Interview Anja Förster: Different Thinking- die Umkehr der Vorzeichen!

von Tanja Hess







Moneycab: Wodurch unterscheidet sich ein («different thinking» Mensch) Business Querdenker von einem herkömmlichen Denker?

Anja Förster:
Die Kompetenz zum Querdenken ist nicht gleichzusetzen mit einer bestimmten Fachkompetenz, sondern es handelt sich vielmehr eine grundlegende Einstellung und Fähigkeit. Dazu gehört neben einem wachen Verstand vor allem Mut, Risikobereitschaft, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Bereitschaft, Niederlagen einzustecken und der Wille, immer kritisch zu hinterfragen, ob man auf dem richtigen Weg ist.
Es handelt sich dabei um eine grundsätzliche Haltung und Einstellung, mit der man morgens in sein Büro oder an seine Werkbank kommt und die man auch abends, beim Verlassen des Firmengeländes, nicht an der Pförtnerloge abgibt. Business Querdenken heisst, ständig auf der Suche nach cleveren Ideen, klugen Strategien und neuen Wegen zu sein.
Und es heisst, veränderungsbereit zu sein, heisst auf dem Höhepunkt des Erfolgs schon etwas Neues zu wagen, das Neue auch wollen, obwohl nicht sicher ist, dass es denselben Erfolg haben wird wie das Alte.


Moneycab: Haben Sie ein Mantra?

Anja Förster: Verrückt ist, wer immer wieder das Gleiche tut und ein anderes Ergebnis erwartet. Erfolg bedeutet vor allem eines: Die ausgetretenen Pfade zu verlassen! Wenn wir uns immer nur wie alle anderen verhalten, sehen und hören wir immer dieselben Dinge, stellen ähnliche Mitarbeiter ein, entwickeln ähnliche Ideen und bieten identische Produkte und Dienstleistungen wie der Wettbewerb.

Welches sind die wichtigsten Signalwörter, die uns im Business-Alltag begleiten sollen, wenn wir ein Business Querdenker werden wollen?
Es gibt Signalsätze, die deutlich machen, das wir es uns gerade mal wieder gemütlich im Wettbewerb der Gleichheit einrichten: «Das haben wir schon immer so gemacht!» Vergessen Sie es! «In meinem Unternehmen funktioniert das nicht.» Glauben Sie das bloss nicht! Nichts ist gefährlicher als solche gern gebrauchten Aussagen, die vor allem einem Zweck dienen: bis zur Betäubung reden, damit alles so bleibt, wie es ist. Business Querdenken beginnt damit, diese Signalsätze systematisch auszuschalten.
 





Moneycab: Worin liegt das Potenzial der Methode des Business Querdenkens?
Anja Förster:
Normalität und Konformität werden immer mehr zu Symbolen für Mittelmass. Und das bezieht sich nicht nur auf die Produkte oder Services, die ein Unternehmen produziert, sondern auch auf die Menschen, die dort arbeiten. Schauen Sie sich doch einmal um: Die Wandelgänge der Unternehmen und die Hallen der Flughäfen sind voller trister Gestalten, die dieselbe Kleidung tragen und irgendwie sogar gleich aussehen. Anderssein ist in diesen Kreisen ebenso beliebt wie eine ausgeprägte Risikobereitschaft und wird – so unsere Vermutung – jedem operativ entfernt, der ins mittlere Management aufsteigt. 

Moneycab Empfehlungen zum Thema:

Beratungsnewsletter

Informationen zum Buch

Informationen zu den Autoren


Und was passiert in diesen Organisationen? Wer die Dinge genauso angeht wie alle anderen und genauso denkt, wird natürlich auch die gleichen Produkte produzieren und diese in den gleichen Märkten anbieten. Und die Kunden? Sie belohnen Konformität und Vergleichbarkeit des Angebots mit der Höchststrafe: Die Kaufentscheidung fällt nur noch über den Preis. Denn wenn alle Produkte irgendwie gleich sind, ist es der niedrigste Preis, der für den Kunden den Unterschied macht. Deshalb gilt: Nur wer ausbricht, kann wirklich gewinnen. Und ausbrechen können Sie nur mit frischen Ideen und Angeboten, die nachhaltig anders sind. Und bei der Entwicklung dieser Leistungsangebote hilft die Methode des Business Querdenkens.

Moneycab: Muss ein Business-Querdenker unbedingt unkonventionell sein?

