Business-Knigge Mittelost (2): Zeit ist Geld, Geduld ist alles.

von Gérard Al-Fil


 


Fallstudie: ein Sales-Manager aus Zürich trifft in einer Hotellobby in Dubai einen potentiellen, einheimischen Geschäftspartner. Während der Letztere weitschweifig über Privates parliert, fängt der Sales-Manager an, nervös auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. Sein erster Fehler. Selbst als es nach einer Stunde endlich um die vertraglichen Details geht, unterbricht der Emirati die Verhandlung mehrfach, weil der Hotelboy Datteln und süssen Kaffee serviert. Urs Meier lehnt hoeflich ab: aus vornehmer Zurückhaltung, aber auch weil ja der Kontrakt Priorität hat: der zweite Fauxpas unseres Zürcher Sales-Managers.


 


Solche Szenen kann man in den prunkvollen Hotellobys von Dubai häufig beobachten: Der Einheimische scheint alle Zeit der Welt zu haben, der westliche Geschäftsreisende dagegen will den Deal quasi im «Zeitraffer» unter Dach und Fach bringen.


 


Der Weg ist das Ziel


Der lange Small-Talk muss sein: was man in unseren Breitengraden als Zeitvergeudung abkanzeln würde, hat im Orient Methode. Ziel der anfänglichen Unterhaltung über Gott und die Welt ist es, den künftigen Business-Partner kennen zu lernen und ein gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dazu gehört auch, gemeinsam süssen Kaffee zu schlürfen und die Kostbarkeiten der Wüste zu naschen. Hektik kommt nicht gut an, denn die arabische Klientel lässt sich ungern «abfertigen». Wichtig ist, zu spät zu kommen, denn pünktlich auf der Matte zu stehen, wird in Nahost als Ungeduld interpretiert.


 


Und wenn das Geschäft zum Abschluss kommt, so wird dies angemessen gefeiert. So wie beispielsweise Ende Januar geschehen, als die Druckerei Al Ghurair Printing & Publishing RR aus Dubai und die New Yorker Donnelley’s Financial Services Business ihr neues Joinventure im Ballsaal des Siebensternehotels Burj Al Arab ausgiebig feierten. 


 


Geschenke zum Abschied


Obligatorisch sind zum Abschied Präsente, wobei man besser das grosse Sprüngli-Paket mit Schoggi im Gepäck haben sollte (dass die Pralinen den im Islam verbotenen Alkohol nicht enthalten dürfen, versteht sich dabei von selbst). Im Orient darf nicht «gegeizt» werden: weder mit Zeit, noch mit Geld.

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