China will Weltwirtschaft ‹Leben einhauchen›

China will Weltwirtschaft ‹Leben einhauchen›
Chinas Ministerpräsident Li Keqiang.

Chinas Regierungschef Li Keqiang.

Peking – Bringt China mit seinem neuen Fünf-Jahres-Plan die Wirtschaft des Landes wieder auf Trab? Zumindest, wenn man sich unter den Delegierten des Pekinger Volkskongresses umhört, fällt die Antwort klar aus: «Es ist ein guter Plan», sagt der Abgeordnete Zhang Sixia, als er am Mittwoch die Grosse Halle des Volkes verlässt.

Wie die grosse Mehrheit der knapp 3000 handverlesenen Abgeordneten hat auch der Unternehmer aus der östlichen Provinz Shandong gerade mit «ja» für das Reformprogramm gestimmt. «Unsere Wirtschaft kann jetzt erfolgreich umgebaut werden.»

«Strahlende Zukunft»
Auch Regierungschef Li Keqiang gibt sich kurz nach der Abstimmung betont optimistisch. Es sei «unmöglich», dass die gesteckten Wachstumsziele verfehlt werden, sagt der Premier ein paar Stockwerke höher unter glitzernden Kronleuchtern vor der Presse. «Ich bin zuversichtlich, dass Chinas Wirtschaft eine strahlende Zukunft haben wird.»

Der Premier räumte «tief sitzende Probleme» ein, «die den Abwärtsdruck verschärft haben». Es gebe aber «mehr Hoffnung als Schwierigkeiten». Die wachsende Urbanisierung werde ein wichtiger Treiber für die heimische Nachfrage sein. Auch sollen die Reformen der Staatsunternehmen vorangetrieben werden. «Es gibt viel Raum, um Industrialisierung und Urbanisierung zu fördern.»

Er wies Warnungen vor einer «harten Landung» zurück. Sollte es Anzeichen für ein Abrutschen der Wirtschaft geben, werde China zu «innovativen Massnahmen» greifen. Auch die erhöhte Schuldenlast von Kommunen und Unternehmen sei kein Grund zur Beunruhigung. «Wir sind weiter in einer guten Position, um finanzielle Risiken entschärfen zu können», versicherte Li Keqiang.

Theorie und Praxis
Mit deutlich weniger Begeisterung wird Chinas neuer Wirtschafts-Wunderplan dagegen ausserhalb der Mauern von Pekings Version eines nicht frei gewählten Parlamentes aufgenommen. «Sehr grosse Bemühungen» seien notwendig, wenn die angestrebten Ziele erreicht werden sollen, sagt der Pekinger Ökonom Hu Xingdou. In der Theorie klinge der neue Fünf-Jahres-Plans zwar vielversprechend: Die Wirtschaft soll in den kommenden fünf Jahren mit 6,5 Prozent «und mehr» wachsen, die Einkommen der Chinesen sollen sich gemessen am Niveau von 2010 verdoppeln, die Wirtschaft soll nicht länger von der dreckigen Schwerindustrie abhängig sein, sondern durch innovative Unternehmen und einen stärkeren Dienstleistungssektor wachsen.

In der Praxis sei es laut Hu Xingdou bisher jedoch kaum einem Land gelungen, nach einer langen Phase hoher Wachstumsraten einer deutlichen Abkühlung der Wirtschaft zu entgehen.

«Starke Betonung auf Planung»
Skeptisch ist auch Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking. «Ich vermisse das Vorhaben, die Kräfte des Marktes walten zu lassen, und sehe eine starke Betonung auf Planung», kritisiert Wuttke den neuen Fünf-Jahres-Plan. Mächtige Interessengruppen, lokaler Protektionismus und die Ablenkung der Führung durch andere Vorhaben wie die Umstrukturierung von Partei und Militär bremsten zudem die Reformen.

Die Zeiten seien auch wegen der hohen Schuldenlast «unsicherer» geworden. Die Stimmung bei europäischen Unternehmen in China sei deshalb schlecht. Das langsamere Wachstum und der schlechte Marktzugang hätten europäische Investitionen 2015 schon um 25 Prozent auf weniger als zehn Milliarden Euro fallen lassen.

Härtere Zeiten für ausländische Unternehmen
Doch selbst, wenn China die angekündigten Reformen erfolgreich in die Tat umsetzt, würden laut Wuttke die Zeiten für ausländische Unternehmen in China härter. Die Ankurbelung des heimischen Konsums und der geplante Anstieg der Einkommen bieten zwar neue Geschäftsmöglichkeiten, aber von der Ausweitung des Dienstleistungssektors habe Europa wenig. Denn in Bereichen wie Banken, Versicherungen, Gesundheit, Transport oder Bildung seien europäische Unternehmen in China wegen behördlicher Beschränkungen kaum vertreten.

Li Keqiang beschwört dagegen die Möglichkeiten der «neuen Wirtschaft», die China durch Umstrukturierung der Industrie und Urbanisierung schaffen will. Der Umbau der chinesischen Wirtschaft werde der schwächelnden Weltwirtschaft neues «Leben einhauchen». (awp/mc/pg)

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