Schweizer Versicherer brauchen einfachere Vorschriften

Schweizer Versicherer brauchen einfachere Vorschriften

Martin Eling. (Foto: Universität St. Gallen)

St. Gallen – Die Schweiz gehört zu den wettbewerbsfähigsten Ländern der Welt. Soll dies auch in Zukunft so bleiben, müssen die staatlichen Eingriffe in die Märkte einfacher werden und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Denn: Eine einfache Regulierung ist wirksamer und effizienter als eine komplexe. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Universität St. Gallen am Beispiel der Versicherungswirtschaft. Sie zeigt: Einfachere Vorschriften fördern die Wettbewerbsfähigkeit.

Die immer stärkeren Eingriffe des Staates in ihre Geschäftstätigkeit bereiten den Versicherungsgesellschaften zunehmend Sorgen. Zwar anerkennen die Versicherer die Notwendigkeit und den Nutzen der Regulierung im Nachgang zur Finanzkrise, aber sie kritisieren, dass Gesetzgeber und Aufsicht vor lauter Kundenschutz oft die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie aus den Augen verlieren. Vor allem für kleine Versicherer werden Umfang und Komplexität der anschwellenden Regulierung zum Problem und zu einer überproportional starken Belastung. Dies zeigt eine neue Studie der Universität St. Gallen im Auftrag des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV.

Finma-Aufsichtskonzept wegweisend
Die Wissenschaftler Martin Eling und Sabine Kilgus befragten insgesamt 76 Versicherer im gesamten deutschsprachigen Raum zu ihrer Beurteilung der Wirksamkeit und Effizienz der Regulierung. Fazit: In der Schweiz werden Qualität und Umsetzung der Regulierung insgesamt besser beurteilt als diejenige in Deutschland und Österreich. So wird das risikoorientierte Aufsichtskonzept der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma von den Versicherern als wegweisend beurteilt und zur konsequenten Weiterentwicklung empfohlen.

Kritik an unbesehener Übernahme internationaler Regulierungen
Kritisch hingegen beurteilen die Versicherer eine unbesehene Übernahme internationaler Regulierung – etwa der neuen Unisex-Tarifierung oder des neuen Vermittlerrechts der EU. Im Rahmen der Unisex-Tarifierung dürfen zum Beispiel Lebensversicherer die Prämien von Männern und Frauen nicht mehr differenzieren, obwohl sich deren durchschnittliche Lebenserwartungen deutlich unterscheiden. Und das neue Vermittlerrecht hat gerade in Deutschland zu einer exzessiven Ausweitung der Dokumentationspflichten geführt, von der nicht sicher ist, ob der dadurch erzielte Nutzen die Kosten rechtfertigt.

Eigenkapitalforderungen: ökonomisch fragwürdig
Auch die neuen Eigenkapitalanforderungen für Versicherungen in der EU werden als ökonomisch fragwürdig bezeichnet. So ist beispielsweise für Investitionen in Staatsanleihen aus Griechenland keine Kapitalunterlegung vorgeschrieben. Diese Tendenz zu einer realitätsfremden Regulierung in der EU wird auch als Erklärung angeführt, warum die Bewertung der befragten Versicherer in der Schweiz insgesamt positiver ausfällt als diejenige der deutschen und österreichischen Versicherer.

Vereinfachung der Solvenzaufsicht und der Berichterstattung
Die Autoren der Studie empfehlen, diese Aspekte zu berücksichtigen, um die Qualität der Regulierung zu steigern. Konkret befürworten sie eine Vereinfachung der Solvenzaufsicht sowie der Berichterstattung. Sie begründen dies auch mit zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die zeigen, dass einfache Regulierung die bessere Regulierung ist.

Mehr Transparenz gefordert
Zugleich fordert die Studie aber mehr Transparenz der Versicherer gegenüber Kunden und Öffentlichkeit. Allerdings müssen diese Informationen vergleichbar und für Kunden in verständlicher Form aufbereitet sein. Das Ziel muss es bleiben, die Marktdisziplin und damit den Wettbewerb zu stärken. Das wird letzten Endes auch zu besseren Leistungen für den Kunden führen. (awp/mc/pg)

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