Merkel gegen gemeinsame Euro-Anleihen

Es würde auch ein erhebliches Wettbewerbselement entfallen. Die unterschiedlich hohen Zinssätze der Euro-Länder seien ein Ansporn, insgesamt besser zu werden und die Vorgaben des EU-Stabilitätspaktes zu erfüllen.


«Keine Notwendigkeit für grösseren Rettungsschirm»
Sie sehe zur Zeit keine Notwendigkeit, den Euro-Rettungsschirm zu vergrössern, betonte Merkel. Bisher sei nur Irland unter den Schirm mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro geschlüpft. Der Fonds reiche für Irland mehr als aus. Die Kanzlerin forderte, die Diskussionen zur Lösung der Euro- Schuldenkrise zielgerichtet und intern zu führen. Alles andere rufe immer wieder Beunruhigung hervor. Wichtig sei, jetzt schnell die Neuerungen beim Stabilitäts- und Wachstumspakt umzusetzen. Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, hatte sich kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am späten Montagnachmittag in Brüssel erneut für gemeinsame europäische Staatsanleihen stark gemacht.


Juncker schlägt Europäische Schuldenagentur vor
Zusammen mit Italiens Finanzminister Giulio Tremonti schlug er in einem Gastbeitrag der «Financial Times» (Montag) eine Europäische Schuldenagentur vor. Diese könnte gemeinsame Anleihen begeben. Dabei solle auch ein Anreizsystem für verschuldete Euro-Länder geschaffen werden, ihr Defizit abzubauen. Mit einem solchen Schritt würden die Staats- und Regierungschefs die Unumkehrbarkeit des Euro manifestieren, argumentierten Juncker und Tremonti. Das Vertrauen der Finanzmärkte und der Bürger in den Euro würde wiederhergestellt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der von der «Financial Times» zum europäischen Finanzminister des Jahres gewählt wurde, verwies in dem Blatt darauf, dass gemeinsame Staatsanleihen fundamentale Änderungen der europäischen Verträge erforderten.


Teures Unterfangen für Deutschland
Auch der niederländische Finanzminister Kees de Jager hatte sich zuvor gegen gemeinsame Anleihen der Eurozonen-Länder ausgesprochen: Die Märkte könnten schlechte Wirtschaftspolitik dann nicht mehr sanktionieren. De Jager zeigte sich zuversichtlich, Euro-Bonds verhindern zu können: «Wenn Deutschland und die Niederlande nicht teilnehmen, dann wird die Anleihe nicht sehr interessant für die Märkte», betonte er. Gemeinsame Euro-Anleihen wären für Deutschland teurer als Bundesanleihen. Denn Deutschland müsste – trotz relativ solider Staatsfinanzen – für die Schulden anderer Staaten mithaften und höhere Zinsen zahlen. Tusk bekräftigte das Ziel Polens, trotz der gegenwärtigen Turbulenzen der Euro-Zone beizutreten. Polen sei entschlossen, Mitglied der Euro-Zone zu werden, wenn die Kriterien dafür erfüllt seien. Die Krise habe gezeigt, dass diese Kriterien gut seien.


Euro-Krisenmechanismus: Verhandlungen ab 2013
Zuvor hatte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin erklärt: «Die Bundesregierung lehnt Euro-Bonds ab.» Dies habe nicht nur ökonomische, sondern auch juristische Gründe. Gemeinsame Anleihen erforderten «umfangreichste Veränderungen» der EU-Verträge. Auch eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes sei derzeit nicht erforderlich. Belgiens Finanzminister Didier Reynders hatte sich am Wochenende dafür ausgesprochen, das dauerhafte Anti-Krisensystem, das von Mitte 2013 arbeiten soll, mit mehr Geld auszustatten. Das Treffen der Euro-Gruppe und der EU-Finanzminister in Brüssel werde ein gemeinsames Signal für mehr Stabilität und Vertrauen geben, sagte Steegmans weiter: «Die Bundesregierung steht völlig eindeutig hinter dem Euro und seiner Stabilität.» Es werde an Vorschlägen für den EU-Rat Mitte Dezember gearbeitet, damit die geplanten Vertragsänderungen und der neue Euro-Krisenmechanismus für die Zeit nach Mitte 2013 verhandelt werden können.


Treffen hinter verschlossenen Türen?
Derweil wurde bekannt, dass EU-Spitzen wie Gipfelchef Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Sonntag zur Vorbereitung des EU-Gipfels zusammengekommen waren. Die Sprecherin Barrosos sagte am Montag in Brüssel, dabei sei es um einen Gedankenaustausch gegangen. «Es gab keine Entscheidungen, es gab keinen neuen Betrag», sagte sie mit Blick auf den Rettungsfonds. Eine Liste der Teilnehmer der abendlichen, unangekündigten Unterredung bei Van Rompuy war zunächst nicht beim EU-Ministerrat zu erhalten. Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs am 16. und 17. Dezember sollen die Weichen für ein dauerhaftes Rettungssystem für wackelnde Euro-Staaten beschlossen werden. Das schliesst eine Ergänzung der EU-Verträge mit ein. (awp/mc/ps/18)

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