Joachim H. Strähle, CEO Bank Sarasin & Cie AG

Von Christa Spoerle


Moneycab: Herr Strähle, Ihre Bank wurde von der Finanzkrise nicht direkt betroffen, welche Wirkungen spüren Sie und ihre Kunden aber indirekt?


Joachim H. Strähle: Wir haben die Krise sehr gut überstanden. Dies spiegelt sich unter anderem in einer entsprechenden Bewertung an der Börse wider: Im Branchenvergleich zeigt unser Aktienkurs im ersten Quartal 2008 eine überdurchschnittliche Entwicklung. Als Privatbank sind wir – obwohl wir keine Investments in Subprime-Anlagen getätigt haben – ebenso von der allgemein herrschenden Nervosität und Vertrauenskrise betroffen wie unsere Branchenkollegen. Wir müssen deshalb mit einer volatileren Ertragskraft rechnen. Was hingegen die Akquisition neuer Kunden und unsere Wachstumsinitiativen betrifft, so bestätigt das erste Quartal 2008, dass wir auch im aktuellen Umfeld wie geplant weiter wachsen.


Haben Sie in gewisser Weise von einem Kundenwechsel profitieren können, also von Kunden, die von Banken mit Problemen zu Ihnen gewechselt haben?


Spürbar ist, dass fokussierte Banken wie die Bank Sarasin zurzeit Wettbewerbsvorteile haben. Die Chancen zum azyklischen Wachstum, die sich durch den in Bewegung geratenen Markt ergeben, wollen wir konsequent nutzen. Wir erhalten im Moment viele Anfragen von Kunden und auch Kundenberatern, die zu unserer Bank kommen wollen. Konkrete Zahlen wollen wir dazu aber nicht nennen, denn sie greifen zu kurz. Uns liegt vor allem am langfristigen Erfolg.


Sie haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Sie wollen bis 2010 CHF 100 Mrd. Franken an Kundengeldern verwalten und die Bruttomarge von 83 auf über 90 Basispunkte steigern. Wie wollen Sie das erreichen?


Wir erreichen diese Ziele, indem wir unsere Wachstumsinitiativen konsequent fortsetzen. Das bedeutet, dass wir auch in einem Jahr mit schwierigeren Vorzeichen Investitionen tätigen, welche unserer Wachstumsstrategie dienen. Wichtige Wachstumsmotoren im Private Banking-Geschäft sind insbesondere qualitativ hochstehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihr Know-how einbringen und umsetzen. Wir planen deshalb über die gesamte Sarasin Gruppe den Ausbau unserer Kundenberater-Teams um bis zu 100 Berater. Wir investieren damit weiterhin substantiell in die Basis für weiteres Wachstum in den nächsten Jahren.


Welche Märkte stehen bei Ihrer Expansion im Vordergrund?


Nach meinem Amtsantritt haben wir bei unseren Initiativen den Fokus auf die Wachstumsmärkte in Asien gerichtet. Dies auch im Hinblick darauf, dass wir bestrebt sind, in China Fuss zu fassen. Zwischenzeitlich haben wir unsere Initiativen auf unsere Zielmärkte in Europa und im Mittleren Osten ausgedehnt. So haben wir Ende Januar 2008 von der deutschen Finanzaufsicht eine Vollbankenlizenz erhalten. Unseren neuen Standort in Frankfurt am Main haben wir bereits im Februar eröffnen können. Mitte April haben wir von der spanischen Finanzaufsicht die Lizenz für die Eröffnung unserer jüngsten Tochter mit Sitz in La Coruña erhalten. Seit 2005 sind wir in der Golfregion mit einem Joint-Venture in Dubai vertreten. Jüngst kamen nun auch in Bahrain und Qatar Niederlassungen dazu.


Wollen Sie vorwiegend organisch wachsen, oder kommen auch Übernahmen in Frage?


Wir setzten vornehmlich auf ein gesteigertes organisches Wachstum. Im laufenden Jahr planen wir bis zu 100 weitere, erfahrene Kundenberater anzustellen. Gleichzeitig haben wir im 2007 Massnahmen unternommen, die es uns erlauben, uns auf unser Kerngeschäft als Privatbank zu konzentrieren und unser Profil zu schärfen. Doch das eine schliesst das andere nicht aus. Wer erfolgreich sein will, muss offen sein und alle Möglichkeiten prüfen, die sich bieten und das Unternehmen weiterbringen.



«Garantierte Boni ohne entsprechende Leistungsvereinbarungen gibt es bei uns nicht. Die Kosten in Prozent der Erträge sind 2007 von 64 auf 63 Prozent gesunken. Das wäre ja nicht möglich, wenn wir die Leute überzahlen würden.» Joachim H. Strähle, CEO Bank Sarasin & Cie AG


Der Kampf um Kundenberater ist nicht nur in der Schweiz heftig entbrannt, ein Wechsel und ein Halten von guten Leuten ist also nicht gratis, wie wollen Sie Ihre Kosten da im Griff behalten?


Als auf das Private Banking fokussierte Bank gelingt es uns, hervorragende Kundenberater für uns zu gewinnen. Im Jahr 2007 allein waren es rund 50 Berater. Geld ist ein Faktor, aber nicht der einzige. Kosten sind dann ein Problem, wenn sich ein Investment nicht auszahlt und die Kosten fix sind. Garantierte Boni ohne entsprechende Leistungsvereinbarungen gibt es bei uns deshalb nicht. Die Kosten in Prozent der Erträge sind 2007 von 64 auf 63 Prozent gesunken. Das wäre ja nicht möglich, wenn wir die Leute überzahlen würden.


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In Zürich und Dubai betreiben Sie auch Investment-Banking, wie passt das zu einer Privatbank?


