Grossbritannien rutscht endgültig in die Rezession

Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukt im letzten Quartal 2008 fiel mit einem Minus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal sogar stärker aus als von Experten befürchtet. Das Nationale Statistikbüro hat die enttäuschenden Zahlen am Freitag mitgeteilt.


Abschwung auf breiter Ebene
Nach Angaben der Statistiker schrumpften sowohl der Industrie- als auch der Dienstleistungssektor so stark wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Der Servicebereich, der für etwa drei Viertel der Wirtschaftsleistung Grossbritanniens steht, musste demnach ein Wachstumsminus von 1,0 Prozent hinnehmen – der stärkste Rückgang seit 1979. Die Industrieproduktion fiel mit 3,9 Prozent noch deutlicher.


Pfund so schwach wie seit sieben Jahren nicht mehr
Die ausgeprägte Schwäche der britischen Wirtschaft lässt sich laut Devisenexperten auch im schwachen Kurs des britischen Pfund ablesen, das jüngst zum US-Dollar auf ein siebeneinhalb Jahrestief gefallen war. «Die derzeitige Pfund-Schwäche spiegelt die schwierige Situation der britischen Wirtschaft wider», sagt Devisenexperte Lutz Karpowitz von der Commerzbank. Vor allem die hohe Abhängigkeit vom Bankensektor belaste das Pfund.


Konzentration auf Finanzsektor
Die britische Wirtschaft hatte ihren lange währenden Aufschwung vor allem der starken Konzentration auf Dienstleistungen im Finanzsektor zu verdanken. Banker, Wertpapierhändler und finanznahe Dienstleister sorgten besonders am Finanzplatz London in den Jahren vor der Finanzkrise für starke Zuwächse. Seit der Finanzkrise liegt die Branche schwer angeschlagen darnieder und eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht. So sah sich die britische Regierung gezwungen, ein zweites Bankenrettungspaket im Umfang von 100 Milliarden Pfund aufzulegen. Auf der Gegenseite ist die Exportwirtschaft, speziell das Verarbeitende Gewerbe laut Experten viel zu schwach, um die Konjunktur zu stabilisieren.


Hohe private Verschuldung
Gegen eine schnelle Erholung der Wirtschaft spricht auch das Verhalten der britischen Konsumenten und Häuslebauer. Ähnlich wie in den USA hatten viele sich ihren Traum vom Eigenheim nur mit teuren Krediten leisten können – die viele im Vertrauen auf steigende Immobilienpreise abgeschlossen hatten. Seitdem die Immobilienblase auch in Grossbritannien geplatzt ist, ächzen viele Schuldner unter der Last und müssen sparen. Laut Experten sind die privaten Haushalte auf der Insel im Durchschnitt noch höher verschuldet als in den USA. (awp/mc/ps/19)

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