Andreas Steiner, CEO Belimo: Jeder in die Forschung und Entwicklung hineingesteckte Franken bringt zwei Franken EBIT

Von André Schäppi

Moneycab: Herr Steiner, Belimo ist ein solides Unternehmen, dessen Produkte weltweit im Heizungs- Lüftungs- und Klimabereich eingesetzt werden. Wie entwickeln sich die einzelnen Märkte?


Andreas Steiner: Das stärkste Wachstum sehen wir in Asien, das Potenzial in Amerika und Europa ist in etwa gleich. Wobei festzuhalten ist, dass wir mit 7% Umsatz in Asien von einem tieferen Niveau starten. Wenn wir also in Europa mit einem Umsatzanteil von 50% zwar weniger zulegen, kann das mengenmässig immer noch mehr ausmachen.


«Wir haben eine eindeutige strategische Positionierung und beschränken uns bewusst auf die Heizungs-, Lüftungs- und Klimabranche» Andreas Steiner, CEO Belimo


Welches sind denn die besonders interessanten Märkte?Für uns sind alle Märkte interessant, bei denen wir zulegen können. Also überall, wo wir noch wachsen können. Im Moment sind es zudem die Neuen Deutschen Bundesländer und Osteuropa inklusive Russland. Da besteht ein grosser Nachholbedarf im Bereich Infrastruktur etwa für Hotels, öffentliche und private Infrastruktur, was sich auch positiv auf die Nachfrage nach unseren Sicherheitsantrieben im Brandschutz auswirkt.


Wie hat sich Europa entwickelt und der für Belimo grösste Markt Deutschland?


Der deutsche Markt war in den letzten fünf Jahren rückläufig. Trotzdem haben wir in diesem Markt Anteile gewonnen, sind also auf Kosten unserer Mitbewerber gewachsen. Wir rechnen damit, dass sich der Markt nun positiv entwickelt und wir weiter zulegen können.


Asien hat wegen der Neuausrichtung der Vertriebskanäle im ersten Halbjahr ein tieferes Wachstum ausgewiesen. Für welchen Zeitraum sehen Sie eine Wende?


Bevor wir mit dem Direktvertrieb begonnen haben, hatten wir Distributoren. Diese haben noch gefüllte Lager gehabt, als wir wechselten. Und bis diese abgebaut sind, wird der Verkauf nicht stark zulegen. Wir rechnen, dass dieser Effekt etwa ein Jahr dauern wird.


Indien und China sollen im Vertrieb weiter ausgebaut werden. Wo steht man da?


Für Indien werden wir die Vorbereitungen für eine eigene Gesellschaft dieses Jahr abschliessen und nächstes Jahr operativ starten. In China haben wir zwar bereits eine eigene Gesellschaft. Wir nehmen uns aber für den Aufbau genügend Zeit, denn eine seriöse Schulung unseres lokalen Personals und der Kunden ist von zentraler Bedeutung für ein erfolgreiches Geschäft.


Betreffend Produkte: An den olympischen Spielen in Athen 2004 hat Belimo fast das gesamte olympische Dorf und alle für die Olympiade erstellten Anlagen mit rund 10000 Stück Antriebs- und Ventillösungen ausgerüstet. Werden Sie für 2008 auch nach China liefern können?


Wir hoffen schon, dass wir dort wieder einen Anteil liefern können. Allerdings sind solche Produkte mehr vom Prestige interessant, als dass sie uns ein grosses Volumen bringen. Aber wir freuen uns natürlich auch an diesem Zusatz.


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Wäre es denkbar, dass Belimo mit ihren Produkten in andere Märkte wie zum Beispiel die Luftfahrt oder die Erdölverarbeitung einsteigt?


Nein, denn wir haben eine eindeutige strategische Positionierung und beschränken uns bewusst auf die Heizungs-, Lüftungs- und Klimabranche. Hier kennen wir einerseits unsere Kunden sehr gut und wissen andererseits, welche Bedürfnisse kundenseitig bestehen. Dafür entwickeln wir dann die entsprechenden Produkte. Das ist für uns erfolgversprechender, als ein neues Produkt zu generieren, den entsprechenden Markt zu suchen und anschliessend das Marketing aufzubauen. Für uns ist die Entwicklung eines neuen Produkts günstiger als die Kosten für den Aufbau und den Vertrieb in neuen Märkten. Und bisher sind wir mit dieser Fokussierung erfolgreich.


Stichwort Retrofit?


Das ist ein Geschäft, in dem wir recht erfolgreich sind. Wir können unseren Kunden günstigere Produkte als Ersatz für Konkurrenzprodukte anbieten, die ihnen oft sogar einen zusätzlichen Mehrwert bieten, wie etwa die 5jährige Garantie, die wir gewähren. Das hat keiner unserer Mitbewerber.


