Peter Hettich, CEO Swisslog

Peter Hettich, CEO Swisslog

Peter Hettich, CEO Swisslog. (Foto: Swisslog)

von Patrick Gunti

Moneycab: Herr Hettich, Swisslog hat im ersten Halbjahr 2014 Auftragseingang, Umsatz und Gewinn gesteigert. Was hat zum positiven Resultat geführt, welches waren die positiven Treiber?

Peter Hettich: Es ist uns gelungen, den Schwung aus den letzten Monaten des vergangenen Jahres mitzunehmen und unsere Chancen weiter konsequent zu nutzen. Dies ist vor allem das Ergebnis harter Arbeit und ein Vertrauensbeweis unserer Kunden in unsere Lösungen und Produkte, unser Unternehmen und insbesondere unsere Mitarbeiter.

Wie würden Sie das aktuelle Marktumfeld beschreiben?

Die wirtschaftliche Lage in unseren Hauptmärkten – Nordamerika für Healthcare Solutions (HCS) und Europa für Warehouse & Distribution Solutions (WDS) – bliebt weiterhin anspruchsvoll. Wir sehen aber eine zunehmende Stabilität. Die grundlegenden Markttrends stützen die Nachfrage nach Automatisierungslösungen von Swisslog.

«Die grundlegenden Markttrends stützen die Nachfrage nach Automatisierungslösungen von Swisslog.»
Peter Hettich, CEO Swisslog

Trotz des anspruchsvollen Umfelds hat Swisslog im 1. Halbjahr kräftig investiert und den Personalbestand ausgebaut. In welchen Bereichen haben Sie vor allem neues Personal benötigt?

Das Know-how unserer Mitarbeiter ist der grösste Mehrwert für unsere Kunden. Der Personalausbau erfolgte vor allem in unserer Division Warehouse & Distribution Solutions. Einerseits im Bereich Customer Service, andererseits im Rahmen des Ausbaus unserer Vertriebsorganisationen in Nordamerika und Asien. Investiert haben wir auch in die Technologie, vor allem in die Software.

Die beiden Divisionen Healthcare Solutions und Warehouse & Distribution haben sich unterschiedlich entwickelt. Beim Spital-Logistik-Geschäft harzt es im Hauptmarkt Nordamerika weiter. Was braucht es, damit sich die Situation verbessert?

Hier leiden wir weiterhin unter den Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform „Affordable Care Act“ und der allgemeinen Haushaltssituation. Investitionen im Spitalmarkt werden nach wie vor sehr zurückhaltend getätigt. Auch hier sehen wir langsam eine Stabilisierung, aber es braucht wohl einfach noch mehr Zeit. Insgesamt sind wir mit einem Marktanteil von über 70 Prozent im US-Markt sehr gut positioniert.

Wie hat sich HCS in Europa, Asien und im Nahen Osten entwickelt?

Das Geschäft in Europa war stabil. Die Region Asien und der Nahe Osten überzeugen durch nachhaltiges Wachstum. Im riesigen und schnell wachsenden chinesischen Markt haben wir erst kürzlich ein neues Produkt lanciert. Der UniPick 2 ist eine Automatisierungslösung für die ambulante Medikamentenabgabe in Spitalapotheken. Wir konnten seit der Lancierung im zweiten Quartal bereits 11 Anlagen verkaufen.

«Insgesamt sind wir mit einem Marktanteil von über 70 Prozent im US-Markt sehr gut positioniert.»

Swisslog realisiert automatisierte Systemlösungen für den Materialtransport und das Medikamentenmanagement. Worauf wird bei laufenden und künftigen Entwicklungen der Fokus gelegt?

Im Bereich Materialtransport, wo wir zu den Weltmarktführern gehören, geht es darum, unsere Kundenbasis anzusprechen über zusätzliche Services oder mit der Optimierung der Anlagen. In den USA zum Beispiel lancieren wir gerade ein Angebot zur Fernwartung unserer Systeme rund um die Uhr. Gleichzeitig arbeiten wir an unseren Alleinstellungsmerkmalen und entwickeln unsere etablierten Produkte und Lösungen weiter. Auch im Bereich Medikamentenmanagement arbeiten wir an der weiteren Differenzierung unserer Lösungen. Zudem stossen wir hier auch in neue attraktive Märkte vor, wie etwa Südamerika, Osteuropa oder die Türkei. Schliesslich sind wir der einzige Gesamtanbieter im Markt, der Materialtransport und Medikamentenmanagement offeriert und diese Prozesse integrieren kann. Nur so ist eine komplett abgesicherte Lieferkette von der Zentralapotheke zum Patienten – oder wie wir sagen „dockside to bedside“ – möglich.

Das Geschäft von Warehouse & Distribution verlief erfolgreich. In welchen Regionen war dies besonders der Fall?

