Bundesrat kritisiert Schweizer Bankenaufsicht

Der Mangel an internationalen Regeln hätte keine «noch so umfassende und effiziente Aufsicht zu korrigieren vermocht», schreibt der Bundesrat in einem am Mittwoch zuhanden des Parlaments verabschiedeten Bericht. Eine Stabilisierung des Finanzsystems sei deshalb allein durch eine verbesserte Aufsicht nicht zu erreichen. Entscheidend seien vielmehr Korrekturen in der Regulierung. Wie der Bundesrat in den letzten Wochen wiederholt erklärte, ortet er Handlungsbedarf insbesondere bei den Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften, die er verschärfen will. Lösungen braucht es nach Ansicht der Regierung auch für die Boni-Frage sowie die «Too big to Fail»-Problematik.


Zu wenig Druck auf UBS ausgeübt
Dennoch muss die Vorgängerorganisation der heutigen Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA – die Eidg. Bankenkommission (EBK) – vom Bundesrat Kritik einstecken. Zwar habe die EBK im Vorfeld bei der UBS verschiedene Probleme erkannt. Sie habe aber mit zu wenig Nachdruck auf die Problem-Behebung gedrängt. Die EBK habe sich zu stark auf die Einschätzungen der UBS verlassen. Sie habe sich zu schnell mit den Aussagen der UBS-Verantwortlichen – insbesondere in Fragen der Risikokontrolle – zufrieden gegeben. Der Informationsaustausch zwischen der Abteilung Grossbankenaufsicht der EBK und den Grossbanken sei nicht systematisch gewesen. Zudem hätten die EBK-Experten die unterschiedlichen Strategien von UBS und CS im US-Hypothekenmarkt zu wenig verglichen.


Keine Abhängigkeit von der UBS
Dieses Verhalten der EBK sei aber nicht auf eine Abhängigkeit der EBK von der UBS zurückzuführen, heisst es in dem Bericht über das Verhalten der Finanzmarktaufsicht während der Finanzkrise. Die EBK sei von der Grossbank weder im Vorfeld noch während der Krise in unzulässiger Weise beeinflusst worden. Insbesondere habe die EBK für ihren Präsidenten Eugen Haltiner – der früher einmal der UBS-Geschäftsleitung angehört hatte – sinnvolle Ausstandsregeln geschaffen. Haltiner habe diese Regeln eingehalten. Die UBS habe der EBK weder wissentlich noch willentlich bedeutsame Informationen vorenthalten. Dass die der EBK zugestellten Daten unvollständig gewesen waren, führt der Bundesrat darauf zurück, dass die UBS die echten Risiken in ihrem Subprime-Geschäft bis in den Herbst 2007 selber nicht erkannt hatte.


Vom «Musterschüler-Image» geblendet
Dass die EBK in dieser Situation nicht genauer hinschaute und nachhakte liege unter anderem daran, dass sich die EBK durch das «Musterschülerinnen-Image» der UBS habe blenden lassen. Ausserdem sei der Personalbestand in der Abteilung Grossbankenaufsicht knapp gewesen. Die Schweizerischen Aufsichtsbehörden hätten die Finanzmarktkrise im internationalen Vergleich im übrigen gut gemeistert. Bei der heutigen FINMA ortet der Bundesrat keine gravierenden Probleme und wenig Handlungsbedarf. Insbesondere sieht er in den FINMA-Führungsstrukturen keine Mängel.


Duales Aufsichtssystem auf dem Prüfstand
Hingegen unterstützt er die FINMA in deren Absicht, die Überwachungsintensität zu erhöhen. Zudem solle in der Grossbankenaufsicht das duale Aufsichtssystem überprüft werden. Mit dem Bericht erfüllt der Bundesrat zwei parlamentarische Vorstösse. Nicht thematisiert wurde das Verhalten der FINMA im Zusammenhang mit den Ermittlungen der US-Behörden gegen die UBS wegen Verletzungen von Vorschriften des US-Steuerrechts. Dies sei Gegenstand eines laufenden Gerichtsverfahrens sowie der Untersuchung durch die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat.


Sehr ähnliche Selbstkritik der Finma
Die FINMA sieht mit dem Bericht des Bundesrats ihre Selbstkritik vom letzten September gestützt. Ihre Analyse und jene des Bundesrats seien weitgehend deckungsgleich, schreibt die FINMA in einer Mitteilung vom Mittwoch. Die Behörde hatte damals ihr eigenes Verhalten während der Finanzkrise beurteilt. (awp/mc/ps/27)

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