Schurkenstaat neu definiert

Von Helmuth Fuchs


Geahnt hat man es ja irgendwie, jetzt scheint Deutschland auch willens, den Tatbeweis zu liefern: Wenn der Preis stimmt und die öffentliche Meinung günstig ist, lässt sich Recht bedenkenlos beugen oder ausser Kraft setzen. Die deutschen Politiker werfen der Schweiz als Steueroase unrechtmässigen Wettbewerb vor, scheuen sich aber nicht, einem Verbrecher sein Diebesgut abzukaufen, weil sie sich davon einen finanziellen Vorteil versprechen.


Rechtsgrundlagen aussen vorgelassen
Während in der Schweiz Steuerhinterziehung im Gegensatz zu Steuerbetrug nicht strafbar ist, in den EU-Ländern und den USA jedoch schon, erhöhen diese Länder den politischen Druck, damit die Unterscheidung in der Schweiz beseitigt wird und alle Länder dieselbe Rechtsgrundlage haben. Daran ist nichts auszusetzen, ein normaler politischer Vorgang.  Diebstahl von geschützten Daten ist jedoch in allen Ländern ein Vergehen, das strafbar ist. Wenn der deutsche Staat nun mit öffentlichen Geldern Diebesgut erwirbt und den Täter unbehelligt lässt, sendet er seinen Bürgern ein verheerendes Signal: Recht ist nur eine Preisfrage. Wenn es sich finanziell lohnt, mit einem Verbrecher zusammen zu arbeiten, kann man das Recht gerne auch mal aussen vorlassen.


Scheinheilige Argumentation
Die jetzt angeführten Begründungen, die Schweiz würde ja ansonsten nicht mit Deutschland zusammen arbeiten und die Regelung, dass ein Straftäter frei ausgehen könne bei der Kooperation mit dem Staat, sind im ersten Fall scheinheilig, im zweiten falsch. Die Schweizer Regierung hat angekündigt, dass sie im vorliegenden Falle des Kaufs der Daten Deutschland keine Rechtshilfe gewähre. Für Steuerbetrug gibt es den gesetzlichen Weg eines Rechtshilfegesuches, dem bei begründetem Verdacht auch entsprochen wird. Die bekannte «Kronzeugen-Regelung», welche einem Straftäter Straffreiheit bringen kann, wird ansonsten meist nur in schweren Fällen, in denen durch die Kooperation Leben gerettet oder kapitale Verbrechen verhindert werden können, angewendet. Hier geht es aber nur um die Bereicherung des Staates, nicht um den Schutz des Lebens seiner Bürger.


Geschäftsmodell «Kooperation mit Schurken»
Im vorliegenden Falle passt der deutschen Regierung einfach das Schweizer Recht nicht, um ihre Bürger an der Steuerhinterziehung  zu hindern. Der Weg, das zu ändern, geht über politischen Druck und Verhandlungen (zum Beispiel die eines neuen Doppel-Besteuerungs-Abkommens). Dem deutschen Staat scheint das zu wenig zügig voran zu gehen.  Das ist verständlich, aber legitimiert in keiner Weise die Missachtung der rechtlichen Grundlagen, welche in beiden Ländern gelten. Diebe gehören bestraft, nicht belohnt. Deutschland macht aus der Kooperation mit Schurken ein Geschäftsmodell für seine Steuerbehörde, zuerst in Liechtenstein, jetzt in der Schweiz. Das ist erbärmlich und mit Sicherheit nicht dazu angetan, das Rechtsempfinden seiner Bürger im Umgang mit dem Staat zu erhöhen. Auch Steuerflüchtige werden das in Zukunft als Freipass interpretieren, alles zu unternehmen, den eigenen Besitz zu mehren und schützen. Genau wie der Staat.


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