EZB belässt Leitzins wie erwartet bei 4,25 Prozent

Zuletzt hatte die EZB auf ihrer Sitzung am 3. Juli den Leitzins wegen Inflationsgefahren um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent angehoben. Seitdem haben sich jedoch die Konjunkturaussichten für die Eurozone merklich eingetrübt, und auch der Ölpreis ist kräftig gefallen.


Keine Änderung in Sicht
Trotz bestehender Inflationsgefahren hat die Europäische Zentralbank (EZB) zunächst unveränderte Leitzinsen signalisiert. «Wir haben derzeit keinen geldpolitischen Bias», sagte der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, am Donnerstag in Frankfurt. «Der derzeitige Leitzins trägt zum Erreichen unserer geldpolitischen Ziele bei.» Die Zinsentscheidung im EZB-Rat sei einstimmig gefallen. Trichet warnte vor anhaltenden Inflationsgefahren, während die derzeitige Wirtschaftsschwäche eine Episode sei. Der Mitarbeiterstab der EZB senkte unterdessen seine Wachstumsprognose und erhöhte gleichzeitig die Inflationsprognose.


Wachstumsschwäche «eine Episode»
Die jüngsten Konjunkturdaten würden auf eine konjunkturelle Abschwächung sei Mitte 2008 hindeuten, sagte Trichet. Im zweiten und dritten Quartal befinde sich die Konjunktur in der Eurozone in einem Konjunkturtal. Die Abschwächung sei zum Teil eine Reaktion auf das starke Wachstum zu Beginn des Jahres gewesen. Der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise habe ebenfalls zum Abflauen des Wirtschaftswachstums beigetragen. Die Wachstumsschwäche sei jedoch «eine Episode». Der EZB-Rat erwarte daher eine schrittweise Erholung der Konjunktur.


Wachstumsprognosen deutlich gesenkt
Der Mitarbeiterstab der Europäische Zentralbank (EZB) senkte zudem seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr deutlich. Für 2008 sei für den Euroraum mit einer Wachstumsrate von 1,4 Prozent zu rechen. Bislang war die EZB von einer merklich höheren Rate von 1,75 Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr wurde die Projektion indes gesenkt, von bislang 1,5 Prozent auf nunmehr 1,2 Prozent.


Breit angelegte Zweitrundeneffekte verhindern
«Die Inflation wird weiter hoch bleiben und sich erst im Jahr 2009 schrittweise abschwächen», sagte der Notenbankchef weiter. Die EZB wolle weiter alles tun, um Zweitrundeneffekte für die Preisstabilität zu verhindern. Die EZB habe bisher einige Zweitrundeneffekt für die Preisstabilität beobachtet, werde jedoch alles tun, um breit angelegte Effekte zu verhindern, sagte Trichet. Ziel sei es, die langfristigen Inflationserwartungen unter Kontrolle zu halten. Im Jahr 2010 werde die EZB jedoch wieder ihr Ziel Preisstabilität erreichen, versicherte Trichet. Die Inflationsrate hatte in der Eurozone im August bei 3,8 Prozent gelegen. Die EZB sieht Preisstabilität bei einer Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent als gewährleistet an. Eine mögliche Preis-Lohn-Spirale würde nicht nur die Inflation nach oben treiben, sondern auch das Wachstum und die Wettebwerbsfähigkeit belasten.


Unterdessen erhöhte der Mitarbeiterstab der EZB die Inflationsprognosen. So gehe man jetzt für 2008 von einer durchschnittlichen Teuerung von 3,5 Prozent aus, nachdem bislang eine Rate von 3,4 veranschlagt wurde. Für 2009 wurde die Projektion von bisher 2,4 Prozent auf 2,6 Prozent erhöht.


Hohes Geld- und Kreditwachstum
Das anhaltend hohe Geld- und Kreditwachstum signalisiere mittelfristig anhaltende Risiken, sagte Trichet weiter. Es gebe jedoch Anzeichen für einen Rückgang der Kreditvergabe. Die Finanzmarktkrise habe die Kreditvergabe in der Eurozone nicht beeinträchtigt. Im Jahr 2010 werde die EZB jedoch wieder Preisstabilität erreichen, versicherte der Notenbankchef.


Die EZB hat sich bei ihrer geldpolitischen Haltung seit dem letzten Monat laut der Commerzbank kaum bewegt. «Nach wie vor verhindern die hohe Teuerung und die erhöhten Inflationserwartungen eine Zinssenkung im Euroraum», sagte Commerzbank-Experte Michael Schubert der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Die einzige entscheidende Änderung sei die noch stärkere Betonung der Verhinderung von Zweitrundeneffekten, also hoher Preis- und Lohnsteigerungen als Inflationsausgleich. «Wir rechnen nach wie vor mit einer ersten Zinssenkung im zweiten Quartal 2009.» Bis dahin dürften sich die Teuerung und die Inflationserwartungen wieder vermindert haben.



Bank of England belässt Leitzins wie erwartet bei 5,0 Prozent
Die britische Notenbank hat ihren Leitzins wie von Experten erwartet den fünften Monat in Folge ebenfalls unverändert belassen. Der Leitzins betrage weiterhin 5,0 Prozent, teilte der geldpolitische Ausschuss der Notenbank am Donnerstag in London mit. Volkswirte hatten dies wegen der anhaltend hohen Inflation und zugleich hoher konjunktureller Risiken erwartet. Zuletzt hatte die Bank of England (BoE) den Leitzins im April um 0,25 Punkte gesenkt.


Zuletzt hatte sich der Preisdruck in Grossbritannien weiter beschleunigt und war auf ein 16-Jahres-Hoch gestiegen. Zugleich droht die britische Wirtschaft in eine Rezession abzugleiten. So hatte die Wirtschaft im zweiten Quartal nur noch stagniert. Vor allem der krisengeschüttelte Häusermarkt lastet auf der Wirtschaft Grossbritanniens. (awp/mc/pg/24)

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