Gregor Stücheli, CEO T-Systems Schweiz: «Selbst bei einem Verkauf von T-Systems würden wir weiter existieren und nicht von der Bildfläche verschwinden»

Gregor Stücheli, CEO T-Systems Schweiz: «Selbst bei einem Verkauf von T-Systems würden wir weiter existieren und nicht von der Bildfläche verschwinden»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Stücheli, Ende letztes Jahr ist ein 29-Punkte-Sparprogramm von T-Systems lanciert worden mit recht eigenwilligen Vorschriften. Es verbietet nicht nur die Beschaffung neuer Flipcharts, sondern untersagt neben Buch- und Zeitschriftenbestellungen auch Bewirtungen bei internen Meetings. Getränke auf Geschäftskosten sind erst bei Konferenzen von mehr als vier Stunden Dauer gestattet. Sogar bei der Kommunikation der Mitarbeiter tritt man auf die Bremse. So findet sich unter dem Punkt Mobilfunk die Vorgabe, Handytelefonate einzuschränken und die Nutzung von Hotspots zu vermeiden. Dürfen Sie Ihr Handy überhaupt noch benutzen?

Gregor Stücheli:
(lacht) Ja, ich darf. Für unsere Belegschaft gilt das gleiche, denn in der Schweiz sind wir Partner von Orange und die 400 Handys sind innerhalb der Firma gratis. Aber ich glaube, dass die Botschaft von Lothar Pauly eher im folgenden Sinn zu verstehen war: Kollegen, wartet nicht, bis ich komme und einen Standort schliesse, sondern fangt mit dem Sparen im Kleinen an. Das ist schon richtig und hat das Bewusstsein geschärft.


Gilt diese Regelung denn nicht für die Schweiz?


Doch. Aber Sparen ist bei uns ohnehin ein wiederkehrendes Thema. Es ist nicht ganz einfach, eine Balance zwischen gesundem Menschenverstand und sturen Vorschriften zu ziehen. Ganz konkret: Wir haben wieder mal genauer hingeschaut und das Spesenreglement zur Anwendung gebracht. So sind die Flugreisen bewilligungspflichtig geworden, was immerhin zu einer Reduktion von 20% geführt hat.


Dann wieder mal das kursierende Gerücht, dass T-Systems verkauft werden soll. Da die Deutsche Telekom Geld braucht, könnte ja durchwegs was dran sein. Hat sich da nicht der eine oder andere Kunde gesagt, vielleicht geh ich mit meinem Projekt doch besser zur Konkurrenz?


Nein, der Verkauf von T-Systems ist bei unseren Kunden kein Thema. Wir sind in der Schweiz die Nummer zwei mit über einer Milliarde Auftragseingang. Das heisst im Klartext: Selbst bei einem Verkauf würden wir weiter existieren und nicht von der Bildfläche verschwinden.


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Aber es ist doch unbestritten: T-Systems will ein Wachstum von 30% erreichen und in der Schweiz ist man doch bei allem Optimismus in einem eher gesättigtem Markt. Mit diesen Zahlen werden Sie wohl nicht mithalten können?


Zugegeben, ein derartiges Wachstum wird es in der Schweiz nicht geben können, es sei denn, dass wir Übernahmen machen würden. Aber gute 10% liegen schon drin und bei unserem Umsatz dürfte das doch ein willkommener Beitrag zum Gesamtumsatz von T-Systems sein. Wir haben noch grosses Potenzial im Health Care und Banking Business oder etwa im Business Process Outsourcing, also bei der Auslagerung ganzer Geschäftsprozess-Ketten. Ein Beispiel dazu ist unsere Zusammenarbeit mit der Bank Vontobel. Und da stehen wir erst am Anfang. Ein weiteres Element sehe ich darin, dass die Schweiz oft Hauptsitz ist für viele weltweit agierende Konzerne. Da Projekte oftmals aus der Schweiz heraus initialisiert werden und T-Systems zudem international aufgestellt ist, haben wir gegen gegenüber Mitbewerbern eine sehr gute Ausgangsposition.


Nun will man im Bereich Software als Service noch zulegen. Das ist ja auch deshalb interessant, weil hier die Margen höher sind. In welchem Umfang soll das geschehen?


Software als Service macht aktuell rund einen Viertel unseres Umsatzes aus. Diesen Anteil wollen wir massiv steigern.


Welchen Umsatz will T-Systems Schweiz denn im Bereich Health Care erreichen?


Das ist ein wenig schwierig, denn letztlich ist das auch vom politischen und gesetzgeberischen Umfeld abhängig. Bis zum Jahr 2010 möchten wir in diesem Bereich etwa 50 bis 100 Millionen Umsatz machen.


Wie sieht es denn eigentlich personalmässig aus: T-Systems hat sich in Deutschland eine drastische Schrumpfkur verschrieben. Die bislang 50 Systemintegrations-Standorte werden auf 17 reduziert werden. Rund 2600 Mitarbeitende werden davon betroffen sein. Muss man damit rechnen, dass in der Schweiz demnächst auch abgebaut werden muss?


Wir haben keinen Personalabbau vorgesehen. Zwar werden gewisse Jobs verschwinden, gleichzeitig werden aber in der gleichen Höhe neue geschaffen, so dass wir unter dem Strich personalmässig stabil bleiben.


Q3-Zahlen von T-Systems 06: Bei einem Umsatz von 9.3 Mrd. Euro brach der Gewinn von 570 Millionen Euro auf rund 170 Millionen Euro (Q3/05) regelrecht ein. Waren die Zahlen für die Schweiz auch derart erschreckend?


Nein, wir hatten in der Schweiz ein Wachstum.


Um konkurrenzfähig zu bleiben, so Ihr Chef Lothar Pauly, müsse man die Arbeit aus Hochlohnländern mit der von Billiglohnländern kombinieren. Ein Schritt, der für T-Systems Schweiz möglich ist? Und wenn ja, wo?


Das praktizieren wir bereits. Wir haben Aktivitäten, die wir aus Südafrika, Deutschland oder etwa Brasilen beziehen. Dadurch ist es auch für uns möglich, die Vorteile einzelner Standorte mit denen der Schweiz zu bündeln.


Bei HP Schweiz hat es an der Spitze eine Veränderung gegeben: Urs T. Fischer hat das Unternehmen per Ende Januar 2007 verlassen. Die neue Geschäftsführerin war vor ihrem Engagement sechs Jahre lang bei Triaton beschäftigt gewesen ist, zuerst als Verantwortliche für IT-Dienstleistungen und -Lösungen. Damit kommt also eine profunde Kennerin des Business an die Spitze Ihres Konkurrenten. Werten Sie diesen Wechsel als eine Bedrohung für T-Systems Schweiz oder eher als neue Herausforderung?


HP ist in der Schweiz noch nicht im Outsourcing aktiv. Deshalb ist das noch kein Thema für uns. Aber selbst wenn HP in der Schweiz in diesem Bereich einsteigen würde, wäre das für uns eher förderlich, denn durch jeden neuen Mitbewerber wird das Thema noch prominenter an die Öffentlichkeit getragen. Das haben wir bereits beim Markteintritt der Swisscom gesehen. In der Folge gab es bedeutend mehr Anfragen von Mittelstandsfirmen.


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Thema Swisscom: SCIS hat Ihnen vor mehr als einem Jahr einen Grossauftrag der SBB weggeschnappt. Jetzt hat SCIS scheinbar Mühe mit der Umsetzung, was auch seitens der SBB nicht verschwiegen wird. Kommt da nicht ein wenig Schadenfreude auf?


Nein, Schadenfreude haben wir keine. Vielmehr sind selbst wir an einer raschen Umsetzung interessiert, denn es wäre falsch, wenn draussen im Markt der Einsdruck entstünde, dass derartige Verzögerungen an der Tagesordnung sind. Und zweitens sind die SBB für uns mit neuen Applikationen interessant. Und die werden erst angegangen, wenn die Situation bereinigt ist.







Zur Person
Der 43-jährige Gregor Stücheli durchlief mit einem betriebswirtschaftlichen Grundstudium der Hochschule St. Gallen und einem General-Management-Programm der Harvard Business School eine klassische Ausbildung. Das praktische berufliche Rüstzeug holte er sich bei IBM, wo er 1989 als Marketing-Assistent einstieg. 1993 trat er in Zürich als Marketing-Manager in die IBM-Industriesparte über, der er ab 1995 vorstand. 2000 wurde er Leiter Outsourcing bei IBM Schweiz. Seit 2002 ist Stücheli bei T-Systems. Zuerst als Leiter Sales & Marketing und seit Juli 2004 als CEO der Schweizer Ländereinheit, einer Tochter der deutschen Telecom.


Das Unternehmen
T-Systems Schweiz gehört zu den führenden Informatikdienstleistern im Land. Zwei Drittel der Einnahmen stammen aus dem Outsourcing-Geschäft, je knapp 20% aus reinen Informatik- und Telecomprojekten. Als eine der grössten Ländergruppe (rund 1000 Beschäftigte) geniesst der Schweizer Ableger innerhalb T-Systems eine besondere Stellung.

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