Franz Julen, CEO IIC-INTERSPORT: «Für den Sport sind die Konsumenten stets bereit, Mittel zu investieren»

von Patrick Gunti


Moneycab: Herr Julen, 1968 gegründet hat die INTERSPORT Gruppe ihren Einzelhandelsumsatz letztes Jahr zum 37igsten Mal in Folge auf mittlerweile 7,73 Mrd. Euro gesteigert. Was waren die entscheidenden Faktoren für das Umsatzplus von 5,4 % 2005?


Franz Julen: Hierfür sind in erster Linie vier Faktoren verantwortlich: Fussball, Running, Outdoor, Fitness, Walking, alpiner und nordischer Skisport sind Sportarten die im Trend sind und bei denen INTERSPORT seine Stärken wie Fachhandel, Kompetenz, Beratung und Service voll ausspielen kann. Fitness, Wellness, ja sportliche Betätigung generell, nehmen in unserem Freizeitverhalten einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Für den Sport, ob in aktiver oder passiver Form, sind die Konsumenten auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten ? und das sehen wir seit über 30 Jahren ?  stets bereit, Mittel zu investieren.


In den bestehenden, traditionellen grossen INTERSPORT Märkten wie Deutschland, Frankreich, Italien, aber auch kleineren wie der Schweiz, Finnland oder Norwegen, konnten wir Einzelhandelsumsatzsteigerungen erzielen. In den letzten sechs Jahren haben wir mit insgesamt bereits über 200 Geschäften in 14 Länder des ehemaligen Ostblocks expandiert.


Welches sind wesentlichen Merkmale und Vorteile des INTERSPORT Geschäftsmodells mit IIC-INTERSPORT International Corp. als Lizenzgeber  und nationalen Lizenznehmern, welche ihrerseits wieder Lizenzen an Sportartikel-Einzelhändler übertragen?


Es ermöglicht Kunden- und Marktnähe, eine schnelle, weniger kapitalintensive Expansion und schliesslich sind die Risiken auf verschiedenen Schultern verteilt. Unser Franchisekonzept ist aber nicht europaweit einheitlich wie z.B. bei McDonalds. Ein Händlersortiment sollte zu einem Drittel europaweit identisch sein, ein Drittel entscheidet die Ländergesellschaft und wir wollen, dass der Händler über einen Drittel eigenständig verfügen kann. Im Geschäft muss das Fachhandelskonzept mit Kompetenz und Beratung sowie die blaue INTERSPORT Farbe vorherrschen. Selbstverständlich gilt es, das INTERSPORT Marken CI konsequent anzuwenden. Die übrige Shopgestaltung überlassen wir den Ländern. Mit dieser Strategie sind und bleiben wir in jedem Land nahe beim Konsumenten. Die kompetenten Einzelhändler, die täglich für ihre eigene Bilanz und Erfolgsrechnung kämpfen, sind unser grösstes Kapital. Da wir nicht börsengetrieben sind, können wir zudem langfristig und nachhaltig investieren.



«Mit dem Verkauf von Fussballprodukten übersteigen wir 2006 erstmalig die magische Grenze von 1 Mrd. Schweizer Franken»  Franz Julen, CEO IIC INTERSPORT International Corp.


Nach der 37igsten Umsatzsteigerung in Folge dürfte dieses Jahr die 38igste folgen, nicht zuletzt dank der Fussball-Weltmeisterschaft 2006. Wie gross wird die Steigerung im Fussball-Einzelhandelsumsatz dank der WM sein?


Aufgrund der in den letzten Monaten erzielten Einzelhandelsumsätze sowie den vorliegenden Bestellungen für die zweite Jahreshälfte gehen wir für 2006 von einem Fussball-Einzelhandelsumsatzplus von über 30% gegenüber dem Vorjahr (800 Millionen Schweizer Franken) aus. Damit übersteigen wir mit dem Verkauf von Fussballprodukten erstmalig die magische Grenze von einer Milliarde Schweizer Franken und sind in dieser Kategorie in Europa klarer Marktführer. Zudem werden wir in diesem Jahr gruppenweit erstmalig über 5 Millionen Fussballschuhe verkaufen.


Entsprechende Grossereignisse haben dem Einzelhandelsumsatz mit Fussballartikeln jeweils ein Plus von 15-20 % beschert. Welchen Entwicklungen ist die Steigerung dieser schon beträchtlichen Rate zu verdanken?


Fussball ist seit der letzten WM 1998 in Europa noch populärer und globaler geworden. Die WM findet in Deutschland, einer Fussballhochburg, statt. Alle grossen europäischen Fussballländer sind qualifiziert und haben die Achtelfinals erreicht. Vor allem adidas und Nike investieren sehr viel in den Fussball. Dieser Konkurrenzkampf belebt das Geschäft und garantiert innovative Produkte verbunden mit grossen Marketinginvestitionen.


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Wie präsentiert sich die Sortimentsstrategie und die Zusammenarbeit mit den Lieferanten im Bereich Fussball der IIC-INTERSPORT International Corp.?


Die Gruppe hat sich mit adidas, Nike, Puma und der Eigenmarke PRO TOUCH einer konsequenten Vier-Markenstrategie verschrieben. Dabei können wir den Händlern diverse Produkt-Exklusivitäten, verbunden mit Marketingunterstützung, anbieten. Diese Konzentration hat sich als richtig erwiesen und wir erzielen mit allen vier Partnern seit Monaten ausgezeichnete Abverkaufswerte.


