Marcel Imhof, CEO Swiss Steel: «Wir wollten beweisen, dass man auch in der Schweiz sogenannte Massenprodukte erzeugen kann»

Von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Imhof, Swiss Steel wird in SCHMOLZ+BICKENBACH umfirmiert ? es entsteht ein weltweit tätiger Konzern mit einem Umsatz von rund 5 Mrd. Franken. Welches waren die Hauptgründe für diesen Schritt?


Marcel Imhof: Swiss Steel und unsere Hauptaktionärin, SCHMOLZ+BICKENBACH KG, sind im Bereich hochwertiger Edelstähle tätig. Swiss Steel verfügt über starke Produktionswerke, SCHMOLZ+BICKENBACH über leistungsfähige Verarbeitungsstätten und Distributionskanäle. Die Zusammenführung dieser Aktivitäten unter einem Dach ist die logische Konsequenz.


Wie präsentiert sich der Fahrplan der Zusammenführung?


Nach der Beschlussfassung durch die Generalversammlung am 20. September 2006 sind nun die die notwendigen Integrationsarbeiten in Angriff genommen worden. Wir verfügen in der Zwischenzeit über grosse Erfahrung bezüglich solchen Zusammenführungsprozessen.


Auch wenn der Name Swiss Steel verschwindet, Hauptsitz des Konzerns wird weiterhin Emmenbrücke sein. Erfolgt der Umbau ohne Stellenabbau bei von Moos Stahl und Steeltec?


Das Ziel der neuen Unternehmung besteht nicht in der Reduktion von Arbeitsplätzen. Vielmehr wollen wir die sich uns eröffnenden Synergiepotentiale in Produktion, Verarbeitung und Distribution nutzen. Damit stärken wir unsere Position in den verschiedenen Märkten.


Bereits früher kommuniziert  wurde die geplante Veräusserung von 65 % ihrer Anteile an der Stahl Gerlafingen AG an die italienische Stahlgruppe AFV Acciaierie Beltrame. Wieso hat die Stahl Gerlafingen AG in der neuen Unternehmung keinen Platz?


Die Swiss Steel Gesellschaften haben in den letzten Jahren ihre Sortimente immer mehr in Richtung höherwertige Edelstähle verlagert. Stahl Gerlafingen AG mit ihren Bewehrungs- und Industriestählen passt dagegen sehr gut in das Tätigkeitsgebiet von AFV Acciaierie Beltrame. Dies betrifft unter anderem die Nutzung der Vertriebskanäle von Beltrame.



Ich werde mich stark dafür einsetzen, die Chancen dieser neuen Gruppe zu nutzen. (Marcel Imhof, CEO Swiss Steel)


Nach fast drei Jahrzehnten in der Stahlbranche ist dieser Zusammenschluss sicher auch für Sie persönlich eine grosse Herausforderung. Wo werden Sie die Schwerpunkte Ihrer künftigen Tätigkeit als COO legen?


Ich freue mich sehr darüber, dass ich in den letzten 10 Jahren die äusserst positive Entwicklung von Swiss Steel mitgestalten durfte. Durch die neuste Entwicklung sind wir zu einem global tätigen Konzern im Bereich hochwertiger Stähle geworden. Ich werde mich stark dafür einsetzen, die Chancen dieser neuen Gruppe zu nutzen. Dies betrifft vor allem auch die Vernetzung all unserer Produktions-, Verarbeitungs- und Distributionsgesellschaften.


Zusätzlich zur COO-Funktion betreuen Sie künftig auch die Distribution China. Welche zusätzlichen Möglichkeiten ergeben sich durch den überlagerten Konzern SCHMOLZ+BICKENBACH in diesem Wachstumsmarkt?


China ist und bleibt ein Wachstumsmarkt, auch für Stahl. Wir verfügen vor Ort über Verarbeitungsstätten mit 1300 Mitarbeitern. Auch hier wollen wir die sich uns bietenden Chancen vor allem bei höherwertigen Stahlprodukten nutzen.


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Der Zusammenschluss erfolgt im Zuge der allgemeinen Konsolidierung der Stahlbranche. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?


