Deutsche Bank: Keine Angst vor „Islamisten“

Deutsche Bank: Keine Angst vor „Islamisten“

Dr. Henry Azzam, Chairman Deutsche Bank Mittlerer Osten und Nordafrika.

von Gérard Al-Fil

Glaubt man dem Medien-Einheitsbrei in Europa, dann befindet sich Nordafrika auf dem Weg ins Mittelalter. Wenn, wie jetzt in Tunesien, religiöse Parteien in freien Wahlen als stärkste Kraft hervorgingen, so der Tenor, würden mit den «Islamisten» auf den Arabischen Frühling niemals der Sommer folgen. Dies sieht Henry Azzam, Chairman der Deutsche Bank AG für die Region Mittelost und Nordafrika, ganz anders.

Von Ankara lernen
«Das Beispiel Türkei, wo die AKP regiert, zeigt dass eine moderat-religiöse Führung sehr wohl wirtschaftlichen Aufschwung und soziale Stabilität herbei führen kann.» Es bringe nichts, Gruppierungen wie die islamische Partei An-Nahhda (deutsch Erhebung), die in Tunesien bei Wahlen am vergangenen Sonntag die Mehrheit gewann, zu dämonisieren, sagte Azzam am Mittwoch an einer Veranstaltung des IWF in Dubai.

Alle Macht dem Privatsektor
Tatsäschlich hat die Türkei seit 2002 dank umfangreicher Privatisierungen und politischer Reformen ihr Bruttoinlandsprodukt von 231 Mrd. Dollar om 2002 auf 736 Mrd. Dollar im letzten Jahr steigern können. Gleichzeitig sank im selben Zeitraum die Inflation von 30% auf 6,4%. Damit stieg das Land am Bosporus binnen eines Jahrzehnts zur sechzehntgrössten Volkswirtschaft der Welt auf. Allein im 2010 wuchs das BIP um 8,9%.

Mehr Infrastruktur-Investitionen gefordert
Den post-revolutionären Staaten im MENA-Raum empfiehlt der Deutsche Bank Mittelost-Chairman «makroökonomische Stabilität und Wirtschaftswachstum, das auch junge Erwerbslose eine Chance auf dem Arbeitsmarkt gibt.» Investitionen in die Infrastruktur könnten schnell Jobs schaffen. Dazu müssten der Staat und der Privatsektor am gleichen Strang ziehen, und nicht wie so oft unter den alten Regierungen, gegeneinander arbeiten. Auch sollten die in den meisten arabischen Staaten noch schwach entwickelten Kapitalmärkte ausgebaut werden, um die einseitige Abhängigkeit von Öl und Gas zu mindern.

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