Hanspeter Ackermann, Vorsitzender der Bank Coop-Geschäftsleitung, im Interview

Hanspeter Ackermann, Vorsitzender der Bank Coop-Geschäftsleitung, im Interview
Ehemaliger Bank Cler-CEO Hanspeter Ackermann. (Foto: Bank Cler)

Hanspeter Ackermann, Vorsitzender der Bank Coop-Geschäftsleitung. (Foto: Bank Coop)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Ackermann, die Bank Coop hat den Jahresgewinn 2015 um 2 % gesteigert. Dafür verantwortlich war hauptsächlich ein gutes Ergebnis im Zinsengeschäft. Wie ist Ihnen dies in dem herausfordernden Umfeld mit Negativzinsen gelungen?

Hanspeter Ackermann: Auf das gute Zinsergebnis unserer Bank bin ich stolz. Wir haben uns dies hart erarbeitet. Es ist auf eine Kombination verschiedener Einzelmassnahmen zurückzuführen. Erstens waren wir bei der Vergabe von Hypothekarkrediten zurückhaltend und haben uns auf gute Objekte an einwandfreien Lagen sowie bonitätsmässig solide Schuldner konzentriert. Zweitens haben wir die Refinanzierung optimiert. Fällige Pfandbriefdarlehen und die nicht erneuerte Obligationenanleihe konnten wir zu tieferen Konditionen refinanzieren. Und drittens haben wir im Spar- und Anlagegeschäft eine moderate, zeitlich gestaffelte Konditionenanpassung vorgenommen. Unsere Kundschaft hat dies mit stetigen Spargeldzuflüssen während des ganzen Jahres honoriert. Dadurch waren auch die höheren Kosten zur konsequenten Absicherung der Bank Coop gegen das Zinsänderungsrisiko als Bestandteil des Zinsaufwandes verkraftbar.

Ein weiterer Rückgang war hingegen im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft zu verzeichnen. Wie stark schmerzen die Retrozessionen?

2015 haben sich die entgangenen Retrozessionen deshalb stark ausgewirkt, weil wir unser Geschäftsmodell ab Mitte 2014 umgestellt haben. Das heisst, im 1. Halbjahr 2014 hat die Bank Coop noch Retrozessionen von Fondsanbietern erhalten, ab dem 2. Halbjahr 2014 wurden sie vollständig an die Kunden weitergegeben. Durch die unterjährige Anpassung im Vorjahr lässt sich der Rückgang der Kommissionserträge für 2015 erklären. Denn dort wurden die Retrozessionen für das ganze Jahr an die Kunden weitergeleitet. Ohne den erwähnten Effekt wäre der Ertrag aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft auf Höhe des Vorjahres.

«Wir waren bei der Vergabe von Hypothekarkrediten zurückhaltend und haben uns auf gute Objekte an einwandfreien Lagen sowie bonitätsmässig solide Schuldner konzentriert.»
Hanspeter Ackermann, Vorsitzender der Bank Coop-Geschäftsleitung

Sie haben die Hypothekarvergabe angesprochen. Das Hypothekarvolumen hat im vergangenen Jahr um lediglich 0,7 % zugenommen. Weshalb die Zurückhaltung?

Dies hat drei Gründe. Erstens gehen wir immer noch von einer gewissen Überbewertung in einigen Regionen der Schweiz aus. Zweitens sind die Anforderungen an die Hypothekarschuldner gestiegen und drittens hat sich das Marktumfeld im Zusammenhang mit dem Negativzins massiv verändert.

Die Investitionen in die Positionierung als unabhängige Beraterbank haben zu einem deutlich höheren Geschäftsaufwand geführt. Welche Massnahmen standen dabei im Vordergrund?

Der kostenintensivste und grösste Schritt 2015 war der Start unseres zentralen Beratungscenters, welches die telefonische und elektronische Betreuung von Kundinnen und Kunden in der gesamten Schweiz übernommen hat. Dann haben wir im Sommer neue Produktpakete für Privatkunden und Business-Pakete für KMU-Kunden eingeführt, wir haben unsere Geschäftsstelle Vevey an einen neuen Standort mit neuem Beraterbank-Konzept verlegt sowie den Umbau des Hauptsitzes am Aeschenplatz in Basel gestartet. Ergänzend haben wir eine Digitalisierungsstrategie eingeleitet und eine neue Benutzeroberfläche im E-Banking eingeführt. Zudem haben wir verschiedene Projekte lanciert, welche die optimale Nutzung der Synergien und Kostenvorteilen im Konzern zum Ziel haben. Das sind nur einige der Massnahmen, die im letzten Jahr umgesetzt wurden.

Die Digitalisierung ist in der Finanzwelt längst angekommen. Wie spürt die Bank Coop als Finanzdienstleister dies heute?

Für die Kunden ist es heute zentral, dass sie selbst entscheiden können, über welchen Kanal sie mit ihrer Bank in Kontakt treten – und zwar von Fall zu Fall. Sie wollen schnell, unkompliziert und zeitunabhängig Informationen abrufen und mit ihrer Bank in Kontakt treten können. Hinzu kommt, dass die Gebühren von Produkten und Dienstleistungen heute transparent einsehbar sind und über Vergleichsplattformen können sich Kunden gezielt informieren und den für sie geeigneten Anbieter auswählen. Auch die Konkurrenz verändert sich, denn Anbieter aus anderen Branchen wie z.B. Applepay oder Paypal dringen in klassische Banking-Bereiche wie Zahlungsverkehr vor. Banken sind somit gefordert, Marktentwicklungen sorgfältig zu beobachten und entsprechend zu reagieren.

