Swissair-Prozess: Geschädigtenanwalt fordert Schuldspruch von Mario Corti

Die Erklärungen Cortis an der SAirGroup-Generalversammlung vom 25. April 2001 und später gegenüber Medien seien eine vorsätzliche Beschwichtigung der Öffentlichkeit gewesen, um den Eindruck zu erwecken, die Liquidität der SAirGroup sei durch den Milliarden-Kredit mit der Deutschen Bank, Credit Suisse und Citigroup gesichert. Dass an der GV noch kein Kreditvertrag vorgelegen habe, sei unbestreitbar, sagte Rechtsanwalt Michel Haymann: Der SAirGroup habe lediglich eine Offerte über eine Finanzierung vorgelegen. Falsch sei die Aussage Cortis, die Kreditlinie sei gesichert.


Verschwiegen
Der ehemalige SAirGroup-Chef habe auch verschwiegen, dass die SAirGroup den Kredit nur zur Vorfinanzierung beim Verkauf von Unternehmensteilen hätte verwenden können, wenn die Käufer noch nicht bezahlt hätten. Diese eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit sei der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen worden, sagte Haymann.


Cortis Verteidiger weist Vorwürfe zurück
Cortis Verteidiger Paul Ramer wies die Vorwürfe zurück: Es habe sich bei der Kreditlinie um eine rollende Fazilität über 1 Mrd CHF gehandelt. Dies bedeute, dass ein Kreditnehmer die Möglichkeit habe, das Geld im Rahmen des Vertragswerkes zu beziehen. Der Kreditnehmer müsse dazu jedesmal einen Antrag stellen. Erst dann müsse er die Bedingungen des Vertragswerks erfüllen, sagte Ramer.


Viel mehr als eine Absichtserklärung
Corti selber hatte sich anlässlich des Prozesses in Bülach geäussert, beim Finanzierungsvorschlag der Banken um viel mehr als eine Absichtserklärung gehandelt habe. Es sei eine rechtsverbindliche Übereinkunft zur Errichtung einer Kreditfazilität. Mit seinen Ausführungen an der Generalversammlung und der dazugehörigen Folie habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Übereinkunft mit den Banken erzielt worden sei. Diese habe die Banken dazu verpflichtet, eine dritte Kreditlinie zu errichten. Eine solche entstehe aber nicht in einer Sekunde, vielmehr handle es sich um einen Bauprozess, hatte Corti gesagt. Seine Erklärung, wonach auf alle Fälle sichergestellt sei, dass man nun die Sanierung der Gruppe in Angriff nehmen könne, ohne dass die Liquidität als solche gefährdet sei, bedeute aus seiner Sicht, dass die Vereinbarung es erlaubt habe, mit der Sanierung zu beginnen, ohne dass die Liquidität im Grundsatz , das heisst soweit damals absehbar, gefährdet gewesen sei.


Gläubigerschädigung durch intransparente Vermögensverschiebung
Beim zweiten Punkt des Vorwurfs der Gläubigerschädigung durch intransparente Vermögensverschiebung innerhalb der Swissair-Gruppe forderte der Anwalt des Kantons Neuenburg und Belgien die Rückweisung des Urteils von Bülach. Es gehe um die Frage, ob Corti damals von der Überschuldung gewusst habe oder habe wissen müssen. Da die Staatsanwaltschaft aber den zweiten Teil ihrer Untersuchungen, der die Rechnungslegung der SAirGroup voraussichtlich einstellen wolle, fehlten Angaben dazu im Prozess. Deshalb beantrage er eine Rückweisung, damit die Anklage durch zusätzliche Untersuchungen der Staatsanwaltschaft ergänzt werden könne.

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