Michel Demaré, CFO ABB: Landesgesellschaften – gerade wenn sie so erfolgreich sind wie ABB Schweiz – spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der Gesamtorganisation.

Michel Demaré, CFO ABB: Landesgesellschaften – gerade wenn sie so erfolgreich sind wie ABB Schweiz – spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der Gesamtorganisation.

Von André Schäppi


Moneycab: Aussichten auf schwarze Zahlen Ende Jahr, der Abschluss des leidigen Asbestfalls in greifbarer Nähe. Haben Sie den Champagner schon kaltgestellt, Herr Demaré?


Michel Demaré: Selbstverständlich freuen wir uns über die positiven Entwicklungen und die Leistung, die unsere Mitarbeiter weltweit erbracht haben. ABB ist wieder ein stabiles Unternehmen.


Analysten haben mit einem Umsatz von rund 5,4 Mrd. USD (einem Wachstum von rund 11 Prozent) und einer Ebit-Marge von 6,5 Prozent für das dritte Quartal 2005 gerechnet. Mit 5,6 Mrd. USD und einer Ebit-Marge von 8,1 Prozent liegt ABB massiv über den Erwartungen. Sind Sie damit zufrieden?


Wir hatten einen sehr guten Geschäftsgang im dritten Quartal. Unsere führende Stellung in Schlüsselmärkten und operative Verbesserungen erbrachten eine deutliche Steigerung beim Auftragseingang, beim Umsatz und bei der Marge.


Der Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Verhältnis zum Umsatz soll bis 2009 auf über 10 Prozent zu liegen kommen. Im Vergleich zur Marge von 8,1 Prozent für das dritte Quartal 2005 bedeutet dies eine Steigerung von rund zwei Prozent. Dazu kommen neu definierte Ziele bis 2009 für die Reingewinnmarge (über 5 Prozent), die Rendite auf das eingesetzte Kapital (Grössenordnung 15 Prozent) und den freien Cashflow (100 Prozent des Konzerngewinns). Was stimmt Sie optimistisch, dass Sie diese ehrgeizigen Ziele erreichen?


Die Ziele sind ambitioniert, aber erreichbar und kalkulieren auch ein Abflauen der Konjunktur ein. Wir bauen bei unserer Strategie weiterhin auf die Kerne Energie und Automation und vertrauen auf unsere technologische Stärke und unsere weltweite Präsenz. Uns entgegen kommt eine positive Entwicklung auf den Märkten: Asien wird auch weiterhin stark wachsen. Die USA haben bei der Strominfrastruktur einen riesigen Nachholbedarf und auch in Europa sind zusätzliche Investitionen notwendig.


Die künftigen Zielvorgaben bezüglich Margen für die einzelnen Divisionen sind teilweise recht ambitiös, zum Beispiel bei Process Automation. Allerdings ist nicht ganz klar, mit welchen Massnahmen und aufgrund welcher Faktoren man die Ziele erreichen kann. Können Sie da konkreter werden?


Wir achten in diesem Geschäftsbereich stärker auf die Risiken und sind daher wesentlich selektiver bei der Annahme von grossen Aufträgen geworden. Ganz generell profitieren hier stark von unserer grossen installierten Basis. Bei Modernisierungsinvestitionen ist unser neues Leitsystem 800xA entsprechend gefragt. Gleichzeitig setzten wir mehr auf das Servicegeschäft, dessen Anteil am Umsatz deutlich steigen soll.


Trotz aller positiven Meldungen ist die Reduktion der internen Kosten sicher weiterhin ein Thema. Die Verwaltungskosten standen bei 95 Mio. USD im dritten Quartal. Wie viel liegt da noch drin?


Wir sind auf dem Weg bislang gut vorangekommen und daher recht optimistisch bis Ende 2006 eine Reduzierung der Konzernkosten auf jährlich $350 Millionen zu erreichen.


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Auf der anderen Seiten wird die neue Abteilung Globale Märkte und Technologie ja auch Kosten verursachen. Mit welchen Aufwendungen ist zu rechnen und läuft man da nicht Gefahr, die Einsparungen auf Stufe Konzern wieder wegzugeben?


Sie dürfen sich die Funktion Global Märkte und Technologie nicht als zusätzlichen Personalblock vorstellen. Einige Manager erhalten demnächst zusätzliche Verantwortlichkeiten, das ist es. Wir wollen eine bessere Koordination der Landesgesellschaften untereinander erreichen und somit beispielsweise unsere Beschaffung über Landesgrenzen hinweg optimieren. Am Ende werden wir die Kosten für ABB also eher weiter senken.