«Schon oft war man der Meinung, dass die Geschäftsstelle und das persönliche Beratungsgespräch an Bedeutung verlieren werden. Das sehe ich nicht so.»

Wissen Sie, welchen Mehrwert Ihre Kunden erwarten und wie weit sie bereit sind, neue Dienstleistungen zu nutzen?

Das ist eine gute Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Denn die Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse und mit steigender Digitalisierung werden diese Unterschiede weiter zunehmen. Zudem sind die Kunden „hybrid“. Sie wählen einmal den digitalen Weg, ein anderes Mal den Weg über die Geschäftsstelle – dies kann von Fall zu Fall variieren. Und es wird erwartet, dass das, was digital verfügbar ist, auch analog, d.h. in der klassischen Geschäftsstelle verfügbar ist. Die Interaktion zwischen Kunden und Beratern wird somit komplexer, wodurch auch die Anforderungen an die Kundenberater zunehmen.

Die Entwicklung wird noch lange nicht abgeschlossen sein. Welche Bedürfnisse und Regeln werden Ihrer Meinung nach aber auch in einigen Jahren noch ihre Gültigkeit haben?

Schon oft war man der Meinung, dass die Geschäftsstelle und das persönliche Beratungsgespräch an Bedeutung verlieren werden. Das sehe ich nicht so. Aus meiner Sicht werden sich die Bedürfnisse weiter verändern, aber die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs in der Geschäftsstelle wird weiterhin einen wichtigen Stellenwert einnehmen.

Eine wichtige Regel wird sein, die Kundenbedürfnisse sowohl über den physischen als auch über den virtuellen Kundenkanal abzudecken. Entscheidend ist, dass der Kunde jederzeit seinen präferierten Kanal wählen und auch innerhalb eines Prozesses wechseln kann. Das echte Cross-Channel-Angebot wird somit stark an Bedeutung zunehmen.

Im laufenden Jahr wollen Sie unter anderem die elektronischen Kanäle ausbauen. Welche Strategie beim Einsatz der Technologien – online und mobile – verfolgen Sie im Bereich von Beratung und Vertrieb?

Wir positionieren uns als unabhängige Beraterbank. Unsere Maxime ist, stets im Interesse unserer Kundinnen und Kunden zu handeln. Dazu gehört auch, den Beratungsprozess den Kundenbedürfnissen anzupassen und in diesem Zusammenhang das digitale Angebot auszubauen. Um diesen Prozess auch aus Kundensicht optimal zu gestalten, investieren wir auch in der Befähigung und Wissensvermittlung unserer Berater. Als ersten kleinen Schritt planen wir beispielsweise die Unterschrift via SignPad bei Kassenbelegen per Mitte 2016.

«Im März werden wir als erstes digitales Produkt eine digitale Hypothek anbieten, die DigiHyp.»

Wie siehts im Anlage- und Finanzierungsbereich aus?

Im März werden wir als erstes digitales Produkt eine digitale Hypothek anbieten, die DigiHyp. Hier profitiert der Kunde von einem attraktiven Angebot und wir erreichen über das Internet auch Kunden, welche nicht direkt im Umkreis einer Geschäftsstelle wohnhaft sind. Unser Ziel ist, den digitalen Kanal und die digitale Produktfamilie nach und nach zu erweitern. Mittelfristig, wie schon erwähnt, durch einen durchgängigen Cross-Channel-Ansatz, in welchem der Kunde selbst bestimmen kann, wann, wie und über welchen Kanal er seine Bankgeschäfte mit uns erledigt.

Im Zahlungsverkehr setzen die Basler Kantonalbank und die Tochter Bank Coop auf die Mobile Payment-App TWINT. Weshalb TWINT und nicht eine andere Lösung?

Der Konzern Basler Kantonalbank hat sich für die Lösung mit TWINT entschieden, da es eines der leistungsfähigsten und vielfältigsten mobilen Zahlungsmittel der Schweiz ist. Wichtig ist uns in der Positionierung, dass wir damit jedoch eine zusätzliche Zusammenarbeit mit einem weiteren Anbieter von Mobile Payment zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschliessen.

Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem laufenden Geschäftsjahr?

Für 2016 wird ein ähnliches Ergebnis wie 2015 erwartet. Es ist davon auszugehen, dass die Negativzinsen in der Schweiz beibehalten werden, und dass sich der Konkurrenzkampf im Hypothekarmarkt weiter verschärft. All dies wird nicht ohne Auswirkungen auf das Zinsen-geschäft bleiben. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass die neuen Ertragspfeiler der unabhängigen Beraterbank zunehmend greifen und Mindereinnahmen kompensieren werden. Auch 2016 wird weiter in die Umsetzung der Strategie investiert – in neue Produktangebote, den digitalen Vertriebskanal, eine bessere Wahrnehmung unserer Anlagekompetenz und die Optimierung der Kostenstrukturen. Die neue Bank Coop wird für alle spürbar und sichtbar. Mein Ziel ist es, dass die Bank Coop eine der führenden Retailbanken der Schweiz wird.

Herr Ackermann, wir bedanken uns für das Interview.

Zur Person:
Hanspeter Ackermann (55) ist seit Mitte April 2015 CEO der Bank Coop. Zuvor leitete er das Private und Wealth Management der Credit Suisse für das Marktgebiet Zürich Nord/West. Er verfügt über ein breites Wissen im Bankgeschäft und war in den Bereichen Revision, Operations, Kredit- und Risiko-Management, im Privat- und Firmenkundengeschäft sowie im Private Banking / UHNWI tätig. Seine Erfahrungen hat er im In- und Ausland gesammelt. Hanspeter Ackermann ist verheiratet und Vater von 4 Kindern.

Bank Coop

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert