Sergio P. Ermotti, Group CEO der UBS, im Interview

Sergio P. Ermotti, Group CEO der UBS, im Interview
UBS-CEO Sergio Ermotti. (Foto: UBS)

Von Patrick Stahl

Herr Ermotti, die UBS sich seit der Finanzkrise wieder stärker auf die Vermögensverwaltung konzentriert. Was gab den Ausschlag dafür, dass Sie wieder zu ihren Wurzeln zurückkehren?

Sergio P. Ermotti: Nach der Finanzkrise stand fest, dass das Geschäftsmodell neu ausgerichtet werden muss. Daher haben wir dann im November 2011 eine klare Strategie formuliert und im Herbst 2012 bekanntgegeben, dass wir deren Umsetzung beschleunigen. Wir haben seit 2011 die Risiken massiv reduziert und unsere Bilanz verkleinert. Unsere Strategie basiert auf unserer internationalen Vermögensverwaltung und auf der Universalbank in der Schweiz, verstärkt durch unser Asset Management und die Investmentbank. Wir sind überzeugt, dass wir damit den richtigen Weg eingeschlagen haben.

«UBS ist heute in einer guten Position, weil wir 2011 frühzeitig und rasch gehandelt haben.» Sergio P. Ermotti, Group CEO der UBS

Wo stehen Sie auf diesem eingeschlagenen Weg?

UBS ist heute in einer guten Position, weil wir 2011 frühzeitig und rasch gehandelt haben. Wir haben heute strategische Klarheit und ein überzeugendes Geschäftsmodel, das von unseren Kunden, Aktionären und Mitarbeitern gleichermassen geschätzt wird. Gegenüber unseren Aktionären haben wir zudem eine klare und verlässliche Dividendenpolitik definiert. Wir haben ein starkes Management Team, welches die nächste Wachstumsphase der Bank gestalten wird. Wir sind für zukünftige Aufgaben und Herausforderungen gut gerüstet.

Sind Sie damit Ihrer Konkurrentin Credit Suisse einen Schritt voraus?

Die Antwort auf diese Frage überlasse ich gerne anderen.

Die Finanzplätze Schweiz und Liechtenstein stehen seit dem Fall des Bankgeheimnis generell stark unter Druck. Wie weit ist die Transformation der Finanzplätze bereits fortgeschritten?

Ich glaube, wir befinden uns mittendrin. Die sich verändernden regulatorischen Rahmenbedingungen, der gestiegene Wettbewerbsdruck, das sich ändernde Kundenverhalten und die Einführung des neuen globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch sind alle Treiber des Strukturwandels der Finanzbranche. Die Konsequenzen werden noch verstärkt durch eine Reihe von herausfordernden Marktentwicklungen, wie beispielsweise dem negativen Zinsumfeld. Um dem entgegen zu wirken, müssen wir weitere, kreative Lösungen finden, um die Kosten zu reduzieren. Und zwar Massnahmen, welche über die jetzigen hinausgehen.

«Ich erwarte, dass der Strukturwandel zu einer noch stärkeren Konsolidierung führt.»

Während grosse Institute ihre ausländischen Kunden weltweit betreuen können, fehlt kleineren Instituten diese Option. Was glauben Sie, wie wird sich die Konsolidierung der Branche in der Schweiz weiter entwickeln?

Die Veränderungen der Rahmenbedingungen schlagen sich in höheren Kosten nieder und führen zu einem Margendruck. Verschiedene Institute richten sich im Moment neu aus. Ich erwarte, dass der Strukturwandel deshalb zu einer noch stärkeren Konsolidierung führt. In den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der Banken in der Schweiz bereits von 312 auf 266 zurückgegangen. Über die kommenden fünf Jahre wird eine weitere Marktkonsolidierung von rund 20 Prozent Prozent erwartet.

Vor allem kleine und mittelgrosse Banken in der Schweiz und in Liechtenstein haben mit Regulierungsaufwand und Ertragsschwäche zu kämpfen, während Investitionen in die Digitalisierung notwendig werden. Wie können die Banken diesen Spagat am besten meistern?

Kleine bis mittelgrosse Banken stehen vor der Herausforderung, dass sie viele regulatorische Anforderungen erfüllen müssen, genau wie Grossbanken auch, beispielsweise für das Onboarding von Kunden oder Compliance Prozesse. Dies sind Kosten, die auf die Marge drücken, bei kleinen bis mittelgrossen Banken umso gewichtiger. Daher macht es Sinn, sich zu überlegen, welche Prozesse man auslagern oder man mit anderen Banken zusammenlegen könnte, um eine gewisse Skalierung und damit eine Senkung der Kosten zu erreichen.

Sie haben die Idee einer Superbank ins Spiel gebracht. Die Schweizer Banken könnten dabei Teile der Verwaltung und Abwicklung zusammenlegen, um Kosten zu sparen. Wie reif ist diese Idee schon?

Ich sprach damals von einem teilweise gemeinsamen «Backoffice», da ein grosser Teil der Kosten im Bankensektor dort anfällt. Hier stellt sich die Frage: Muss jede Bank diese Art von Aufgaben selbst erledigen und bringen diese Leistungen unseren Kunden einen effektiven Mehrwert? Ich sehe ein deutliches Momentum für Bankenkooperationen, aber es wird Zeit brauchen, um so etwas zu entwickeln und voll zu implementieren.

Wer könnte diese Superbank bauen und betreiben?

Die Palette an Möglichkeiten ist breit: Es können Börsen, Infrastrukturbetreiber, Technologieunternehmen, aber natürlich auch Banken sein.

Welche Reaktionen haben Sie auf Ihre Idee von den Bankiers erhalten?

Die Erkenntnis ist da, dass sich die Bankenlandschaft in diese Richtung entwickeln muss. Wenn man sich verschiedene Wirtschaftssektoren anschaut, dann haben andere, wie beispielsweise die Telekommunikation oder auch die Automobilindustrie diese «Wellen» bereits durchlaufen. Der Bankensektor steht hier erst am Anfang. Wichtig ist hier: Wir müssen gross denken, vielleicht müssen wir sogar unrealistisch denken, damit die Vision am Schluss zu einem Resultat führt.

«Ich sehe ein deutliches Momentum für Bankenkooperationen, aber es wird Zeit brauchen, um so etwas zu entwickeln und voll zu implementieren.»

Sparen ist die eine Seite, investieren die andere. In welchen Bereichen sehen Sie Zukunftspotenzial für die Finanzplätze Schweiz und Liechtenstein?

Für mich sind zwei Punkte wesentlich: Digitalisierung und Zusammenarbeit. Digitalisierung ist eine Realität, der sich jede Bank auf der obersten Ebene stellen muss. Die Fähigkeit, sich agil und reaktionsschnell auf dieses veränderte Geschäftsumfeld einzustellen, ist entscheidend für den Erfolg. Wir verfolgen daher den Ansatz mit eigenen Teams innerhalb der Firma und mit externen Partnern zusammen zu arbeiten, um neue Technologien zu nutzen. In der Schweiz investieren wir beispielsweise in die Digitalisierung unserer Geschäftsstellen und haben UBS Paymit, die erste Bezahl-App der Schweiz lanciert. In unserem Vermögensverwaltungsgeschäft setzen wir vermehrt auf die Entwicklung von Robo-Lösungen. Die menschliche und persönliche Interaktion mit unseren Kunden wird aber weiterhin zentral bleiben. Zum anderen ist es der Punkt Zusammenarbeit, den wir bereits besprochen haben. Mit einer gemeinsamen, effizienten Backoffice-Organisation könnten wir die Branche vom Kostendruck entlasten und gleichzeitig Mittel für Innovationen freisetzen.

Sie treten am 9. März am Finance Forum Liechtenstein auf. Ist dies ihr erster Besuch im Nachbarland?

Nein, natürlich nicht. Als direktes Nachbarland ist es eng mit der Schweiz verbunden. Ich freue mich auf das Finance Forum im März.

Zur Person:
Sergio P. Ermotti ist seit 2011 CEO der UBS Group. Der Schweizer mit Tessiner Wurzeln übernahm den Chefposten im November 2011, nachdem er im April 2011 in die Konzernleitung berufen worden war. Ermotti war von 2007 bis 2010 stellvertretender CEO der italienischen Grossbank Unicredit und zuvor in verschiedenen Führungsfunktionen für Merrill Lynch tätig. Sei dem Amtsantritt von Ermotti hat sich die UBS auf die Vermögensverwaltung fokussiert und das Investmentbanking stark verkleinert.


Das Interview entstand im Vorfeld zum Finance Forum Liechtenstein

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