In Zürich haben wir ein kleines, erfolgreiches Team im Bereich Corporate Finance, welches sich auf die Beratung von kotierten Small und Mid-Caps in der Schweiz spezialisiert hat. Dieses Team arbeitet eng mit unserem Partner NZB Neue Zürcher Bank zusammen. Alpen Capital, unser Partner in Dubai, ist seit mehreren Jahren erfolgreich im Investment Banking tätig. Dieses lokale Know-How sowie das Kundennetzwerk von Alpen Capital haben uns den Aufbau des Joint Ventures Bank Sarasin Alpen wesentlich erleichtert. Die Bank Sarasin Alpen in Dubai ist aber ausschliesslich auf das Private Banking spezialisiert.


Wann kann das geplante Joint-Venture mit der AIG Private Bank, die «bank zweiplus», voraussichtlich ihren Betrieb aufnehmen? Welche Ziele wollen Sie hier hauptsächlich erreichen?


Nachdem die Eidgenössische Bankenkommission jüngst die Banklizenz erteilt hat, wird die Bank Zweiplus am 1. Juli 2008 ihren Betrieb aufnehmen. Sie positioniert sich als die führende Produkte- und Abwicklungsplattform mit Sitz in der Schweiz für unabhängige Finanzdienstleister, Fremdverwalter und Lebensversicherungen sowie Direktkunden im Retail- und Affluentsegment in Europa. Während die AIG mit 42,5 Prozent an der neuen Bank beteiligt ist, halten wir mit 57,5 Prozent die Mehrheit und werden diese entsprechend vollständig konsolidieren. Unsere Erwartungen betreffend den Geschäftserfolg sind natürlich hoch. Wir sind von dieser neuen Bank respektive ihrer Geschäftsidee überzeugt, und gehen davon aus, dass für alle Beteiligten zusätzliche Wachstumsperspektiven und höhere Kosteneffizienz entstehen werden.



«Ich bin überzeugt, dass wir unseren eigenständigen Marktauftritt auch in Zukunft behalten werden»


Werden Sie auf Dauer einen eigenständigen Marktauftritt neben Ihrem Mehrheitsaktionär, der Rabobank, beibehalten können?


Die Rabobank hat mehrfach klar auf unsere operationelle Unabhängigkeit hingewiesen und anerkennt den Wert unserer Marke. Wie sich anhand der Konzernstruktur der Rabobank leicht erkennen lässt, setzt sie auf eine echte Multi-Marken-Strategie für verschiedene Geschäftszweige. Robeco oder Interpolis sind neben uns Beispiele, dass dies der langjährig gelebten Praxis der Rabobank entspricht. Ich bin deshalb überzeugt, dass wir unseren eigenständigen Marktauftritt auch in Zukunft behalten werden, gerade auch zum Wohle und im Interesse unserer Mehrheitsaktionärin.


Wie hoch sind die Synergien aus der Zusammenarbeit?


Die Rabobank ist für uns ein starker Partner, der durch seine Verankerung im internationalen Umfeld und mit seinem Triple-A unseren Ausblauplänen Dynamik und Schubkraft gibt. Insgesamt betrug das Volumen aus gemeinsam getätigten Transaktionen im Jahr 2007 rund CHF 1,7 Milliarden. 2008 werden wir diese Zusammenarbeit weiter intensivieren. Die Rabobank ist z.B. bereits in einigen Ländern präsent, in denen auch Sarasin weiter zu wachsen plant.


Warum nur ein Aktiensplit und keine Einheitsaktie, gibt es da spezielle Gründe?


Mit dem Aktiensplit verbessern wir die Handelbarkeit unserer Aktien. Was die Einheitsaktie betrifft, so müssten Sie eher mit der Rabobank sprechen. Das Management von Sarasin befürwortet die Einheitsaktie.


Was erwarten Sie von der Kursentwicklung der Sarasin-Aktien?


Betrachtet man den Kurs unserer Aktien im Brachenvergleich über das erste Quartal, können wir mit einer überdurchschnittlichen Entwicklung aufwarten. Diese Bewertung zeigt, dass der Markt unsere Strategie und unser Wachstumsinitiativen sehr schätzt. Ich bin deshalb überzeugt, dass unsere Aktie ein attraktives Investment ist und bleibt.






Der Gesprächspartner

Joachim H. Strähle wurde 1958 in Hünenberg geboren. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann in Zürich, schloss er die Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule in Zürich sowie das Executive Program for Overseas Bankers, Wharton School, University of Pennsylvania, Philadelphia, USA, ab. Er war unter anderem bei der Bank Julius Bär in New York tätig, wo er verschiedene leitende Funktionen innehatte. Von 1999 bis August 2006 bekleidete Joachim H. Strähle verschiedene Führungspositionen im In- und Ausland bei der Credit Suisse Group. Seit dem 1. September 2006 ist Joachim H. Strähle CEO der Bank Sarasin & Cie AG.


Das Unternehmen

Die Bank Sarasin ist seit 1841 als Privatbank in der Schweiz tätig. Die Anlageberatung und die Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden sowie das Fondsgeschäft sind die Kernkompetenzen. Anlagestiftungen, Corporate Finance und Finanzanalyse ergänzen das Dienstleistungsangebot. Die Sarasin Gruppe beschäftigt über 1’100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben dem Hauptsitz in Basel hat die Bank in der Schweiz drei weitere Niederlassungen. International ist die Sarasin Gruppe in Europa, Asien und im Mittleren Osten vertreten. Die Bank Sarasin ist eine an der SWX kotierte Aktiengesellschaft, deren Mehrheitsaktionär die niederländische Rabobank ist.

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