Aufbau von eigenen Produktionskapazitäten in europäischen Schlüsselmärkten.
Die Handels- und Verkaufsaktivitäten der Gruppe sind auf Grosskunden fokussiert. Für diese entwickelt die EGL europaweite Beschaffungsmodelle und massgeschneiderte Vertragslösungen. Die EGL erzielte 2005 einen Umsatz von 4010.4 Mrd. CHF und beschäftigt 322 Mitarbeiter.

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