EU deckelt erstmals Banker-Boni

EU deckelt erstmals Banker-Boni
(Bild: © Delphimages - Fotolia.com)

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Brüssel – Überhöhte Bonuszahlungen an Spitzenbankiers gehören in der EU bald der Vergangenheit an. Die 27 EU-Staaten preschen damit auf internationaler Ebene voran. Vertreter des Europaparlaments und der irischen EU-Ratspräsidentschaft einigten sich nach über achtstündigen Verhandlungen in Brüssel auf den Kompromiss zur Deckelung der Zusatzgehälter in der Bankenbranche. Protest kommt aus Europas grösstem Finanzzentrum London.

«Zum ersten Mal werden in der EU und weltweit Bonuszahlungen gedeckelt», resümierte der Verhandlungsführer des Parlaments, Othmar Karas. Die Vorschriften gelten nach seinen Angaben für Banken mit Sitz in der EU weltweit sowie für Filialen ausländischer Geldhäuser innerhalb der EU.

Extras dürfen nicht höher als das Gehalt sein
Die Extravergütungen dürfen das eigentliche Gehalt der Banker nicht mehr übersteigen. Unter bestimmten Bedingungen können Aktionäre auf einer Hauptversammlung Vergütungen billigen, die doppelt so hoch sind wie das Grundgehalt. Die Volksvertretung und die EU-Kassenhüter müssen den Kompromiss noch endgültig billigen.

Etwa 8200 Banken betroffen
Die Vorschriften sollen vom 1. Januar kommenden Jahres an greifen. Sie betreffen laut EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier etwa 8200 Banken, davon seien rund die Hälfte genossenschaftlich organisierte Geldhäuser. «Wären diese Regeln vor fünf oder sechs Jahren in Kraft gewesen, hätten wir wahrscheinlich keine Lehman-Brothers-Affäre gehabt», meinte der Franzose. Der Zusammenbruch der US-Investmentbank 2008 hatte die weltweite Finanzkrise ausgelöst.

Beispielloses Regulierungspaket
Die Boni-Regelung ist Teil eines in der EU beispiellosen Regulierungspaketes, um Kreditinstitute krisenfester zu machen. Dazu werden auch schärfere Kapitalvorschriften für die Finanzbranche (Basel III) gesetzlich verankert. «Die Stabilisierung erfolgt dadurch, dass die Banken zukünftig mehr und besseres Kapital halten müssen», sagte der konservative Österreicher Karas.

Kritik aus London
Grossbritannien mit seinem grossen Finanzzentrum London war in den Verhandlungen laut Diplomaten weitgehend isoliert. Londons konservativer Bürgermeister Boris Johnson reagierte mit scharfer Kritik: «Alles, was man mit dieser Massnahme hoffen kann zu erreichen, ist, auf Kosten einer taumelnden EU (die Finanzzentren) in Zürich, Singapur und New York zu stärken.» Er fügte hinzu: «Die Menschen werden sich fragen, warum wir in der EU bleiben, wenn die auf solch klar erkennbare Eigentor-Politik besteht.»

Etwas vorsichtiger äusserte sich der britische Premier David Cameron. Das Regelungspaket müsse so umgesetzt werden, dass die besonderen Bedürfnisse der Londoner City berücksichtigt werden, sagte Cameron am Donnerstag am Rande eines Treffens in Lettland. «Wir haben, anders als andere EU-Länder, grosse internationale Banken, die ihren Sitz in Grossbritannien haben, aber in aller Welt aktiv sind.»

Kreditvergabe an Mittelstand soll erleichtert werden
Die neuen Regeln sollen auch dazu führen, die Kreditvergabe an den Mittelstand zu erleichtern. «Das neue Bankengesetz ist nicht nur ein Stück Bankenregulierung, sondern dient der Finanzierung der realen Wirtschaft», betonte Karas. Der irische Chef-Kassenhüter Michael Noonan, der amtierender Vorsitzender EU-Finanzminister ist, nannte das Kompromisspaket «gut ausbalanciert». Er will das Paket an diesem Dienstag mit seinen europäischen Amtskollegen debattieren. (awp/mc/pg)

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