ABB will verlässlich bleiben und berechenbar sein, haben Sie sich jüngst geäussert. Das tönt gut, lässt sich aber offensichtlich nicht immer so einfach realisieren, wie die Gewinnwarnung Mitte Jahr mit dem damals angekündigten Abbau zeigt. Vergangenheit?


Wir müssen auch in Zukunft auf Fehlentwicklungen zeitnah und zugleich energisch reagieren. Das kann auch manchmal zu Überraschungen führen. Als global agierendes Unternehmen sind wir auch immer wieder Risiken ausgesetzt, die nicht unserem Einfluss unterliegen.


Effizienz, Effektivität und Kostenmanagement sind Prioritäten, die man zu Beginn Ihrer Tätigkeit bei ABB in den Mittelpunkt der ABB-Aktivitäten gestellt haben. Sind sie es immer noch?


Es gibt keinen Grund, sie zu ändern, sie sind die Grundlage um nachhaltiges profitables Wachstum zu erzielen.


Der jüngst angekündigte Umbau der Konzernstruktur könnte so zusammengefasst werden: Kürzere Entscheidungswege, schnellere Kommunikation auf der obersten Führungsetage. Ist das das künftige Erfolgsrezept für eine schlagkräftige und erfolgreiche ABB-Organisation?


Wir haben jetzt eine komplette Führungsebene herausgenommen und damit den Draht zur Konzernleitung verkürzt. Gleichzeitig erzielen wir auch eine grössere Transparenz bei der Darstellung des Geschäftsverlaufs.


Durch die Umorganisation wird auch Managerpotenzial frei. Was geschieht mit den nun nicht mehr notwendigen Führungscrew?


Die meisten Manager haben eine neue Aufgabe erhalten und können so ihre oft langjährige Erfahrung einbringen. Wir haben glücklicherweise immer wieder anspruchsvolle Projekte in der ABB-Organisation zu vergeben.


Die neue Organisation stärkt die funktionalen Bereiche und erleichtert die schnelle Kommunikation. Trotzdem, macht es Sinn, Ländergesellschaften wie die Schweiz, die in der Vergangenheit immer erfolgreich waren, zu integrieren oder bleiben die weiterhin selbstständig?


Es gibt keinen Paradigmenwechsel. Die Landesgesellschaften – gerade wenn sie so erfolgreich sind wie ABB Schweiz – spielen weiterhin eine wichtige Rolle in der Gesamtorganisation. Die Grenzlinien sollen aber in Zukunft durchlässiger und die möglichen Synergieeffekte sichtbarer werden.


Herr Demaré, Sie sind jetzt rund neun Monate im Amt des CFO. Erste Erfolge können vorgewiesen werden. Wohin geht die Reise und was wollen Sie bei ABB noch erreichen?


ABB hat schwieriges Fahrwasser hinter sich gelassen und ist jetzt wieder auf klarem Kurs. Es gibt aber immer noch einiges zu tun. Dabei gilt unser Augenmerk in gleichem Masse der Verbesserungen unserer Bilanz wie der Implementierung von effizienten Steuerungsmechanismen. Ein Ergebnis dieser Anstrengungen sollte mittelfristig eine Rückkehr zum Investment Grade sein.





Michel Demaré
Geboren: 31. August 1956, Belgischer Staatsbürger

Ausbildungen
1979 – 80 MBA, Katholieke Universiteit Leuven (KUL), Belgien
1974 – 78 Applied Economics, Université Catholique de Louvain (UCL), Belgien

Laufbahn
Demaré startete 1984 bei Dow Chemical als Finanzmanager für Benelux in Brüssel. Nach verschiedenen Aufgaben in Frankreich und der amerikanischen Dow-Konzernzentrale wechselte er 1992 in die Zentrale für Europa, den Mittleren Osten und Afrika in Zürich. 1997 wurde er Finanzdirektor für die weltweite Dow-Division Polyolefine. Im Jahr 2002 übernahm er bei Baxter International die Position als Vice President und CFO von Baxter Europe mit Sitz ebenfalls in Zürich. Seit November 2004 ist Demaré CFO der ABB.

Das Unternehmen
ABB ist führend in der Energie- und Automatisierungstechnik. Die Unternehmen der ABB sind in rund 100 Ländern tätig und beschäftigen rund 103’000 Mitarbeiter.

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