Forschung und Entwicklung sind für Belimo von zentraler Bedeutung für den Erfolg. Besteht nicht die Gefahr, dass Nachahmer Ihre Produkte zu günstigeren Preisen fertigen?


Kaum, denn beispielsweise werden unsere Antriebe mit einer Brandschutzklappe als Gesamtes zertifiziert. Und dementsprechend bestellt ein Endkunde eine Brandschutzklappe mit Belimo-Antrieb. Da kann es sogar sein, dass einer unserer Mitbewerber unseren Antrieb verwenden muss, weil es die Ausschreibung für das Gebäude so vorsieht.


Auf der anderen Seite ist es sehr schwierig, unsere Motorsteuerungen zu kopieren. Wir entwickeln die entsprechenden Steuerprogramme selber und setzen sie anschliessend auf einen Chip. Dadurch bleibt das Know-how geschützt. Dieses Vorgehen ist übrigens auch vom wirtschaftlichen Standpunkt interessant, weil unsere Mitbewerber für die Steuerung wegen geringeren Stückzahlen Mikroprozessoren einsetzen müssen. Diese Kosten für Mikroprozessoren sind bedeutend teurer als unsere ASICs.


Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen betragen etwa 6% des Konzernumsatzes. Wie stehen Sie im Vergleich zu Ihren Mitbewerbern da?


Im Vergleich zu unseren Mitbewerbern investieren wir überdurchschnittlich in F&E. Bei 15 Millionen F&E Aufwand und einem Gewinn von rund 37 Millionen heisst das, dass jeder in die Forschung und Entwicklung hineingesteckte Franken zwei Franken EBIT bringt. Also durchaus eine gute Investition, denn wir generieren Know-how für die Zukunft. Ich weiss, dass dies natürlich nicht die alleinige ökonomische Voraussetzung ist.


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Genügt das auch längerfristig?


Wir werden möglicherweise in Zukunft unsere Aufwendungen noch erhöhen, denn das ist die wichtigste Möglichkeit, uns mit innovativen Produkten von Nachahmern zu unterscheiden.


Kann man sich vorstellen, die Forschung und Entwicklung dezentraler an den Standorten zu betreiben?


Ja, dieser Trend ist klar vorhanden. Wir brauchen dazu aber für die einzelnen Regionen ein genügend grosses Nachfragevolumen, damit sich die spezifische Forschung und Entwicklung bezahlt macht. Als Zeithorizont sehe ich etwa fünf Jahre.


Belimo steht finanziell auf soliden Füssen. Aber gerade das macht die Firma interessant und könnte Übernahme-Investoren anlocken.


Diese Entwicklungen verfolgen wir sehr aufmerksam und wenn genügend billiges Geld vorhanden ist, weckt dies natürlich Begehrlichkeiten. Allerdings ergibt sich keine industrielle Logik, dass man die Wertschöpfung weiter erhöhen könnte, wenn man im Besitz einer anderen Firma wäre. Ein weiterer Punkt spricht übrigens ebenfalls dagegen. Belimo ist unabhängig im Gegensatz zu unseren grossen Mitbewerbern, die gleichzeitig Konkurrenten unserer Kunden sind. Kleine lokale Systemintegratoren haben z. B. kein Interesse, hier Produkte einzusetzen, die ihre eigenen Regelgeräte konkurrenzieren. Deshalb würde ein Kauf durch einen grossen Mitbewerber diesen nur zusätzliche Komplikationen bringen. Insgesamt schätze ich die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme als relativ gering ein.





Zur Person
Dr. Andreas Steiner, geboren 1945, promovierte 1976 an der ETH Zürich an der Abteilung für Maschineningenieurwesen und war anschliessend während mehrerer Jahre beim Technologiekonzern Sulzer tätig. Gleichzeitig hatte er verschiedene Lehraufträge an der ETH Zürich zu Themen der Energieversorgung inne.
Von 1993 bis 1999 führte er als Mitglied der Geschäftsleitung der Asea Brown Boveri Schweiz mehrere Gesellschaften der ABB. Seit 1. August 1999 ist Andreas Steiner Vorsitzender der Konzernleitung der BELIMO Holding AG. Er ist zudem Präsident der Forschungskommission von economiesuisse und Mitglied des Ausschusses des Stiftungsrats des Schweizerischen Nationalfonds.


Zum Unternehmen
Belimo entwickelt, produziert und vertreibt seit 1975 elektrische Stellantriebe für die Motorisierung von Stellgliedern in Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Ihre führende, zuverlässige Technik garantiert das reibungslose Funktionieren der HLK-Stell- und Regelorgane. Das trägt zur Erhöhung des Komforts sowie zum Schutz von Menschen und Sachgütern in Gebäuden bei. Belimo erwirtschaftete 2004 einen Umsatz von 253 Mio. CHF und beschäftigte rund 800 Mitarbeiter.

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