Die Stahlindustrie war in der Vergangenheit stark fragmentiert. Seit einiger Zeit findet eine Konsolidierung statt. Diese wird auch in Zukunft weitergehen.



«Die aktuelle positive Entwicklung, die durch den Zusammenschluss mit unserer Hauptaktionärin SCHMOLZ+BICKENBACH ausgelöst wurde, war in diesem Ausmass nicht voraussehbar.»


Die Geschichte von Swiss Steel seit der Gründung vor 10 Jahren mutet wie ein Märchen an. Haben Sie immer daran geglaubt, dass der Stahlproduktions- standort Schweiz nach erfolgter Sanierung nicht nur eine Überlebenschance hat, sondern auch zu neuen Höhenflügen ansetzt?


Wir wollten beweisen, dass man auch in der Schweiz sogenannte Massenprodukte erzeugen kann. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Die Kosten müssen wettbewerbsfähig sein und man muss über die richtigen Märkte verfügen. Dies haben wir durch unsere Arbeit erreicht. Die aktuelle positive Entwicklung, die durch den Zusammenschluss mit unserer Hauptaktionärin SCHMOLZ+BICKENBACH ausgelöst wurde, war in diesem Ausmass nicht voraussehbar.


Der Erfolg von Swiss Steel manifestiert sich auch in den Rekord-Halbjahreszahlen des Unternehmens. 86 Mio. Franken Konzerngewinn, 1,6 Mrd. Franken Nettoverkaufserlös, ein EBIT von 131 Mio. Franken. Wie werten Sie das Ergebnis?


Wir freuen uns natürlich darüber. Zum einen wurde es durch das positive Marktumfeld ermöglicht. Es widerspiegelt aber auch die in den letzten Jahren systematisch umgesetzte Produkte- und Vermarktungsstrategie.


Belastet wird das Resultat durch die hohen Energiekosten. Besserung scheint dabei aber kaum in Sicht?


Die hohen Energiekosten belasten uns und damit natürlich die gesamte Stahlindustrie tatsächlich sehr. Wir werden wohl auch zukünftig mit hohen Energiepreisen leben müssen.


Herr Imhof, wir bedanken uns für das Interview.





Der Gesprächspartner
Marcel Imhof ist seit 1996 Vorsitzender der Konzernleitung der Swiss Steel AG und wird nach der Umfirmierung in SCHMOLZ + BICKENBACH das Amt des COO bekleiden. Imhof ist seit fast 30 Jahren im Stahl-Geschäft tätig. Bei der von Moos Stahl AG (heute Swiss Steel) bekleidete er verschiedene Funktionen, so als Assistent des Verkaufsdirektor, dann als Verkaufsleiter Blankstahl und Verkaufsleiter Walzstahlab. 1992 übernahm der die Leitung der Sparte Stahl und nahm Einsitz in der Geschäftsleitung der von Moos Holding. Weiter ist er Vorstands-Mitglied bei Swissmem, der Zentralschweizer Handelskammer und der Luzerner Industrievereinigung sowie VR-Mitglied bei Ultra Brag in Basel und der Imbach AG in Nebikon. Marcel Imhof ist 58 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.


Zum Unternehmen
Der Swiss Steel Konzern ist 1996 aus dem Zusammenschluss der von Moos Gruppe und der Von Roll Stahl AG entstanden. Seit 2003 ist die SCHMOLZ + BICKENBACH Gruppe die Hauptaktionärin des Swiss Steel Konzerns. Im Jahre 2005 wurden die beiden deutschen Stahlunternehmungen Edelstahlwerke Südwestfalen GmbH und Edelstahl Witten-Krefeld GmbH übernommen. Die SCHMOLZ+BICKENBACH Gruppe plant, wesentliche Teile der Verarbeitung und der internationalen Distribution sowie die in der Edelstahlproduktion tätige Ugitech-Gruppe in die Swiss Steel AG einzubringen. Der neue Konzern, der seinen Hauptsitz weiterhin in Emmenbrücke haben wird, wird mit rund 10’000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund CHF 5 Milliarden erzielen.

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