Wenn wir von über einer Milliarde Schweizer Franken Umsatz im Fussball- Einzelhandel sprechen: Wie verteilt sich dieser Betrag auf die verschiedenen Produktekategorien?


Das ist von Land zu Land verschieden. England ist das Land der Teamtrikots. In Deutschland und Schweden ist der Schuhanteil sehr hoch. Im WM Jahr erzielen die Bälle überproporzionale Umsätze. Im europäischen Durchschnitt betragen der Schuh- und Textilanteil je ca. 40% und die Hartwaren kommen auf ca. 20%.


Mit der Euro 2008 in der Schweiz und Österreich steht der nächste Fussball-Grossanlass schon vor der Türe: Werden Sie die erfolgreiche Strategie 1:1 weiterverfolgen, oder welche Anpassungen drängen sich auf?


Für eine detaillierte Fussball-Analyse 2006 ist es noch etwas zu früh, obwohl der Erfolg unbestritten ist. Wir werden zweifellos Details anpassen, aber die Erfolgsfaktoren wie Konzentration auf wenige Partner, Produktexklusivitäten unterstützt durch effiziente Marektingaktionen, werden wir sicher beibehalten.


Der Sommer hat ja erst gerade begonnen, trotzdem ist für INTERSPORT der nächste Winter sicher bereits ein Thema. Wie sieht es mit den Bestellungen für die kommende Wintersaison aus?


Der letzte Winter war vom Wetter her ein «Jahrhundertwinter». In weiten Teilen Europas und Nordamerikas war es von Mitte November bis in den März hinein kalt und bis in tiefe Regionen winterlich. Die Einzelhandelsumsätze waren hervorragend, die Lager der Händler sind leer und es wurde viel eingekauft, vor allem in den Kategorien nordischer Skisport, Winterzubehör, Skischuhe und Helme. 


Die INTERSPORT Gruppe wird ihre Konzernzentrale im kommenden Jahr von Ostermundigen in den Norden der Stadt Bern verlegen. Was waren die Gründe für diese Standortwahl?


Die Expansion in neue Märkte, die jährlichen Umsatzsteigerungen sowie die ständig wachsenden Hausforderungen verbunden mit immer grösseren Serviceleistungen an die Lizenznehmer resultierten auch im kontinuierlichen Anstieg der Mitarbeiter. Am bisherigen Standort wurde es ganz einfach zu eng.



«Im Sport lernt man zu gewinnen, aber auch zu verlieren, hart zu trainieren. Man darf nie aufgeben und es gilt den Gegner zu respektieren.»  Franz Julen


Sie waren und sind als CEO der Intersport International Corp., ehemaliger Skijournalist, Servicemann Ihres Bruders Max, Manager von Pirmin Zurbriggen oder CEO der Völkl International AG immer stark mit dem Sport verbunden. Was macht für Sie die besondere Faszination des Sports aus?


Es ist eine dynamische, internationale Branche, in der vorwiegend junge Leute tätig sind. Dadurch bleibt jeder selber in Körper und Geist jung. Im Sport lernt man zu gewinnen, aber auch zu verlieren, hart zu trainieren. Man darf nie aufgeben und es gilt den Gegner zu respektieren. All diese Attribute finden im auch Geschäftsleben Anwendung.


Letzte Frage: Sie sind Mitglied der Projektgruppe «fit-4-future» der «Cleven Becker Stiftung», die sich für die Förderung von Projekten in den Bereichen Bildung, Sport, Kultur, Wissenschaft und Soziales engagiert. Worum geht es bei dem Projekt «fit-4-future» und wie wichtig ist Ihnen dieses Engagment?


Da ich dem Sport sehr viel zu verdanken habe, betreibe ich dieses Projekt mit viel Herzblut. Ziel ist es, dass Kinder in den Schulpausen, anstatt zu rauchen, zu telefonieren oder irgendwelchen «Blödsinn» zu machen, sich sportlich betätigen. Deshalb stellen wir Schulklassen Spieltonnen mit verschiedensten Sportgeräten zur Verfügung. Darüber hinaus  besuchen wir mit diesen Kindern diverse Sportevents und organisieren auch Camps.




Zur Person



  • 1979 Wirtschaftsmatura Brig
  • 1979 – 1982 Schweizerische Hotelfachschule Luzern
  • 1979 – 1984 Rennbetreuer Atomic / Bruder Max Olympiasieger RS Sarajevo 1984
  • 1985 – 1987 Journalist «Sport» / Radio «DRS» / Buchautor «Pirmin Zurbriggen» – meistverkauftes Sportbuch der Schweiz
  • 1988 – 1992 Sportmanager MBD «Marc Biver Development» (Athleten / Events)
  • 1993 – 1997 CEO Völkl (International) AG
  • 1998 – 2000 COO IIC – INTERSPORT International Corp.
  • 2000 – CEO IIC – INTERSPORT International Corp.

Der 48-jährige Franz Julen ist verheiratet und Vater zweier Kinder.


Zum Unternehmen:
INTERSPORT ist die weltweit führende Marke im Sportartikel-Fachhandel. Täglich konsumieren über 150’000 Kunden in mehr als 4800 Geschäften in 32 Ländern das Angebot der Einzelhändler und die Beratung der Mitarbeiter. Mehr als 45 Millionen Kunden besuchen also jährlich ein Geschäft von INTERSPORT. Jede nationale INTERSPORT Organisation ist eine selbständige Unternehmung.

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