Fotomuseum Winterthur: Gregory Crewdson ? Fotografien 1985-2005

Vor der Kulisse der amerikanischen Vorstädte und mit deutlichem Bezug auf das Hollywoodkino entwirft Crewdson seit Mitte der 1980er Jahre Bilder für Neurosen, Ängste und geheime Wünsche einer Gesellschaft, die in die Bodenlosigkeit der eigenen Psyche blickt. Seit der Serie «Twilight» entstehen seine aufwändigen, perfekt schönen Fotoinszenierungen an filmähnlichen Sets, teils im Studio, teils «on location», mit einem grossen Team und einer exakten, oft wochenlangen Planung.


Von der theatralischen Lichtregie und der Nähe zum Märchenhaften
Selbst einflussreicher Lehrer in Yale, formuliert Crewdson seine Arbeit auf der einen Seite als realistische Schilderung des ländlichen Amerikas und knüpft damit an die dokumentarische Haltung Walker Evans oder William Egglestons an. Mit theatralischer Lichtregie, der Einbeziehung des Fantastischen und Märchenhaften sowie dem Bekenntnis zu breit angelegter Erzählkunst entwickelt er andererseits die grosse Traditionslinie der inszenierten Fotografie weiter, die sich spätestens seit Cindy Sherman und Jeff Wall als eine der wichtigsten Ausdrucksformen aktueller Fotokunst erwiesen hat.







Von der endlosen Einsamkeit und den grossen Erwartungen
Den Auftakt der Ausstellung bilden Crewdsons erste Arbeiten «Early Work» aus den Jahren als Hochschulabsolvent 1986-88. Sie stellen das häusliche Umfeld als einen Raum der Einsamkeit und unbestimmter Erwartungen dar. Der zweite Werkblock, «Natural Wonder» aus 1992-97 spiegelt Crewdsons Faszination über die Natur als magisch-mythische Zone voller rätselhafter Ereignisse. Der dritte Teil ist der programmatischen Serie «Twilight» aus 1998-2002 gewidmet, mit der Crewdson auch international bekannt wurde. Hier sind die rätselhaften und dunklen Energien einer unzähmbaren Natur in den Wohnstuben angekommen: Eine Frau sitzt in ihrem Wohnzimmer auf einem raumfüllenden Blumenbeet, das sie, verschwitzt, erschöpft und mit Erde beschmiert, offensichtlich gerade selbst angelegt hat. Ein Junge greift durch den Abfluss der Dusche tastend in den Untergrund, sein Arm wirkt wie ein abgetrenntes Leichenteil. Crewdson setzt den Akt der Kontaktaufnahme mit dem Unbewussten, Verdrängten in Szene.

Von der grossen Inszenierung des Leeren
Für «Twilight» wie auch für die folgenden Werkblöcke «Dream House» und «Beneath the Roses» sowie «Hover», tritt der Künstler nicht mehr als Fotograf, sondern vor allem als Regisseur auf. Jedes Motiv erfordert eine grosse Crew und einen Aufwand wie für eine Filmproduktion. Mit der neuesten Serie «Beneath the Roses», 2003-2005, erreicht Crewdson einen vorläufigen Höhepunkt: Ganze Strassenzüge werden abgesperrt, leerstehende Häuser abgebrannt (mit entsprechender Genehmigung der örtlichen Verwaltung). Bis zu hundertfünfzig Personen arbeiteten an der Produktion mit, darunter Spezialisten für Luftbildaufnahmen und Special Effects, Castingagenten, Kranführer, Friseure und Stylisten. Auch Fachleute für Computergrafik sind nun dabei.
Mit «Beneath the Roses» beginnt Crewdson bewusst und erstmals in grösserem Umfang, digitales Composing in der Nachbearbeitung der Bilder anzuwenden. Damit erreicht er eine für die Aufnahmen typische absolute Klarheit, Tiefe und hyper-reale Schärfe aller Details. (fmw/mc/th)


Untitled, aus der Serie Natural Wonder.


Untitled, aus der Serie Twilight.


Untitled, aus der Serie Twilight.


Untitled, aus der Serie Beneath the Roses.


Untitled, aus der Serie Dream House.

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