Weltwirtschaft wächst kräftiger

Aber es ist ein Aufschwung der zwei Geschwindigkeiten: «Eine zögerliche Erholung in vielen reichen Ländern und eine viel stärkere in den meisten Schwellen- und Entwicklungsländern», sagte Chefökonom Olivier Blanchard am Mittwoch bei der Vorstellung des jüngsten IWF- Weltwirtschaftsbericht in Washington. «Starkes, nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum zu erreichen wird nicht leicht.»


Wachstumsprognose für Deutschland reduziert
Für Deutschland korrigierte der IWF seine diesjährige Wachstumprognose derweil leicht um 0,3 Punkte auf 1,2 Prozent nach unten. 2011 erwartet er ein Plus von 1,7 Prozent, allerdings begleitet von einer prognostizierten Arbeitslosenquote von 9,3 Prozent. IWF-Ökonom Jörg Decressin sprach dennoch von einer «bemerkenswerten Leistung, wenn man betrachtet, wie niedrig die Arbeitslosigkeit in Deutschland während der Krise blieb». Die Zahlen seien «ein Zeugnis für erfolgreiche Reformen».


Asien prescht voran
Beim globalen Wachstum prescht indes Asien voran: In den dortigen Schwellen- und Entwicklungsländern erwartet der Fonds in diesem und im nächsten Jahr jeweils ein Plus von satten 8,7 Prozent. «Das Wachstum scheint nicht nur stark, sondern auch nachhaltig», sagte Blanchard. Die private Nachfrage in diesen Ländern werde immer robuster und könne auch künftig den Wirtschaftsaufschwung tragen.


Mahnende Worte
Allerdings mahnte der IWF aufstrebende Staaten, ihre Währungen stärker werden zu lassen, um Exporte zu verringern, während reiche Staaten umgekehrt eine Schwächung ihrer Währungen zulassen sollten, um Ausfuhren anzukurbeln. Das Ziel: Der Abbau der globalen Wirtschafts-Ungleichgewichte. Eine Stärkung des chinesischen Yuan nannte Blanchard entsprechend «in höchstem Masse wünschenswert».


Trübes Konjunkturbild in Industriestaaten
Trübe wirkt indes das Konjunkturbild in den Industrieländern. Gerade einmal 2,3 Prozent Wachstum erwartet der Fonds 2010, für das nächsten Jahr wird ein gleich hoher Anstieg erwartet. Und das bei hoher Arbeitslosigkeit, die der IWF in diesem Jahr bei 8,4 Prozent sieht und die sich 2011 nur wenig verringern werde. Deutlich vorne beim Wachstum in den reichen Ländern liegen laut IWF die USA, dem Ausgangspunkt der Krise: 3,1 Prozent werden 2010 erwartet.


Dass die Konjunktur in Europa nicht so recht in Schwung kommen will, liegt laut Decressin auch daran, dass die Wirtschaft dort stärker von Bankkrediten abhänge als in den USA. Auch seien die staatlichen Eingriffe dort später gekommen als in Amerika.


IWF wiederholt Mahnung
An die Adresse der reichen Staaten wiederholte der IWF seine Mahnung, angesichts gigantischer Schuldenberge sich dringend um eine mittelfristige Konsolidierung der Haushalte zu bemühen. «Der Verlust von Einnahmen gekoppelt mit dem Verlust von Wirtschaftsleistung kann zu einer Schuldenexplosion führen, wenn es keine Versuche der Eindämmung gibt», warnte IWF-Chefökonom Blanchard. Aufstrebende Wirtschaftsmächte und Entwicklungsländer müssten aus Sicht des Fonds unterdessen einen Blick auf die grossen Kapitalströme haben und bei Bedarf – auch mit Kapitalkontrollen – gegensteuern. Während solche Zuflüsse grundsätzlich gut seien, könnten sie nach aller Erfahrung auch zu Preisblasen und Crashs führen.


Der Abbau der globalen Wirtschaftsungleichgewichte, die unterschiedliche Konjunkturentwicklung, die Reform des Finanzsystems zählen zu den Themen der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank an diesem Wochenende in Washington. Am Freitag davor beraten auch die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 wichtigsten Wirtschaftsmächte in der US-Hauptstadt über diese Fragen. (awp/mc/pg/30)

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