Das Geschäft wuchs vor allem in den Regionen Asien-Pazifik und Nordamerika. Dort ist die Automatisierung noch weniger weit fortgeschritten als in Europa.

Welche technischen Entwicklungen konnten hier realisiert werden?

Neu im Markt lanciert haben wir CarryPick, ein automatisiertes Ware-zur-Person-Kommissioniersystem. Es funktioniert so, dass fahrerlose Transportfahrzeuge mobile, mit Ware bestückte Regale unterfahren, anheben und zu Arbeitsplätzen transportieren. Das System eignet sich besonders gut für den E-Commerce. Zudem entwickeln wir laufend die Software von verschiedenen Lösungen weiter.

Mitte August hat Swisslog einen Grossauftrag des führenden skandinavischen Modehändlers Varner an Land gezogen. Was beinhaltet der Auftrag mit einem Volumen von 55 Mio Franken?

Swisslog wird als Generalunternehmerin für die Lagerlogistik eines neuen Verteilzentrums in Schweden verantwortlich sein. Dieses beinhaltet je ein automatisches Hochregallager für Paletten mit 40’000 und für Kleinteile mit 330’000 Stellplätzen. Ergänzt wird es mit einem Kleinteilelagersystem AutoStore mit einem Lagervolumen von 60’000 Behältern. Das Gehirn des Verteilzentrums ist die Swisslog-eigene Lagerverwaltungs- und Steuerungssoftware. Der Systembetrieb vor Ort durch Swisslog-Mitarbeiter gehört ebenfalls zum Auftrag. Swisslog stärkt mit diesem Auftrag ihre Positionierung als führende Anbieterin von automatisierten Intralogistik-Lösungen für den Einzelhandel und den E-Commerce.

Von welcher Entwicklung gehen Sie in der zweiten Jahreshälfte aus?

Zwar bleibt die Wirtschaftslage in unseren Hauptmärkten anspruchsvoll. Wegen des guten Auftragsbestands rechnen wir aber mit einem stärkeren zweiten Semester.

«Der Trend geht in ersten Ländern und Produktsortimenten sogar Richtung „Same Day Delivery“. 

Der E-Commerce-Report Schweiz konstatiert ein regelrechtes Wettrüsten in der E-Commerce-Logistik. Wo liegen die  grössten Herausforderungen?

Sie haben Recht. Weltweit werden im E-Commerce über 1,2 Billionen Dollar umgesetzt, das jährliche Wachstum beträgt 20 Prozent. Das zieht natürlich logistische Herausforderungen mit sich: Hohe Volumen und Wachstumsraten, kleinere Auftragsgrössen aber riesiges Sortiment, immer kürzere Lieferzeiten, hohe Retourenquoten, die Fehlertoleranz tendiert gegen Null.

Der Trend geht hin zu immer kürzeren Lieferzeiten, zu «Next Day Delivery», aber auch zu kleineren Sendungsgrössen oder Pick-up-Points. Wie können Sie Ihre Kunden dabei unterstützen? Wie flexibel und anpassungsfähig sind Ihre Lösungen?

Der Trend geht in ersten Ländern und Produktsortimenten sogar Richtung „Same Day Delivery“. Um die erwähnten Herausforderungen meistern zu können, muss ein Online-Händler seine Logistik automatisieren. Er braucht eine zuverlässige, flexible und skalierbare Lösung. Unsere Lösungen sind das zweifelsohne. Wir sind im Retail- und E-Commerce-Bereich hervorragend positioniert.

Worin sehen Sie generell die grössten Herausforderungen für Swisslog in den kommenden Jahren?

Unser Ziel ist es, unseren Kunden weiterhin einen herausragenden Kundennutzen zu bieten. Und zwar durch erstklassige Lösungen und Produkte, lebenslange Partnerschaften und Services sowie hervorragende und kundenorientierte Mitarbeiter. Gleichzeitig wollen wir durch eine kontinuierliche Verbesserung unserer Prozesse, durch eine weitere Standardisierung unserer Softwareplattform usw. unsere Profitabilität verbessern. Und somit auch unseren Aktionären eine Mehrwert schaffen.

Herr Hettich, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Peter Hettich ist Delegierter des Verwaltungsrats der Swisslog Holding AG und Vorsitzender der Gruppenleitung seit dem 4. November 2013. Er ist diplomierter Physiker der Technischen Hochschule Aachen und verfügt über einen EMBA der Universitäten Mannheim und ESSEC, Paris. Von 2012 bis Mai 2014 war er Leiter des Geschäftsbereichs General Industry und Mitglied der Geschäftsführung der Grenzebach-Gruppe. Zuvor war er in der Forschung und Entwicklung im Mobilfunkbereich, als Unternehmensberater sowie von 2000 bis 2012 bei der Porsche AG in Führungspositionen im internationalen Vertrieb, im Kundendienst und im Qualitätsbereich tätig.

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