Anja Förster:
Er oder sie muss nicht mit lilafarbenen Haaren, pink lackierten Fingernägeln und einer Brille, wie sie Elvis in seiner Spätphase trug, durch die Flure seiner Firma rauschen. Das meine ich nicht mit unkonventionell. Die Quelle für alles Unkonventionelle sitzt hinter der Stirn eines jeden Menschen – es ist das eigene Denken. Dort entscheidet sich, ob wir wirklich in der Lage sind, alte Probleme aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und uns von der Vergangenheit zu befreien.


Zum Schluss: Welche Tipps geben Sie den Lesern des Buches und der Business-Welt mit in den Alltag?


Anja Förster: Das halte ich eine längere Antwort bereit. Am besten Sie picken sich die aus Ihrer Sicht besten heraus.


1. Setzen Sie sich unvernünftige Ziele: Erst dann werden Sie beginnen, nach bahnbrechenden Ideen zu suchen. Niemand übertrifft seine eigenen Erwartungen!


2. Experimentieren Sie: Dramatische Innovationserfolge sind häufiger das Ergebnis regelbrechender Experimente als großer Strategien oder ausgefeilter Prozesse.


3. Akzeptieren Sie Rückschläge: Rückschläge sind unvermeidlich. Sie werden viele Schlachten verlieren, bevor Sie den Krieg gewinnen.


4. Lassen Sie sich von den Bedenkenträgern nicht runterziehen: Jede Neuerung hat Gegner. Das garantierte Kennzeichen einer lausigen Innovation: Sie hat keine Feinde in Ihrer Organisation.


5. Betrachten Sie die Dinge anders: Impressionismus, Kubismus, Postmoderne: Jede Innovation in der Kunst basierte auf einer neuen Vorstellung von der Welt. Nicht Pinsel und Leinwand veränderten sich, sondern die Art, wie der Künstler die Welt wahrnahm.


6. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran: Meckern Sie nicht über die Politik, das Wetter oder die Anderen. Sie selbst müssen die Veränderung sein, die Sie in der Welt sehen wollen.


7. Werden Sie süchtig nach Veränderung: Fragen Sie sich immer wieder: Was verändert sich? Welche Chance ist darin enthalten? Tun Sie dies mindestens ein Dutzend Mal pro Woche.


8. Suchen Sie nach dem, was nicht da ist: Wenn Sie das nächste mal zu einem Branchenkongress gehen, fragen Sie sich: Worüber spricht niemand? Es gibt einen Grund dafür, warum es normalerweise Außenseiter sind, die Branchen neu erfinden.


9. Reisen Sie: Vertrautheit ist der Feind der Innovation. Reisen macht Sie zum Fremden. Es verunsichert Sie. Es beraubt Sie Ihrer Vorurteile. Es zeigt Ihnen neue Perspektiven.


10. Haben Sie Freude an dem, was sie tun: Reden Sie nie von Arbeitszeit, sondern sagen Sie: Das wird eine interessante Woche! Und sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter sich freuen, am Montag wieder zur Arbeit zu kommen.



Anja Förster
Als Unternehmerin, Beraterin und Autorin setzt sie ihre Thesen in die Praxis um und ist als gefragte Wirtschaftsreferentin in ganz Europa tätig.

Sie arbeitet zudem als Dozentin an der ZfU International Business School in der Schweiz. Zu ihren Kunden zählen innovative Mittelständler sowie namhafte internationale Unternehmen.

Anja Förster hat in Deutschland Wirtschaftswissenschaften studiert, war Stipendiatin an der renommierten American Graduate School of International Management und hat mehrere Jahre in den USA gelebt und gearbeitet.


Vor Gründung des eigenen Unternehmens war sie als Managerin für Accenture tätig, einer führenden globalen Unternehmensberatung. Heute schreibt sie ihre Bücher in den USA und spürt auf ihren Reisen in Nordamerika und Asien ungewöhnliche Business-Ideen auf.


Peter Kreuz
Wirtschaftswissenschaftler, lehrt an der Wirtschaftsuniversität in Wien strategisches Marketing und Management.


Nachdem er für Andersen Business Consulting und für einen der grössten europäischen Einzelhandelskonzerne tätig war, gründete er 1997 sein erstes Unternehmen in den USA. Im Jahr 2000 gründete er gemeinsam mit Anja Förster das Beratungsunternehmen Advanced Innovation in Wien.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert